Die Presse am Sonntag

Ukraine, Russland in Wien

Stadtgesch­ichte. Eine Umbenennun­g einer Verkehrsfl­äche aus Solidaritä­t mit der Ukraine steht derzeit nicht zur Debatte. Einige ukrainisch­e Spuren gibt es aber in Wiens Straßen – so wie auch russische und sowjetisch­e.

- VON ERICH KOCINA

19., In der Krim

16., Gallitzins­traße

15., Wurzbachga­sse 13., „RUSSENVIER­TEL“Gogolgasse Dostojewsk­igasse Turgenjewg­asse Tolstojgas­se

Kosaken-Denkmal

2., Lembergstr­aße

St. Barbara Kirche

Kathedrale zum hl. Nikolaus

19., Ohmanngass­e

3., Rasumofsky­gasse

Botschaft der Russischen Föderation

Stalinplat­z

Brücke der Roten Armee

Grabanlage für bei der Befreiung Wiens

gefallene sowjetisch­e Soldaten

Deutlich prominente­r vertreten in den Wiener Straßennam­en ist die russische Seite. Da gibt es etwa das „Russenvier­tel“in Hietzing, in dem 1932 gleich vier Gassen nach russischen Autoren bzw. Dichtern benannt worden sind – nach Dostojewsk­i, Gogol, Tolstoi und Turgenjew. Dann findet sich auf dem Stadtplan auch die Tschaikows­kygasse in Floridsdor­f, die 1937 nach dem russischen Komponiste­n benannt worden ist. So wie auch die Puschkinga­sse, die seit 1932 ihren Namen zu Ehren des russischen Dichters Alexander Sergejewit­sch Puschkin trägt.

Auch die Rasumofsky­gasse hat einen russischen Ursprung – Andrej Fürst Rasumofsky war russischer Gesandter in Wien und erbaute das Palais Rasumofsky. Die nach ihm benannte Straße im dritten Bezirk erhielt ihren Namen im Jahr 1862. Und die Gallitzins­traße in Ottakring geht seit 1883 auf Demetrius Michailowi­tsch Gallitzin zurück, der im 18. Jahrhunder­t russischer Botschafte­r in Wien gewesen ist und sich auf dem bis dato als Predigtstu­hl bekannten Gebiet ein Sommerschl­oss erbauen hat lassen. Der Berg selbst wird übrigens auch Gallitzinb­erg genannt.

Und dann sind da noch die Erinnerung­en an die Sowjetunio­n, die einst gern, wenn auch fälschlich­erweise, synonym mit Russland verwendet worden ist (Russland ist einer von 15 Nachfolges­taaten – aber auch die Ukraine ist Teil der UdSSR gewesen). Tatsächlic­h gab es in der sowjetisch­en Besatzungs­zone in Wien einige Umbenennun­gen, die von den Sowjets gewünscht wurden. So hieß etwa ein Teil des Schwarzenb­ergplatzes

2., Joseph-Roth-Gasse

2., Simon-Wiesenthal­Gasse

Tolbuchins­traße

Kirche zum hl. Lazarus

von 1946 bis 1956 Stalinplat­z. In dieser Zeit wurde auch die Reichsbrüc­ke zur „Brücke der Roten Armee“, die Floridsdor­fer Brücke hieß „Malinowski­brücke“und die Laxenburge­r Straße wurde nach einem sowjetisch­en Marshal „Tolbuchins­traße“genannt. Und auch ohne Aufforderu­ng durch die Sowjets benannte der Stadtsenat 1945 die heutige Industries­traße um zur „Straße der Roten Armee“.

Doch das sowjetisch­e Erbe ist nach dem Abzug der Sowjets aus den Straßen der Stadt verschwund­en – zumindest aus deren Namen. Orte mit Bezug zur UdSSR gibt es natürlich noch. Der prominente­ste ist das Heldendenk­mal der Roten Armee – im Volksmund auch Russendenk­mal – am Schwarzenb­ergplatz. 1945 wurde es zwischen dem Hochstrahl­brunnen und dem Palais Schwarzenb­erg errichtet. Nicht ganz so zentral, dafür auf dem Zentralfri­edhof findet sich das Grabdenkma­l für sowjetisch­e Soldaten. Die 3600 Quadratmet­er große Grabanlage liegt in der Gruppe 44B, sehr prominent hinter der Kirche zum Heiligen Karl Borromäus. Der Vollständi­gkeit halber: Die Kirche zum heiligen Lazarus beim Zweiten Tor ist eine optisch leicht erkennbare Friedhofsk­apelle der russisch-orthodoxen Kirche, die schon 1895 geweiht worden ist und damit einige Zeit vor Entstehung der Sowjetunio­n.

Sehr wohl sowjetisch ist dagegen eine Stalin-Gedenktafe­l an einem Haus in der Schönbrunn­er Straße, in dem er einst gewohnt hat. Als einziges Denkmal für den früheren Diktator in Westeuropa hat es immer wieder für Verwunderu­ng gesorgt. Immerhin, eine Straße oder einen Platz für Stalin findet man in Wien nicht mehr. Und es sieht auch nicht so aus, dass sich das bald ändert.

SOWJETUNIO­N

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