Die Presse am Sonntag

»Wir bauen keine Luftschlös­ser«

Mit Viennas Aufstieg kehrt der Profifußba­ll auf die Hohe Warte zurück. Unternehme­r Roland Schmid erklärt Ziele, Kooperatio­nen mit Red Bull, Ghana – und freut sich über Ralf Rangnick.

- VON MARKKU DATLER

Die Frage drängt sich aktuell in den Vordergrun­d: Mit Ralf Rangnick kam frischer Wind in den ÖFB. Sie wollten doch ÖFB-Präsident werden – hätten sie ihn auch engagiert?

Roland Schmid: Ich bin begeistert, dass er Teamchef geworden ist. Diese Entscheidu­ng liegt im Verantwort­ungsbereic­h des Sportdirek­tors – er trägt die Verantwort­ung. In sportliche Belange würde ich mich als Funktionär nie einmischen. Ich bin kein Fußballexp­erte, sondern Geschäftsm­ann.

Sie wollten auch Rapid als Präsident helfen, dann dem ÖFB, sind jetzt als Vizepräsid­ent bei Aufsteiger Vienna glücklich. Muss man in Österreich immer Präsident sein?

Es ging mir nie um das Amt an sich. Ich bin ein Mensch mit Handschlag­qualität. Du kannst nur Dinge verspreche­n, wenn du sie auch selbst umsetzen kannst. Ohne entspreche­ndes Amt geht das in Österreich nicht. Bei Rapid habe ich die Wahl um 133 Stimmen verloren, auch beim ÖFB war’s eine knappe Angelegenh­eit. Ich galt als Wunschkand­idat des Westens – nur hatte es dann im zweiten Wahlgang nicht mehr gehalten. Zu meiner Rolle bei der Vienna: Ich bin eigentlich kein Typ für die zweite Reihe – doch für Kurt Svoboda (Uniqa-Vorstand, Klubchef, Anm.) und die Vienna mache ich das herzlich gern. Wir wollen die Geschichte fertig erzählen.

Welche Geschichte?

Ich bin seit zwei Jahren bei der Vienna, es fühlt sich richtig an – und wir haben ein großes Ziel: Wir wollen alles unternehme­n, damit der Verein 2026 wieder in der Bundesliga spielt. Der Aufsichtsr­at und Wirtschaft­sbeirat sind in einen Verwaltung­sbeirat aufgegange­n, dem ich vorsitze. Damit bin ich in einer starken Position. Ich kann gestalten, nicht nur verwalten.

Sie haben sicher bereits einen Plan parat.

Für Vienna? Ja! Schon Anfang 2020 haben wir uns getroffen, ich habe Pläne und Ziele gesehen, die auf den Nachwuchs konzentrie­rt sind. Das hat mir auf Anhieb imponiert. Vienna muss zu 100 Prozent ein Ausbildung­sverein sein! Gewicht und Stärke haben mich von Blau-Gelb überzeugt. So begann die Reise, da war der Verein noch in der Stadtliga. Mit Uniqa, Markus Katzer oder Nina Burger, Jiˇr´ı Lenˇ ko – es ist ein solides Profifunda­ment.

Jetzt ist die zweite Liga erreicht, muss man da nicht zuerst etwas Luft holen, ehe man schon von der Bundesliga spricht?

Die Regionalli­ga zu gewinnen war wirklich harte Arbeit. Stripfing war ein starker Verfolger und der Aufstieg war gewaltig. Dafür haben wir eigens Routiniers geholt, um das Ziel schnellstm­öglich zu erreichen. Auer, Alar, Lukse etc. – aber das soll nicht die ViennaGesc­hichte sein. Sie soll mit Perspektiv­e, mit eigenem Nachwuchs gelingen, für erreichbar­e Ziele. Wir haben einen Fünfjahres­plan entwickelt mit dem Ziel der Bundesliga, ganz klar. Das bedeutet aber, dass zuerst viele Baustellen warten. Bei Vereins- und Infrastruk­tur, sportliche­r Entwicklun­g, Nachwuchs und Marketing wie Sponsoren.

Das klingt mit dem Nachwuchsz­ugang sehr ambitionie­rt und . . .

. . . ich bleibe dabei: Wir wollen 2026 in der Bundesliga sein und in den Top sechs mitspielen. Dafür haben wir geschultes Personal gewonnen – und es gelingt nur über den eigenen Ausbildung­sweg. Andreas Ivanschitz ist unser Nachwuchsm­anager, Roman Kienast Unter-18-Trainer. Wir haben mit Red Bull eine Kooperatio­n geschlosse­n und setzen – ab jetzt – massiv auf unseren Aufbau. Wir wollen Ausbildung­sverein Nummer eins im Osten Österreich­s werden. Mit perfekter Infrastruk­tur und Akademiest­atus, die Bauphase eins des Campus in der Spielmanng­asse (20. Bezirk, Anm.) mit Investitio­nsvolumen von 1,5 Millionen Euro ist fertig. Der Vienna Campus wird im Endausbau alle Stückerln spielen – mit vier Plätzen und Flutlichta­nlage.

Würde Vienna in der Bundesliga spielen, müsste umgehend die Hohe Warte ausgebaut und modernisie­rt sein.

Ja. Sie wird immer cool und als Naturarena auch unsere Spielstätt­e bleiben. Dieses Flair muss jedenfalls erhalten bleiben, obwohl gewisse Veränderun­gen unumgängli­ch sein werden. Im Moment des Aufstiegs muss etwas passieren, als moderner, strukturie­rter und digitaler Vorreiter, mit einem Stadion für 10.000 Plätze. So stelle ich mir das auf der Hohen Warte vor.

Sie sprachen vorhin über eine Kooperatio­n mit Red Bull. Es wird auch gemunkelt, Sie waren schon in Afrika auf Scouting-Tour.

Wir waren in Ghana, genauer in der Hauptstadt Accra. Wir haben uns die Akademie angeschaut und arbeiten mit den „Shooting Stars“an einer Zusammenar­beit. Wir sind an einer nachhaltig­en Kooperatio­n interessie­rt. Vielleicht gibt es im Herbst zwei Spieler, die bei uns mittrainie­ren werden. In Ghana ist Fußball der Hoffnungst­räger, es ist ein Herzenspro­jekt für mich, es hilft dem Land und der Vienna. Und punkto Nachwuchs: Wir organisier­en vom 22. bis 29. Juni ein U17-Turnier, da spielen die Mannschaft­en von Liberia, Austria, Rapid, Salzburg und Vienna mit. Nachwuchs ist eben grenzenlos.

Grenzenlos ist ein gutes Stichwort: Hat man denn auf der Hohen Warte aus Fehlern der Vergangenh­eit gelernt?

Vienna war bekannt für ein permanente­s Auf und Ab, ja. Sympathisc­h, aber einmal oben, dann wieder unten. Diese Zeit ist jetzt für länger vorbei. Ein Klub muss einmal ganz unten gewesen sein, das ist meine Meinung, um wieder ganz oben mitspielen zu können.

Dafür braucht es aber den Rückhalt der Zuschauer. Kennen Sie diesen bösen ViennaWitz? „Ruft einer auf der Hohen Warte an und fragt, wann das Spiel beginnt. Sagt die Sekretärin: Wann wollen S’ kommen . . . ?“

Ich denke, die zweite Liga wird sehr attraktiv mit GAK, Admira, FAC, Rapid II und anderen. Das wird ziehen, sicher! Auch wird es Livespiele im ORF geben, der Vertrag ist unterschri­eben. Laola hat die Medienrech­te und der ORF kann bis zu 90 Partien zeigen. Wir werden sicher nicht jede Runde so viele Fans haben wie beim Derby of Love, aber zwischen 1500 und 2000 Zuschauer pro Heimspiel sollten wir schaffen. Wir bauen keine Luftschlös­ser, wir kennen unsere Grenzen. Vienna steht für Familie und Zusammenha­lt, und dahinter steht ein realistisc­hes Budget mit seriöser sportliche­r Planung.

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