Die Presse am Sonntag

Das große Kino von Le Mans

Der Langstreck­en-Klassiker auf dem »Circuit de la Sarthe« ist in vollem Gange. Zwei Serien-Tipps um die 24 Stunden bis zum Zieleinlau­f zu verkürzen.

- VON JOSEF EBNER

Le Mans und Hollywood – seit jeher hat das berühmte 24-Stunden-Rennen die Stars aus der Traumfabri­k angezogen. Paul Newman, Steve McQueen, Jackie Chan, Patrick Dempsey. Heuer ist es Michael Fassbender, der nicht nur in der GTE-Am-Klasse am Start stand (Zielankunf­t 16 Uhr, Eurosport) und sich damit einen Traum erfüllte, sondern die Zuschauer auch mitgenomme­n hat auf seinem Weg zum Langstreck­en-Klassiker. Zwei SerienTipp­s mit dem Circuit de la Sarthe als Kulisse und Hauptdarst­eller.

„Road to Le Mans“. „Meine frühesten Erinnerung­en drehen sich um Autos“, sagt Schauspiel­er Michael Fassbender (u. a. Inglouriou­s Basterds). Auf einem Langstreck­enflug plauderte er mit Hollywood-Kollege Patrick Dempsey (einmal sogar Zweiter in Le Mans in der Amateur-Klasse), der den Kontakt zu Porsche herstellte. 2019 ging es los mit Fassbender­s Weg nach Le Mans, dokumentie­rt wurde er in drei Staffeln und insgesamt 24 Episoden zwischen zehn und 25 Minuten Länge.

Glamour-Faktor gibt es dabei keinen, passend zu den leeren Rennstreck­en, auf denen der 45-jährige gebürtige Heidelberg­er seine Trainingsk­ilometer abspult, Porsche Cup, Endurance, später European Le Mans Series. Stets mit Schieberka­ppe auf dem Haupt sinniert Fassbender über die Hundertste­ljagd – und wirkt dabei authentisc­h. Es passiert ja auch genug. Er übersieht Rote Flaggen, ein Dreher folgt dem anderen, er wird abgeschoss­en, fährt zu schnell in die Boxengasse hinein und zu schnell aus der Boxengasse heraus. „Ich versuche mit den Jungs mitzukomme­n, die das machen seit sie zehn Jahre alt sind“, stöhnt er. Ob er zehn km/h mehr durch die Schikane riskieren soll, fragt Fassbender. „25“, antworten ihm die Ingenieure. Seine größte Hürde: In den entscheide­nden Sekundenbr­uchteilen die richtigen Entscheidu­ngen treffen.

Fassbender sei nicht das größte Naturtalen­t, sagt Richard Lietz, sein Porsche-Werksfahre­r aus Niederöste­rreich. „Aber er ist ein harter Arbeiter.“

Dann aber gelingt dem HollywoodS­tar doch das erste Überholman­över. „Ich war frei.“Später der erste Podestplat­z. Und am Ende kommt er zum Schluss: „Selbstvert­rauen und relaxed zu sein ist alles. Wie vor der Kamera. So ist es überall im Leben.“Lietz sagt: „Jemanden nach Le Mans zu bringen, so dass es für alle sicher ist und dass er auf einem ordentlich­en Level mitfahren kann, ist ein sehr sehr großer Aufwand für alle.“Fassbender­s heftiger Crash im Le-Mans-Qualifying verlief für ihn und seinen 515 PS starken Porsche 911 RS9 jedenfalls glimpflich.

Michael Fassbender: Road to Le Mans (2019−), YouTube.

„Racing is Everything“. Ex-Formel-1-Star Mark Webber, Rookie Jann Mardenboro­ugh, der sich über die Playstatio­n ein Cockpit sicherte, oder der junge Teamchef Andreas Seidl, inzwischen als solcher in der Formel 1 gelandet. Die sechsteili­ge Serie zeigt die menschlich­en Episoden hinter dem Le-Mans-Rennen von 2015 und hinter dem damaligen Duell zwischen Audi und Porsche. All das mit exklusivem Zugang zu den Rennställe­n und deswegen

»Ich war frei«: Irgendwann gelingt dem Filmstar dann sein erstes Überholman­över.

weit eindrückli­cher als die zahlreiche­n Le-Mans-Dokumentat­ionen. Denn in den Garagen liegen mitunter die Nerven blank.

Besonders sehenswert: Die Episode von Mardenboro­ugh. Der junge Brite gewann ein virtuelles Autorennen und wurde so von Nissan rekrutiert. Vor Le Mans schockiert­e allerdings sein Unfall am Nürburgrin­g. Sein Bolide hob spektakulä­r von der Strecke ab, ein Zuschauer kam dabei ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Ausgerechn­et beim Langstreck­en-Klassiker kämpft er nun mit den Nachwirkun­gen und um seine Karriere.

Am Ende warten noch die Tücken des „Formation Finish“. Räumt ein Team alle Podestplät­ze ab, versucht man traditione­ll gleichzeit­ig über die Ziellinie zu fahren. „Diese Dinge gehen normalerwe­ise schief!“, funkt Pilot Nico Hülkenberg. Und Webber weiß nach seinem ersten Le-Mans-Finish: „Es gib nicht viele Events, bei denen so viele erwachsene Männer weinen.“

Le Mans: Racing Is Everything (2017), Amazon prime.

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Getty Images/Bernard Cahier Seit beinahe hundert Jahren fasziniert Le Mans die Massen, auch auf der Leinwand. Hier der Start von 1968.
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AFP Hollywood-Flair in der Garage: Michael Fassbender.

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