Die Presse am Sonntag

Vom Foto zur Che-Ikone

Fotos dokumentie­ren Geschichte, machen Menschen zu Ikonen oder halten Momente fest. Ostlicht versteiger­t im Juni eine breite Palette an Vintages.

- VON EVA KOMAREK

Es gibt nicht viele Bilder, die sich ins kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrann­t haben. Eines davon ist ein Foto des Schweizer Fotografen Rene´ Burri. Er machte 1963 ein Porträt des selbstbewu­ssten, Zigarre rauchenden kubanische­n Revolution­sführers Che Guevara. In der Reportage des LookMagazi­ns erschien es 1963 zunächst nur klein und stark beschnitte­n. Es wäre wohl in den Magnum-Archiven verstaubt, wenn es die Proponente­n der 1968er-Bewegung nicht wiederentd­eckt und zur „Che-Ikone“stilisiert hätten. In der Folge wurde das Foto millionenf­ach reproduzie­rt. Als Burri 1968 nach Kuba zurückkehr­te, fand er sein Motiv überall auf T-Shirts gedruckt – von denen er einige für seine Kinder kaufte.

Heute sind vom Fotografen selbst signierte und datierte Abzüge nur noch extrem selten zu finden. Eines kommt bei der nächsten Ostlicht Photo Auction am 15. Juni zum Aufruf. Es handelt sich um einen sehr gut erhaltenen Silbergela­tineabzug von „Che Guevara y su tabaco“aus den 1990er-Jahren, der mit einem Ausrufungs­preis von 6000 Euro an den Start geht. Der Schätzprei­s für das Stück Geschichte liegt bei 10.000 bis 12.000 Euro. Dieses Foto gehört zu den teuersten Arbeiten Burris. Burris Rekordprei­s liegt bei 24.367 Euro, erzielt 2016 bei Phillips für „Sa˜o Paulo, Brazil“, 1960. Der zweithöchs­te Zuschlag wurde übrigens 2018 bei einer Westlicht-Auktion in Wien für „Dead lotus flowers on the Kunming Lake, Summer Palace, Beijing“, 1964, erzielt. An dritter Stelle liegt schon das Che-Guevara-Foto mit 18.500 Euro.

Bilder für die Ewigkeit schuf auch der deutsche Reportagef­otograf Thomas Hoepker. Er dokumentie­rte den Alltag der DDR, reiste durch China, Indien und viele Länder Afrikas. 1989 wurde er als erster Deutscher Mitglied der Fotoagentu­r Magnum, später sogar ihr Präsident. Obwohl vielen sein Name kein Begriff ist, kennen fast alle seine Bilder, wie beispielsw­eise ein Foto des legendärst­en Boxers aller Zeiten, Muhammad Ali. Der Fotograf besuchte Alis Trainingsl­ager in Chicago. Als der Champion ihn entdeckte, kletterte er aus dem Ring und feuerte unerwartet eine schnelle Rechts-linksrecht­s-Kombinatio­n direkt vor Hoepkers Linse ab. Dem gelang eine einzige scharfe und richtig belichtete Aufnahme, die für viele bis heute als das beste Bild Alis gilt. Ein vom Fotografen selbst geprintete­r und signierter Vintageabz­ug, der zudem der einzige aus seinem Privatbesi­tz ist, kommt bei der Auktion unter den Hammer. Auf der Rückseite notierte der Fotograf: „Muhammad Ali demonstrat­ing his punch, which had the same power as a three ton blow.“Das Sammlerstü­ck hat einen Schätzprei­s von 16.000 bis 18.000 Euro. Dieses Foto ist auch das teuerste Bild des Fotografen. Der Rekordzusc­hlag von umgerechne­t 15.770 Euro wurde 2016 vom Schweizer Auktionsha­us Koller erzielt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass mit dem Sammlerstü­ck, das im Ostlicht aufgerufen wird, der Rekord durchbroch­en wird.

Schwarzkog­ler Aktion. Zu den teuersten Arbeiten der Auktion gehört ein großformat­iger und früher Unikatspri­nt aus der berühmten „3. Aktion“von Rudolf Schwarzkog­ler. Der Vertreter des Wiener Aktionismu­s arbeitete eng mit Hermann Nitsch, Otto Muehl und Günter Brus zusammen. Die Aktionsfot­ografie von Schwarzkog­ler zähle zu den bedeutends­ten Leistungen der Neoavantga­rde der 1960er-Jahre, heißt es im Katalogtex­t. Mit diesen Arbeiten, die in fünfzehn Monaten realisiert wurden, gelte Schwarzkog­ler als Wegbereite­r der Performanc­e oder Body Art, der konzeptuel­len Fotografie oder der Staged Photograph­y der Postmodern­e. Wie seine beiden ersten, verwirklic­hte Schwarzkog­ler auch die dritte Aktion in der Wohnung von Heinz Cibulka, der als Akteur fungierte. Der angebotene Print stammt aus dem ersten hergestell­ten Set an Vergrößeru­ngen, die in Verona von Francesco Conz von Hoffenreic­hs Originalne­gativen abgezogen wurden. Zudem ist der Print von Nitsch, Brus, Adam und dem Fotografen Hoffenreic­h signiert. Die Schätzung liegt bei 24.000 bis 28.000 Euro.

Neben Schwarzkog­ler könnte ein weiteres Werk eines österreich­ischen Künstlers auf Interesse stoßen: Arnulf Rainers „Totenmaske der Schriftste­llerin Marie von Ebner-Eschenbach“von 1978, das vom Künstler mehrfach bearbeitet wurde. Mit seinen ab den 1950er-Jahren entwickelt­en Übermalung­en schuf er eine Verbindung von Fotografie und gestischer Malerei. Das zur Auktion gelangende Bild wurde vom Künstler signiert und soll 14.000 bis 16.000 Euro einbringen.

Eine echte Rarität ist die 1926 entstanden­e „Aktstudie VI“des österreich­ischen Fotografen Anton Josef Trcˇka. Der Akt zeigt deutlich seine Orientieru­ng am Jugendstil, etwa im Setting mit drapierten Tüchern und arrangiert­en Naturblume­n. Nachdem 1944 ein Bombentref­fer den Großteil seines Nachlasses zerstörte, haben sich nur wenige Originalab­züge erhalten. Daher sind seine raren Abzüge begehrte Sammlerstü­cke. Für den Akt rechnet das Haus mit 14.000 bis 18.000 Euro. Im Westlicht wurde dieser Akt 2017 um 12.000 Euro versteiger­t. Es ist der dritthöchs­te Zuschlag des Fotografen. Der höchste Preis wurde 2011 mit 50.000 Euro für ein Porträt von Egon Schiele bewilligt.

Thomas Hoepker gelang das bis heute für viele beste Bild von Muhammad Ali.

Christie’s erzielte für ein Bild von Frantiˇsek Drtikol im April 280.000 Dollar – ein Rekord.

Die experiment­ellen Akte des tschechisc­hen Fotografen Frantisˇek Drtikol sind legendär. In den 1920ern wurde Drtikol mit seinem fotografis­chen Stil, der von geometrisc­hen Elementen, expressiv-dynamische­n Posen und dramatisch­en Lichtinsze­nierungen geprägt ist, internatio­nal bekannt. Im Ostlicht kommt der Akt „Nude with ropes“zum Aufruf, der in seinem Fotobuch „Frauen im Licht“als einziges Beispiel aus seiner Serie mit Seilen abgedruckt war. Wie die Stempel und Labels am Originalka­rton belegen, zeigte Drtikol dieses 1929 aufgenomme­ne Motiv auf internatio­nalen Ausstellun­gen. Der Schätzprei­s liegt bei 15.000 bis 18.000 Euro. Drtikol zählt auf dem internatio­nalen Auktionsma­rkt zu den teuren Fotografen. So erzielte sein berühmtest­es Fotomotiv „Die Welle“, das eine Frau zeigt, die ihren Körper zur Brücke hochstemmt, im April bei Christie’s in New York einen neuen Rekord von 280.000 Dollar und wechselte inklusive Taxe um 352.800 Dollar den Besitzer. Die Schätzung lag bei 100.000 bis 150.000 Dollar.

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