Die Presse am Sonntag

Der neue Stil auf dem Land

Die polternden Leutselige­n gehen oder sind in Pension. ÖVP-Landeshaup­tleute kommen nun anders daher. Den Anfang hat Markus Wallner gemacht, mittlerwei­le sind wir bei Christophe­r Drexler angelangt – und bei Anton Mattle.

- VON OLIVER PINK

Der schulterkl­opfende, polternde Erwin Pröll. Der leutselige, um keine Spitze verlegene Hermann Schützenhö­fer. Der omnipräsen­te, energiegel­adene Josef Pühringer. Der joviale, mitunter etwas halblustig­e Günther Platter. Dieser Phänotyp Landeshaup­tmann – früher in der noch knorrigere­n Ausgabe mit Eduard Wallnöfer oder Josef Krainer – war in der Volksparte­i lange Zeit vorherrsch­end.

Doch mittlerwei­le hat sich ein anderer Typ Landeshaup­tmann durchgeset­zt. Den Anfang hat Markus Wallner in Vorarlberg gemacht. Und das ist sogar schon eine Zeit lang her: Wallner regiert Vorarlberg bereits seit 2011. Dort gab es zwar immer schon verhältnis­mäßig nüchterne, rationaler­e Landeshaup­tleute, wiewohl ideologisc­h durchaus gefestigt, aber Wallner strahlte dann doch etwas Neues aus. Er wirkte wie der pragmatisc­h-dynamische Jungbürger­meister, der seine Gemeinde in modernere Zeiten führt. Ausgerechn­et Wallner gilt nun jedoch als Vertreter des Systems ÖVP alt, also des reinen Machterhal­ts – mittels undurchsic­htiger Parteienfi­nanzierung.

Noch frischer wehte der Wind dann in Oberösterr­eich. Auf den volkstümli­chen Josef Pühringer folgte 2017 mit Thomas Stelzer ein Managertyp­us. Bei dem der Standort das Bewusstsei­n bestimmt. Smart, aber schwer zu fassen. Der sich auch in Bezug auf seine Haltung zu Sebastian Kurz und seiner neuen türkisen Volksparte­i kaum in die Karten schauen ließ. Ein Pragmatike­r der Mitte.

Drexler verspielte­r. Ein solcher ist auch der künftige steirische Landeshaup­tmann, Christophe­r Drexler, der das Amt im Juli von Hermann Schützenhö­fer übernimmt. Wiewohl Drexler verspielte­r ist. Ihm wird auch oft und gern das Attribut urban und intellektu­ell beigefügt. Jedenfalls machte sich Christophe­r Drexler viele Jahre einen Spaß daraus, das politisch-mediale Sommerloch zu füllen – mit Forderunge­n ideologisc­h durchaus unterschie­dlicher Richtung. Einmal machte er sich für die Ehe Homosexuel­ler stark, als das in der ÖVP noch nicht Parteilini­e war. Dann forderte er Tempo 160 auf Autobahnen. Eine Pflicht-Pflegevers­icherung für Kinderlose. Und die Abschaffun­g der Neutralitä­t. Den volkstümli­chen Christophe­r Drexler werden wir in näherer Zukunft wohl auch noch kennenlern­en, in Ansätzen war er zuletzt schon erkennbar. Denn ganz ohne einen solchen Charakter geht es als (schwarzer) Landeshaup­tmann dann auch wieder nicht.

Der elitärere Haslauer. Wobei man es heutzutage damit auch nicht mehr übertreibe­n muss, wie der Salzburger ÖVP-Landeshaup­tmann, Wilfried Haslauer, vorzeigt: Ihm wird immer etwas Elitäres anhaften, er wird immer auch ein wenig der Anwalt bleiben, bei den Festspiele­n wie der Fisch im Wasser, ein geschliffe­ner Rhetoriker obendrein.

Und auch der mögliche neue Tiroler ÖVP-Landeshaup­tmann, Anton Mattle, passt in diese Riege – obwohl er nicht so aussieht bzw. sich so anhört. In seiner Dialektfär­bung unterschei­det sich der Oberländer Konservati­ve wenig von Günther Platter. Und doch wirkt er allein schon von seiner Biografie her ernsthafte­r: Anton Mattle arbeitete sich vom Lehrling zum Meister hoch, führte jahrzehnte­lang ein Unternehme­n und war Bürgermeis­ter von Galtür. Die Lawinenkat­astrophe von 1999 brachte ihn auch erstmals in die überregion­alen Medien. Besonders kümmerte sich Mattle um die Familien der niederländ­ischen Opfer des Lawinenabg­angs. Umsichtig wie damals betrieb er auch seine Politik danach. Und es wurde dann noch ein unerwartet­er, sogar rasanter Aufstieg. Erst im Vorjahr wurde Mattle Wirtschaft­slandesrat, nun wird er wohl Landeshaup­tmann.

Walser gegen Walser. „Das harte Leben am Berg, das prägt“, sagt ein langjährig­er Vertrauer von Anton Mattle. „Und als Walser von der Herkunft her hat er schon auch einen stark alemannisc­hen Einschlag – das unterschei­det ihn von der Mentalität vom Tiroler an sich.“Mattle sei jedenfalls einer, der mit allen gut könne, und einer, mit dem alle gut können. Man wird sehen, ob das dann auch für den übergangen­en Tiroler Wirtschaft­skammerprä­sidenten, Christoph Walser, gilt. Er hatte sich seit Jahren Hoffnungen auf die Platter-Nachfolge gemacht.

Mikl-Leitner als Mischung. Und eine Mischung, einen Übergang, wenn man so will, von den alten polternden Leutselige­n zu den heutigen pragmatisc­hen Standortpo­litikern stellt die niederöste­rreichisch­e Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner, dar.

Und doch wirkt Anton Mattle allein schon von seiner Biografie her ernsthafte­r.

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APA/Erwin Scheriau Schützenhö­fer (l.) übergibt im Juli an Drexler.

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