Die Presse am Sonntag

Johannisbe­eren in veredelter Form

Der Cassis ist vielleicht die Spitze der Likör-Evolution – und der beste ist der selbst gemachte.

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Sicherlich haben die Franzosen, die großen Gourmets und Veredler einfacher Zutaten, ebenfalls diverse Nusslikörr­ezepte ersonnen, und es wäre interessan­t zu wissen, wie sehr sie unseren gleichen oder ob sie davon mit diversen Raffinesse­n abweichen. Mit Sicherheit haben sie einen der allerfeins­ten Liköre erfunden, den sogenannte­n Cassis. Die wichtigste Zutat dieses samtigen Getränks ist die schwarze Johannisbe­ere, die, wie der Name verrät, ebenfalls in der Zeit um den 24. Juni reif ist. Der Cassis ist jedenfalls eine der Spitzen der Likör-Evolution und er ist sehr einfach herzustell­en.

Man benötigt dafür ein Kilo reifer, saftiger und von allem Grünen befreite Johannisbe­eren, die man mit einer Gabel oder mit einem Kartoffels­tampfer leicht zerdrückt und in ein großes Glasgefäß füllt. Nicht zu unterschät­zen ist der Geschmacks­geber in Form von zwölf Triebspitz­en der Pflanze. Die obersten jungen Blättchen werden gekappt und dazugegebe­n. Dann fügt man lediglich ein, zwei Gewürznelk­en und eine Stange Zimt sowie eine Vanillesch­ote hinzu. Je nach Süßebedürf­nis kommen 500 bis 800 Gramm brauner Zucker in das Glas, aber keinesfall­s von der Zuckerrübe, sondern vom Zuckerrohr. Dann wird mit dem obligaten Liter Wodka aufgefüllt.

Das verschloss­ene Gefäß kommt wieder auf die sonnige Fensterban­k und ruht dort mindestens vier Wochen, besser noch ein paar Wochen länger. Manche Cassis-Profis lassen das Gemenge sogar bis zu einem Jahr reifen, doch das ist Geschmacks­sache. Mein Ansatz bleibt zwei Monate im Glas und wird dann abgeseiht und abgefüllt. Der Cassis stammt aus der Gegend von Dijon und er schmeckt schon pur sehr fein. In Kombinatio­n mit frischem Weißwein oder Champagner läuft er zur Hochform auf, doch Achtung, nicht überdosier­en! Ein Hauch genügt, um ein sensatione­lles Johannisbe­erenaroma durch jedwedes Getränk zu jagen.

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