Die Presse am Sonntag

Nachhaltig­keit für die Pionierarb­eit

Erstmals seit 2008 ist Österreich dank Sara Telek in der Spielleitu­ng einer Fußball-Endrunde vertreten. Damit das Aushängesc­hild kein Einzelfall bleibt, stellt der ÖFB das Frauen-Schiedsric­hterwesen unter Vorsitz von Agnes Prammer neu auf.

- VON SENTA WINTNER

Während Österreich ab 6. Juli zum zweiten Mal in Folge bei einer EM-Endrunde mit Fußballeri­nnen auf dem Rasen vertreten ist, kommt es an der Seitenlini­e zu einer Premiere: Sara Telek wird als erste weibliche ÖFB-Offizielle an einem Großereign­is teilnehmen, sie ist als Assistenti­n der Schweizer Schiedsric­hterin Esther Staubli Teil eines der 13 nominierte­n Gespanne. Nach dem ChampionsL­eague-Finale der Frauen im Vorjahr ist es das nächste Karrierehi­ghlight für die 33-Jährige, die seit Februar 2020 in der heimischen Männer-Bundesliga assistiert – als Erste der Geschichte.

Nach den Fußballeri­nnen soll auch den Unparteiis­chen die Profession­alisierung gelingen.

Mit den nationenüb­ergreifend­en Spielleitu­ngen reagierte die Uefa darauf, dass es nach wie vor zu wenige weibliche Offizielle gibt, die auf höchstem Niveau zum Einsatz kommen. Den Aufstieg Teleks hat man in Nyon deshalb ganz genau verfolgt und sie in Lehrgängen auf körperlich­e Fitness, Spielverst­ändnis und -übersicht geprüft. Der Lohn ist nun das Ticket nach England, mit dem auch für den ÖFB eine lange Durststrec­ke zu Ende geht: Der letzte österreich­ische Unparteiis­che bei einer Endrunde war Konrad Platz bei der Heim-EM 2008.

System statt Einzelkämp­ferin. Wie viel Aufwand und Einsatz hinter Teleks Weg stecken, weiß Agnes Prammer genau. Die neue Vorsitzend­e des FrauenSchi­edsrichter­wesens im ÖFB hat zwischen 2009 und 2015 selbst regelmäßig Spiele in der Frauen-Bundesliga und als Fifa-Offizielle gepfiffen und damals die junge Sara Telek kennengele­rnt. Dass diese heute als Assistenti­n auf höchster Ebene tätig ist, überrascht die 44-Jährige nicht. „Sie hat immer sehr viel Engagement gezeigt, ist immer den extra Meter gegangen und hat sich hartnäckig Unterstütz­ung gesucht und gefunden“, erinnert sich Prammer. Als Telek die internatio­nale Bühne lockte, riet sie ihr damals, es an der Seitenlini­e zu versuchen, weil die Durchlässi­gkeit in den Männerbere­ich dort eher gegeben war. Wichtige Pionierarb­eit, hinter der viel persönlich­er Aufwand steckt. Damit dieses Beispiel Schule macht, soll die profession­elle Basis geschaffen werden. „Es sollte nicht vom Zufall abhängen, ob eine Unparteiis­che an die richtigen Stellen kommt, sondern der Verband sollte vermitteln und systematis­ch nach oben führen“, findet Prammer. Commitment und Konzept des ÖFB haben die Nationalra­tsabgeordn­ete (Grüne) und Vorsitzend­e des parlamenta­rischen Sportaussc­husses überzeugt, denn sie wollte als ehrenamtli­che Vorsitzend­e kein „Feigenblat­t“sein, sondern mit dem FrauenSchi­edsrichter­wesen „den Weg gehen, um dorthin zu kommen, wo der der Frauenfußb­all jetzt schon ist“.

Der Aufholbeda­rf ist laut Prammer groß, denn viele Strukturen sind noch gleich wie zu ihrer aktiven Zeit. Lediglich rund 70 Schiedsric­hterinnen (20 im Eliteberei­ch) sind in Österreich tätig, in Zusammenar­beit mit den Landesverb­änden soll die Breite mit Werbung

und Schulungen so weit wachsen, dass innerhalb der nächsten drei Jahre zumindest der Großteil der Frauen-Bundesliga von weiblichen Offizielle­n bestritten wird. Einen Zeithorizo­nt für die erste Schiedsric­hterin in der höchsten Männer-Klasse – Voraussetz­ung für das Uefa-Topsegment – möchte sie sich nicht setzen, hat aber einen klaren Wunsch: „Das Jahrzehnt sollte nicht ohne enden.“

Persönlich­keitsschul­e auf dem Platz: Entscheidu­ngen in kritischen Situatione­n treffen.

Ungeachtet des hohen Aufwands auch abseits der Spieleinsä­tze (athletisch­es Training, regelmäßig­e Schulungen, Regelkunde) sind Offizielle in Österreich keine Profis, sondern erhalten nur Aufwandsen­tschädigun­gen. Der finanziell­e Anreiz ist also überschaub­ar, Prammer hebt vielmehr die „extreme

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Daniel Scharinger / picturedes­k.com Sara Telek wird bei der EM der Frauen als Assistenti­n im Einsatz sein – der erste österreich­ische Beitrag zu einer Spielleitu­ng bei einem Großereign­is seit Konrad Platz 2008.

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