Wenn Menschen gegen ihren Willen geoutet werden
Rebel Wilson zeigt sich mit ihrer Freundin, nachdem sie von einer Zeitung bedrängt wurde. Es ist nicht das erste erzwungene Outing von Schauspielern.
Im Juni 1978 fanden sich in der Oxford Street, in der Innenstadt von Sydney, Hunderte Menschen ein, um den ersten Mardi Gras für Schwule und Lesben zu feiern, mit einer Parade durch die Stadt. Die friedliche Kundgebung endete mit der gewaltvollen Auflösung der Parade seitens der Polizei. Und damit, dass der „Sydney Morning Herald“die Namen und Adressen von 53 festgenommenen Teilnehmern veröffentlichte. Bei einer Folgeveranstaltung agierte der „Herald“genau gleich, diesmal waren 104 Menschen betroffen.
Viele der Teilnehmer verloren anschließend ihre Arbeit, wurden diskriminiert und bloßgestellt. Es sollte 38 Jahre dauern, bis sich die Redaktion für diese Veröffentlichung entschuldigte. Angesichts der aktuellen Debatte rund um die australische Schauspielerin Rebel Wilson fühlen sich viele Beobachter in das Jahr 1978 zurückversetzt. Vor wenigen Tagen veröffentlichte der „Herald“die Kolumne ihres
Klatschreporters, der darin auf ein zuvor veröffentlichtes Bild von Rebel Wilson Bezug nahm. Sie zeigte sich nämlich erstmals mit einer Partnerin, der Designerin Ramona Agruma. Kolumnist Andrew Hornery monierte in seinem Text, dass Wilson seinen Recherchen zuvorgekommen sei, sei doch er es gewesen, der in einem E-Mail respektvoll Fragen zu ihrer neuen Liaison gestellt habe.
Was folgte, war eine heftige öffentliche Kontroverse, schließlich habe Hornery Wilson ein Ultimatum gestellt und sie somit zu einem „Outing“gezwungen, lautete der Vorwurf. In einer ersten Stellungnahme gestand der „Herald“auch keine Fehler ein, die Entschuldigung folgte erst tags darauf. Ja, seine Zeilen könnten als Ultimatum verstanden werden, schrieb ein reumütiger Hornery. Schließlich sei es nicht die Aufgabe des „Herald“, Menschen zu outen, und man werde künftig sorgsamer mit dem Thema umgehen.
Rebel Wilson,
Schauspielerin, Drehbuchautorin und Komödiantin, wurde in Australien geboren. Sie spielte in einer Reihe von Filmen mit, etwa „Pitch Perfect“und „How to Be Single“. Der neue Film „Senior Year“wird auf Netflix ausgestrahlt.
Es ist kein neues Phänomen, dass Schauspieler, Politiker oder andere Menschen im Licht der Öffentlichkeit gegen ihren Willen geoutet werden. Fotos landen in Krawallblättern, Chatverläufe werden öffentlich gemacht, die Betroffenen erpresst. In Hollywood entstand mit dem Klatschportal des Bloggers Perez Hilton fast schon ein eigenes Genre dafür; Hilton, selbst homosexuell, outete eine ganze Riege von Schauspielern und Stars, etwa den SerienDarsteller Neil Patrick Harris.
Die niederländische Transperson Nikki de Jager, deren Schminkvideos von Millionen Menschen aufgerufen werden, outete sich wiederum nach einem Erpressungsversuch. Die Liste ist durchaus lang.
Gefahren. Abgesehen davon, dass die Sexualität einer Person zum höchstpersönlichen Lebensraum gehört, kann ein erzwungenes Outing massiven Schaden anrichten, die Betroffenen in teilweise höchste Gefahr bringen. Die USamerikanische NGO LGBT-Taskforce warnt davor, dass erzwungene Outings zu Suiziden führen können. Unzählige Studien belegen ohnehin, dass Homound Bisexuelle sowie Transpersonen überdurchschnittlich oft an Depression sowie posttraumatischen Belastungsstörungen leiden.
Einen umstrittenen Zugang wählte vor einigen Jahren der US-Journalist Michael Rogers. Auf seinem Blog nannte er die Namen zahlreicher republikanischer Politiker, die homosexuell waren oder sich mit Männern trafen, gleichzeitig aber öffentlich gegen die Rechte von Homosexuellen eintraten und sich bisweilen homophober Rhetorik bedienten. Ihm sei es um die „Heuchelei“der Betroffenen gegangen, so Rogers in einem Artikel für das Magazin „Politico“. „Denn diese Menschen machten mein und das Leben Millionen anderer LGBT-Amerikaner selbst zu einem politischen Thema.“