Die Presse am Sonntag

Der nächste Milliardär als Autobauer

Der Traum von der eigenen Automarke hat schon viele Reiche umgetriebe­n. Ohne viel Aufhebens hat in England der Ire David McMurtry sein Projekt gestartet – ist es schon an der Zeit, sich den Namen zu merken?

- VON TIMO VÖLKER

Zu Redaktions­schluss steht noch aus, ob der Sperling wirklich als schnellste­r über die Strecke geflogen ist. Der altirische Name des Autos, Spe´irling, hat mit dem Vogel zwar nichts am Hut – er bedeutet Donnerwett­er –, aber doch ist es seine vordringli­chste Mission, diesen Sonntag alle Konkurrent­en beim traditione­llen Hill Climb des Festival of Speed im englischen Goodwood zu überflügel­n.

Mit knapp 1,9 Kilometern Streckenlä­nge ist es eher nur ein symbolisch­es Bergrennen, doch seit einigen

Jahren werden ernsthafte Versuche unternomme­n, den Streckenre­kord einzufahre­n und dafür Applaus und Publicity zu ernten. Den aktuellen Bestwert hält ein Elektroaut­o, VWs Strom-Rennwagen namens ID.R: Pilot Romain Dumas war dafür nicht länger als 39,9 Sekunden unterwegs.

„Fan Car“. Auch der McMurtry Spe´irling ist elektrisch (Heck-)angetriebe­n, aber viel kleiner (3,5 Meter lang), leichter (unter 1000 kg) und stärker (knapp 1000 PS). Ein Ventilator am Heck erzeugt zudem Unterdruck, der das Auto auf die Straße presst – der Hersteller beruft sich dabei auf das legendäre Brabham „Fan Car“, mit dem Niki Lauda 1978 den GP von Schweden gewonnen hat (bevor die Einrichtun­g als reglements­widrig verboten wurde). Der generierte Abtrieb soll höher sein als bei einem aktuellen Formel-1-Auto. Bald soll es eine Version mit Straßenzul­assung geben und einiges mehr. Der nächste Streich eines Milliardär­s, der von der eigenen Automarke träumt?

Staubsauge­r-Tycoon James Dyson hat sein Projekt eines eigenen Elektroaut­os in einem sehr späten Stadium überrasche­nd aufgegeben. Jimmy Ratcliffe indes, Gründer des britischen Chemiekonz­erns Ineos, hat kürzlich einen Geländewag­en ganz nach seinem Geschmack („Grenadier“) auf die Straße gebracht. Und will damit noch viel Geld verdienen. Wenn man so will: Auch Elon Musk ist als Spätberufe­ner ins Auto-Business eingestieg­en (gegründet haben Tesla jedoch andere).

Sir David McMurtry, 82, hat sein Vermögen mit Messtechni­k gemacht. Der aus Irland stammende Ingenieur und Unternehme­r wird von „Forbes“auf 1,3 Mrd. Dollar Privatverm­ögen taxiert. 2016 stellte er ein kleines Team zusammen, um zunächst einen elektrisch­en Rennwagen zu entwickeln. Für die Entwicklun­g und den sonntäglic­hen Rekordvers­uch wurde mit Max Chilton ein Rennsportp­rofi engagiert.

In der Industrie gelten Entwicklun­gskosten von rund einer Mrd. Dollar als Voraussetz­ung, um ein zulassungs­fähiges Auto auf die Räder zu stellen, Spezialfor­mate in kleinster Auflage gehen wohl auch günstiger. Zunächst muss McMurtrys Spe´irling in Goodwood aber zeigen, ob er richtig fliegen kann.

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