Landet ein Weltmeister in Altach
Nicht jeder Fußballstar ist automatisch ein guter Trainer, viele werden es auch nie sein. Weltmeister Miroslav Klose, 44, wollte nicht länger Assistent sein, sondern das Chef-Sein lernen und setzt damit in Altach die Saga deutscher Trainer in Österreich f
Ein Weltmeister im österreichischen Fußball. Der Kontrast wird noch besser: Der Führende der ewigen WM-Torschützenliste mit sechzehn Toren wird Trainer in Altach. Ein Stürmerstar der deutschen Nationalmannschaft, der 2014 im legendären Maracana˜ von Rio de Janeiro die Fußball-WM gewonnen hat, ist jetzt Übungsleiter eines LändleKlubs, dessen Stadion knapp 7000 Zuschauern Platz bietet. Er spielte für den FC Bayern, Lazio Rom, wurde zweimal deutscher Meister, gewann den italienischen Cup – und jetzt ist Miroslav Klose Cheftrainer beim Sportclub Rheindorf Altach. Verkehrte Welt, würde man meinen. Doch für den 44-Jährigen der einzig richtige Platz, um seiner Karriere als Trainer den richtigen Anstoß zu verpassen.
„Lieber Altach als Assi“titelte die „Süddeutsche Zeitung“über den Coup des Tabellenelften der vergangenen Saison und wunderte sich wie viele andere auch, warum Klose genau diesen Schritt gesetzt hatte. Dabei sollte man den ehemaligen Stürmer für diesen Ansatz nicht infrage stellen, sondern bewundern. Nicht jeder gute Fußballer wird automatisch auch ein guter Trainer, in Österreich wollte das zwar manch Ex-Internationaler partout nicht wahrhaben, doch Resultate und Auftreten bescherten schnelle Abgänge. Dass Klose bis vor wenigen Tagen unter Garantie nicht gewusst hat, dass der SCR existiert, geschweige denn Vorarlberg in der Bundesliga (Auftakt 23. Juli) mit gleich zwei Klubs vertreten ist, steht freilich wieder auf einem ganz anderen Blatt Papier. Aber er will seinen Job lernen, Altach in der Offensive helfen. Dass für beide der Klassenerhalt das höchste Ziel ist, steht ebenso fest.
Il Genio, ein Fürst, Kempes! Seit neun Jahren ist der Dorfklub in der höchsten Spielklasse des Landes unterwegs. Einmal besser, einmal schlechter – und jetzt anfangs eben mit noch mehr Rampenlicht, weil mit Klose eine Lichtfigur an der Seitenlinie steht. Er ist 2018 ins Trainerbusiness eingestiegen, war zunächst Cheftrainer der Bayern-U17, wurde Co-Trainer von Hansi Flick und hat als Assistent erlebt, wie es denn ist, wenn ein Klub Meisterschaft, Cup und Champions League gewinnt. Flick hätte ihn auch zum DFB mitgenommen, bloß „Hütchenaufsteller“allein wollte Klose nicht sein, obwohl das der weitaus bequemere Job ist. Er mag es lieber anders, härter, ehrlicher. Also: Altach.
Er könne zwar den ganzen Wirbel um seine Person schon nachvollziehen, obwohl er doch gar nicht erste Wahl für diesen Posten gewesen sei und sich erst im Urlaub und im Internet über diese Karrierestation informieren musste, doch gehe es letzten Endes nur um den Verein. Das ist deutscher Professionalismus, bar sinnbefreiter Sprüche, die manch Vorgänger dort plump von sich gegeben hat. Und verheißt Veränderung, denn Populismus ist Vergangenheit, Klose will und muss liefern. Am besten gleich, auf Anhieb. Das ist das schwere Bündel, das namhafte Sportler stets zu tragen haben, zu dem sie geradezu verdammt sind, die Sportart ist beliebig auszutauschen: Sie müssen sofort Erfolg haben.
Klose ist auch längst nicht der erste Weltstar, der Österreichs Fußball die Ehre gibt. Für großartige Spieler war diese Liga einst ein gut gewählter Ort, um die Karriere schwer entlohnt und leicht belastet ausklingen zu lassen. 1986 landete Mario Kempes (Weltmeister 1978 mit Argentinien) als 33-Jähriger bei Vienna. Er kickte auch für St. Pölten und Krems. Bei Rapid glänzten ab 1981 Antonin Panenka (Europameister 1976 mit Tschechien, zweimal Meister, EC-Finale 1986) oder ab 1999 „Il Genio“Dejan Savic´evic´ (Champions-League-Sieger mit AC Milan 1991). Unfassbar – und in der Gegenwart undenkbar wie unbezahlbar – war auch das Engagement von Oleg Blochin für Vorwärts Steyr: Der Ukrainer, siebenfacher sowjetischer Meister, zweifacher Europacupsieger und Ballon-d’Or-Gewinner kam 1988 für eineinhalb Jahre.
Matthäus und Klose kamen als Weltmeister, und Löw ging, um Weltmeister zu werden. » Österreichs Fußball? Da urlauben Präsidenten am Plattensee und bringen vier Kellner mit.« CHRISTOPH DAUM
Als Europameister spielte Hansi Müller für den FC Tirol unter Ernst Happel; man feierte im Zeitraum von 1985 bis 1990 zwei Meistertitel. Oft vergessen wird Hugo Sa´nchez: Mexikos bester Fußballer kickte nach Jahren bei Real 1995 in Linz. 1996 versuchte „Il Principe“Giuseppe Giannini (Ikone AS Roma), das Ambiente der Grazer „Gruam“zu ertragen. Welt- und Europameister Thomas Häßler beendete 2004 bei Austria Salzburg seine Karriere.
Man spricht Deutsch. Auch auf dem Trainersektor findet man unerwartet große Namen. Vor allem, neben Maestro Giovanni Trapattoni (2006–2008, Salzburg, feierte 2007 mit den Bullen seinen bislang letzten Meistertitel) sind es interessanterweise durchwegs Deutsche, die auf Österreichs Trainerbänken über Transfers und Güte des Spiels
» Hoffentlich gelingt es mir, die Spieler aus ihrer Ekstase zu holen.« LOTHAR MATTHÄUS
nach dem ersten Rapid-Spiel, 0:1 gegen Mödling
»Stronach? Danke! Ohne die Entlassung wäre ich jetzt nicht hier.« JOACHIM LÖW
über das Aus bei Austria, nach dem WM-Triumph 2014