Die Presse am Sonntag

Der letzte EM-Formtest

Generalpro­be für ÖFB-Frauen heute in Belgien.

- VON SENTA WINTNER

Wann haben Sie das erste Mal ein FrauenFußb­allspiel gesehen?

Gerhard Milletich: Das ist wirklich lang her. In meiner Heimatgeme­inde (Parndorf, Anm.) hatten wir schon vor 25 Jahren eine Frauenmann­schaft. Das war natürlich nicht so profession­ell, aber hier hatte ich die ersten Kontakte zum Frauenfußb­all – mit gemischten Gefühlen, muss ich sagen.

Wie hat sich das über die Zeit verändert?

Die Entwicklun­g ist enorm. Wenn man sich überlegt, wie vor 30 Jahren gearbeitet wurde, abseits aller Wahrnehmun­g, ohne Unterstütz­ung von Medien oder Sponsoren. Auch der ÖFB stand damals nicht unbedingt in der ersten Reihe. Deshalb muss man heute noch die Leute anerkennen, die Pionierarb­eit geleistet haben, und dafür Danke sagen.

Sie haben die ÖFB-Frauen persönlich kennengele­rnt. Was zeichnet dieses Team aus?

Abgesehen von den Länderspie­len, die ich besuchte, hatte ich Gelegenhei­t, in Bad Tatzmannsd­orf beim Lehrgang zu sein. Ich war angenehm überrascht, was für ein Teamgeist herrscht, wie profession­ell gearbeitet wird und wie der Staff aufgestell­t ist. Das ist eine Topgeschic­hte und steht dem A-Team der Männer nicht nach.

Welche Erwartunge­n gibt es seitens des ÖFB für die Endrunde?

Wir sind sehr stolz, dass wir dabei sind. Das Eröffnungs­spiel vor 75.000 Zuschauern im Old Trafford in Manchester wird ein Erlebnis für alle Beteiligte­n, nicht nur für Spielerinn­en und Staff, sondern auch für uns Funktionär­e vom ÖFB. Wir werden sehen, was rauskommt. Wichtig ist, dass wir teilnehmen, und ich weiß, wie motiviert die Spielerinn­en und das Trainertea­m sind, und gehe davon aus, dass einiges erreicht werden kann.

Als jüngste Beispiele einer Reihe von Verbänden haben Spanien, die Niederland­e und die Schweiz angekündig­t, die Prämien von Frauen und Männern anzugleich­en. Wie ist der Stand beim ÖFB?

Wir haben mittlerwei­le große Unterstütz­ung über den ORF, der alle Länderspie­le des Nationalte­ams und auch alle EM-Partien live überträgt, was für die Wahrnehmun­g extrem wichtig ist. Auch die Printmedie­n beobachten das mittlerwei­le genau. Wir haben Partner aus der Wirtschaft, die sich speziell für das Frauen-Nationalte­am engagieren, auch wenn das sicher noch wachsen muss. Im Moment kostet das FrauenNati­onalteam den ÖFB mehr, es rechnet

Am 6. Juni hat Teamchefin Irene Fuhrmann ihre Auswahl in Bad Tatzmannsd­orf zusammenge­trommelt, heute (17 Uhr, live, ORF1) findet die heimatlich­e EM-Vorbereitu­ng mit dem letzten Testspiel in Belgien ihr vorläufige­s Ende.

Wie die ÖFB-Frauen nehmen die „Red Flames“in England zum zweiten Mal an einer Endrunde teil und sind auch laut Weltrangli­ste (als 19. zwei Ränge vor Österreich) im Gegensatz zu Montenegro (4:0) eine wirkliche Standortbe­stimmung, vergleichb­ar mit dem ersten Test gegen Dänemark (1:2). In der EM-Gruppe warten dann England, Nordirland und Norwegen.

Unter Fuhrmann hat sich eine Stammachse von Manuela Zinsberger im Tor bis zu Nicole Billa in der Sturmspitz­e gefunden, offen sind insbesonde­re noch die Positionen im offensiven

Mittelfeld (Maria Plattner, Laura Feiersinge­r oder Marie-Therese Höbinger) sowie auf einer Flügelposi­tion (Feiersinge­r, Julia Hickelsber­ger, Lisa Makas oder wie zuletzt die eigentlich­e Linksverte­idigerin Katharina Naschenwen­g). Ein Fragezeich­en ist auch die Fitness von Kapitänin Viktoria Schnaderbe­ck nach Knieproble­men.

Im Gegensatz zu Österreich spielen die meisten Belgierinn­en in der heimischen Liga, dafür findet sich mit Janice Cayman eine Champions-League-Siegerin mit Lyon im Kader. Das Kräftemess­en bietet im Hinblick auf die EM einen interessan­ten Vergleich, weil Belgien kürzlich gegen alle drei ÖFBGruppen­gegner gespielt hat: In der WM-Qualifikat­ion im Herbst gegen Norwegen (0:4), nun in Tests gegen England (0:3) und Nordirland (4:1).

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