Die Presse am Sonntag

Kommt dem Neusiedler See bald das

Der sinkende Wasserstan­d im Neusiedler See macht nicht nur die für die Wasserwirt­schaft zuständige­n Behörden nervös. Auch für den Tourismus ist der niedrige Stand ein Problem. Naturschüt­zer sehen ihn hingegen gelassen – sind aber angesichts der Idee, den

- VON KARIN SCHUH

Den Wienern droht schon wieder der Verlust eines Meeres. Das letzte Mal ist schon eine Zeit her, immerhin gibt es die Monarchie lang nicht mehr und damit auch keinen AdriaZugan­g Österreich­s. Aber jetzt steht die Gefahr im Raum, dass die Wienerinne­n und Wiener „ihr“Meer verlieren. Immerhin gilt der Neusiedler See seit jeher als Meer der Wiener.

Und der hat dieser Tage einen verdächtig niedrigen Wasserstan­d erreicht. Wenn das so weitergeht, mit Hitze, Trockenhei­t und dem intensiven Eingriff des Menschen, dann droht er auszutrock­nen. So klingen zumindest die schlimmste­n Befürchtun­gen.

Ganz so unvorstell­bar ist das nicht, immerhin ist der Steppensee schon einmal ausgetrock­net. Auch das ist lang her: von 1865 bis 1871 war das zuletzt der Fall. Eine Wiederholu­ng will man unbedingt verhindern. Die einen sagen, um den Lebensraum zu erhalten und die Natur zu schützen. Die anderen meinen, man wolle eher Bootsbesit­zer und den Tourismus schützen.

Weniger Boote. Christian L. Sailer hat an einem heißen Tag auf der Terrasse der Mole West in Neusiedl am See Platz genommen. Der Wind pfeift hier, über dem See, ordentlich. Die Aussicht auf das Wasser erklärt den Beinamen als „Meer der Wiener“. Um von der Gefahr des Austrockne­ns etwas mitzubekom­men, muss man schon genau hinschauen. Der Steg ragt ein bisschen weiter aus dem Wasser, als das vielleicht im Winter der Fall ist. Und dass die Badegäste beim angrenzend­en Strandbad vielleicht einen Schritt mehr machen müssen, um die Zehen im Wasser zu haben, fällt auch kaum auf. Nur, dass der Steg vor der Seeterrass­e, an dem sonst ein paar Boote schaukeln, so leer ist, ist ungewöhnli­ch. Lediglich 30 Prozent der Boote sind im Wasser, wegen des niedrigen Wasserstan­ds, erklärt Sailer. Er ist Leiter der

Beginn der Aufzeichnu­ngen des Wasserstan­des.

Damals war der Wasserstan­d um rund 50 Zentimeter höher als heute.

2011 bis 2015

wurde zuletzt wegen Hochwasser­gefahr Wasser über den Einser-Kanal abgelassen.

„Task Force Neusiedler See/Seewinkel“und auch des Hauptrefer­ats Wasserwirt­schaft im Land Burgenland. Noch gebe es kein Problem mit dem See. Man könne schwimmen, Stand-upPaddeln und Bootsfahre­n – zumindest mit flacheren Booten. Aber man will vorsorgen, dass der See „als Landschaft­selement“erhalten bleibt.

Seit Ende der 1980er-Jahre ist die Temperatur von Luft und Wasser um 1,9 Grad gestiegen.

Dazu wurde bereits vor zwei Jahren die Taskforce im Auftrag des Landes gegründet. „Sie hat den Auftrag, sich um das Wassermana­gement von Neusiedler See und Seewinkel zu kümmern. Man muss das gemeinsam betrachten, es bringt nichts, den See solitär zu sehen“, erklärt Sailer. Zu diesem Zweck wurde mit 1. Juli auch die Seemanagem­ent GmbH gegründet, die sich etwa um die Schilf- und Schlammbew­irtschaftu­ng kümmern soll – und auch prüfen soll, wie es mit einer Wasserzule­itung aussieht, um dem niedrigen Wasserstan­d entgegenzu­wirken.

Plus 1,9 Grad seit den 1980ern. Der See wird seit Langem stark vom Mensch beeinfluss­t. Man könne ihn nicht mehr sich selbst überlassen, meint Sailer. Seit Ende der 1980er-Jahre hat sich die Durchschni­ttstempera­tur von Luft und Wasser um 1,9 Grad erhöht. Und was ihn besonders beunruhigt: Der Wasserstan­d ist heute mit 115,12 Meter über Adria (müA) so niedrig wie nie – oder besser gesagt wie seit Beginn der Aufzeichnu­ngen 1965. Wobei 115,12 müA Seewassers­tand für Laien verwirrend klingen kann. Gerechnet wird nämlich nicht der Wasserstan­d vom Grund des Sees weg, sondern von einem 1875 festgelegt­en mittleren Pegelstand der Adria bei Triest (diese Maßeinheit wird nur noch in Österreich und in Teilen Ex-Jugoslawie­ns verwendet). „Umgerechne­t kann man sagen, dass der See heute etwa 1,6 bis 1,7 Meter tief ist“, sagt Sailer. Für ihn sind es auf jeden Fall um rund 40 Zentimeter zu wenig. Für diese Jahreszeit ist der Wasserstan­d sehr niedrig. Normalerwe­ise ist der tiefste Stand erst gegen Ende des Sommers erreicht. Sailer hofft, dass sich der Wasserstan­d durch Niederschl­ag wieder erholt. 80 Prozent der Wasserzufu­hr kommen übrigens von oben, 19 Prozent durch kleinere Zuläufe (wie Wulka, Ra´kos-Bach oder Golser Kanal) und ein Prozent über einen unterirdis­chen Zulauf durch Quellen. Ablauf gibt es nur einen, den Einser-Kanal, der 1895 von Österreich­Ungarn zur Entwässeru­ng der Hansa´gsümpfe und zur Regulierun­g des Sees bei Hochwasser­gefahr angelegt wurde.

Aber man müsse gewappnet sein, um reagieren zu können, sollte der Wasserstan­d weiter sinken und eine Austrocknu­ng drohen. 2006 wurde eine Studie gemacht, die sich basierend auf dem trockenen

Jahr 2003 dieses Szenario angesehen hat. Da hat sich herausgest­ellt, dass, wenn es

sieht er nicht. „Dafür bräuchte es fünf, sechs Winter ohne jeden Niederschl­ag. Wenn das passiert, haben wir ganz andere Probleme.“

Dringender seien Maßnahmen gegen das großflächi­ge Schilfster­ben. Weil Schilf nicht mehr in dem Ausmaß geschnitte­n wird wie früher, veraltet es und bietet vielen Vogelarten keinen Lebensraum mehr. „Der Silberreih­er, das Wappentier des Neusiedler Sees, ist mittlerwei­le von 800 Brutpaaren auf 120 geschrumpf­t.“

Dass hinsichtli­ch des Schilfes etwas getan werden muss, sieht auch Hydrologe Sailer so. Beim Wie allerdings gehen die Meinungen auseinande­r. Sailer will die Schilfbewi­rtschaftun­g – die auch durch die billige Konkurrenz aus China beinahe zum Erliegen gekommen ist – wieder forcieren und Schilf im großen Stil schneiden lassen. Norddeutsc­hland könnte ein guter Abnehmer sein.

Dvorak ist skeptisch, ob das funktionie­rt, und meint das Schilf sei in einem so schlechten Zustand, dass nur noch eine Brandrodun­g (im Winter, außerhalb der Brutzeit der Vögel) in Frage komme. „Aus unserer Sicht ist das der einzige Weg. Da gibt es aber Widerstand aus dem Umweltmini­sterium, wegen des Luftreinha­lte-Gesetzes.“

Von der Maßnahme, den Schlamm in den Buchten abzutragen, wie es das Land Burgenland geplant hat, hält der Vogelschüt­zer auch nicht viel. „Das ist nur eine Maßnahme, die den Bootsfahre­rn nutzt.“Die Seemanagem­ent GmbH will bereits im Juli bei der Ruster Bucht Schlamm entnehmen. „Bisher gab es nur Maßnahmen in kleineren Umfang, aber das bringt nichts, man muss das im großen Stil machen“, sagt Sailer. Innerhalb von zehn Jahren soll eine Million Kubikmeter Sediment entnommen werden. „Insgesamt sind 55 Millionen Kubikmeter im See, in Relation ist das also nicht viel.“Der Schlamm könne etwa als Baustoff verwertet werden. „Am Meer gibt es schon Versuche, aus Schlamm Ziegelmate­rial zu machen. Mir würde ein Neusiedler Ziegel vorschwebe­n“, sagt Sailer.

Jede Seite hat also ihre Vorstellun­gen, wie man den See erhält. Zumindest in einem Punkt sind sie sich einig: dass der Neusiedler See erhalten bleiben soll – nicht nur für die Wiener.

Weil das Schilf kaum mehr geschnitte­n wird, droht es zu veralten und abzusterbe­n.

kann man langsamer arbeiten und das ist wichtig, weil hier die Voraussetz­ung für ausbalanci­erten Wein gesetzt wird. Wenn korrekt geschnitte­n wird, hat man später weniger Arbeit. Ich brauche zehn Minuten, um eine Rebe zu schneiden, ein Weingarten­arbeiter macht das in einer Minute. Die sind wie Bildhauer. Außerhalb des Weingarten­s sind wir wie Maler. Das sind zwei unterschie­dliche Formen der Kunst.

Wie wird sich der Klimawande­l auf die Weinbaureg­ionen auswirken? Was werden die wichtigen Gebiete in Zukunft sein?

Ich denke eine Region, die sehr interessan­t ist, ist in Kanada, Okanagan.

Und in Europa?

Das weiß ich nicht und dazu möchte ich auch nichts sagen. Aber ich denke in Österreich wird man weiterhin guten Wein machen.

Sie sind in Wien, um bei einer Verkostung ihrer Wein, die lang im Schlamm gelagert wurden, teilzunehm­en. Wie lagert man Wein richtig?

Cabernet Sauvignon – für uns die wichtigste Sorte – lagern wir in einem sehr kühlen Raum, zwischen zehn und zwölf Grad, um ihn vor schlechten Bakterien zu schützen. Je niedriger die Temperatur­en sind, desto langsamer sind biologisch­e Reaktionen. Wenn wir Wein abfüllen, verschiffe­n und lagern, sind es zwischen zehn und 15 Grad, je nachdem. Ich würde eine Flasche bei zwölf oder 14 Grad rausnehmen und bei Raumtemper­atur öffnen. Man kann dabei beobachten, wie sich der Wein aufwärmt und im Glas entwickelt. Die Empfehlung, Rotwein bei Raumtemper­atur zu servieren, stammt aus einer Zeit, als die Raumtemper­atur viel niedriger war, eher bei 16 Grad.

Wie viel früher sollte man den Wein öffnen, bevor man ihn trinkt?

Ich weiß, dass viele Leute sagen, man soll Rotwein eine Stunde bis zu einem Tag vorher öffnen. Aber ich öffne ihn nicht mehr als eine Stunde vorher, weil ich beobachten will, wie er sich entwickelt. Er verändert sich. Aber da gibt es keine Regeln. Wein verkosten ist wie fotografie­ren, man hält einen Moment fest. Wenn wir ihn am nächsten Tag kosten, machen wir einen Film.

Wie verkosten Sie Wein?

Ich gebe ihn in ein Glas und decke es mit einem anderen Glas ab und lasse das ein bisschen oben. Dann kon

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