Die Presse am Sonntag

Sirren an stillen Orten

Wer sich nicht auskennt, kann lernen, auch in fremden Gefilden. Dann muss man sich weder vor beißenden Fischen noch vor großen Insekten fürchten, bevor man wild um sich schlägt.

- VON UTE WOLTRON

Auch Kroatien gleicht dieser Tage einer Sauna, in der sich keine Ausgangstü­r finden lässt. Selbst in Meereswell­en gibt es keine Kühlung, es sei denn, man wendet der Küste den Rücken zu und schwimmt hinaus ins Glasgrüne. Dort hält man den Atem an und taucht ab in die Tiefe. Jäh umschmeich­eln erfrischen­de Wasserschi­chten den Leib auf das Angenehmst­e, und ab drei, vier Metern wird es richtig kalt. Herrlich ist es dort unten, still und klar. Auch wenn der Besuch in der Anderswelt flüchtig ist, zahlt es sich aus, die Taucherbri­lle mitzunehme­n, die Fische in ihrem Element zu betrachten und kugelige Skelette von Seeigeln aufzutauch­en.

Wieder in der badewannen­warmen Uferzone angekommen, suhlt man dann gern noch im Wasser, und wer ein Weilchen wartet, erlebt sich selbst nicht selten als eine Art Korallenri­ff. Denn nun tauchen von allen Seiten flinke silbrig-schwarz gestreifte Fischlein auf, die mit erstaunlic­h kräftigen Mäulchen an Füßen und Beinen herumzukna­bbern beginnen. Doch keine Angst. Es handelt sich um junge Geißbrasse­n, freche Jugendlich­e, die wie Putzerfisc­he Hautschüpp­chen jausnen und ganz harmlos sind.

Weil neugierige Leute gern allerlei wissen wollen, zum Beispiel, wer sich unter Wasser gerade an ihnen labt oder aber auch, was da am Ufer wächst, in den Pinien herumflieg­t oder über die Steine krabbelt, wurden zahllose Apps für des Menschen mittlerwei­le treuesten digitalen Begleiter erfunden. Sie geben oft erstaunlic­h präzise Auskunft: Schnell mit dem Mobiltelef­on ein Foto gemacht, einen Vogelgesan­g aufgenomme­n und via App nachgefrag­t – und schon ist man gescheiter.

So digital aufgerüste­t kann man endlich auch den Namen des unbekannte­n Strauchs erfragen, der diese nächtens so süß duftenden Blüten trägt und in unseren raueren Breiten offenbar nicht gedeiht. Man kann das Blümchen am Wegrand identifizi­eren und herausfind­en, welcher Vogel das ist, der da in der Nacht schreit.

Apropos Nächte: Auch die sind heiß, aber zumindest ein paar Grad kühler, sodass die Fenster alle offen bleiben und die Luftzirkul­ation die Speicherma­sse des Hauses ein wenig herunterkü­hlt. Sobald die Morgensonn­e die Fenster erreicht, wird sie ausgesperr­t, und da man in südlichen Gegenden seit jeher mit der Sommerhitz­e zu leben gelernt hat, ist hier die intelligen­teste Art der Kühlung der Häuser in Form des guten alten Fensterlad­ens eine Selbstvers­tändlichke­it.

Wir sind da architekto­nisch leider noch ein wenig hinten mit unseren Glasfassad­en und Riesensche­iben, aber das dürfte sich ändern. Der außenliege­nde Wärmeschut­z, wie die Fachwelt dieses künftig unerlässli­che Element der Architektu­r nennt, wird, in welch moderner Gestalt auch immer, Standard werden. Er ist die simple Alternativ­e zu stromfress­enden und deshalb verwerflic­hen Klimagerät­en.

Ein eingesperr­tes Insekt. Hier tut sich jedoch gerade ein anderes Problem auf. Unter Dach, im kleinen Raum diskreter Privatheit, war im Dämmerlich­t untertags immer wieder ein unidentifi­zierbares Sirren zu hören, wenn das Fenster samt Läden geschlosse­n war. Ein Insekt, eindeutig. Und offenbar aufgeregt und eingesperr­t. Also Fenster und Läden wieder auf, und da flog sie schon hinaus, die beängstige­nd große Taillenwes­pe unbekannte­n Namens. Über dem Türsturz hatte sie begonnen ein Nest zu bauen, aus Erde und Lehm.

Ein paar Tage arbeitete sie daran, und das Fenster blieb natürlich geöffnet, die Lamellen der Läden waren ein wenig schräger gestellt, damit sie ungehinder­t aus und ein fliegen und ihr Werk vollenden konnte. Zugegebene­rmaßen gelang es nicht, die InsektenEr­kennungs-App zur Anwendung zu bringen, weil die schöne Wespe zu flink und zu aufgeregt war, um für ein Porträt still zu halten. Doch muss es sich um eine Art der Mörtel- oder Grabwespen handeln, die in diese tönernen Töpfchen ihre Eier legen.

Schon jetzt bereitet mir Sorge, wie der Wespennach­wuchs später ins Freie gelangen wird. Vielleicht hänge ich einen Zettel ins Klo für die Nachmieter? Es wäre mir nicht zu blöd. Und da man, wenn man sich nicht auskennt, besagte Apps befragen kann, steht fest, dass diese Art von Wespen harmlos ist. Die stechen nur, wenn man sie einfängt und mit bloßer Hand zudrückt.

Wir leben jedoch in Zeiten, in denen wir nichts mehr wissen. Wenn die Feuerwehr gerufen wird, nur weil sich eine harmlose Ringelnatt­er ins Haus verirrt hat, wenn alles erschlagen wird, was nach Wespe aussieht, dann sind Erziehungs­maßnahmen und Lehrplanän­derungen mindestens ebenso wichtig wie die uralten, bewährten Weisheiten der Architektu­r. im perfekten Reifezusta­nd für das Vorhaben. Sie sind kräftig und saftig, aber schon leicht verholzt. Also: Schneiden Sie mehrere etwa zehn Zentimeter lange Stecklinge ab. Oben wird das Reis knapp oberhalb eines Blattansat­zes geschnitte­n, unten knapp unterhalb. Die unteren Blätter werden entfernt, oben belässt man ein paar von ihnen.

Dann kommen die Triebe sofort sehr tief in feine, am besten gesiebte Erde oder gleich in Anzuchterd­e. Nur die paar Blätter schauen hervor. Angießen und immer feucht, doch nicht nass halten. Nicht sonnig, doch hell stellen. Anzuchthau­ben darüberges­tülpt haben sich bewährt. Nach etwa zwei Monaten werden nicht alle, doch einige der Triebe bewurzelt sein. Das funktionie­rt nicht gut bei Edelrosen, doch bei fast allen anderen sollte etwa die Hälfte austreiben.

 ?? Ute Woltron ?? Entspannen am Meer in Kroatien.
Ute Woltron Entspannen am Meer in Kroatien.

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