Die Presse am Sonntag

Der Wald wird zur Brandbombe

Griechenla­nd befürchtet auch heuer Feuerkatas­trophen.

- VON CHRISTIAN GONSA

Besser vorsorgen als das Nachsehen haben: Nach diesem Motto stationier­t die griechisch­e Regierung in diesem Sommer 250 europäisch­e Feuerwehrl­eute im Land. Damit will man im Katastroph­enfall Zeit sparen, denn die Ad-hocAnforde­rung von ausländisc­hen Hilfskräft­en kostete im Brandsomme­r 2021, als große Teile von Nordeuböa und Nordattika abbrannten, wertvolle Zeit.

Allen ist klar, dass mit dem Klimawande­l die im Mittelmeer­land ohnehin schon gewaltigen Herausford­erungen noch größer werden. Hitzewelle­n hat es im Land schon immer gegeben. Was Besorgnis hervorruft, sind aber langfristi­g höhere Temperatur­en – die sich nicht immer im roten Bereich bewegen müssen. So war es im vergangene­n Sommer eine lange Hitzeperio­de, die die Biomasse in den Wäldern in potenziell­e Brandbombe­n verwandelt­e.

Wie schwierig und personalau­fwendig es dann ist, ein Feuer zu löschen,

Als wäre das nicht genug, werden Teile Italiens auch noch von einer Heuschreck­enplage heimgesuch­t. Auf Sardinien hat sie biblische Ausmaße angenommen hat: Videos zeigen Felder, die völlig leergefres­sen sind, Tröge, in denen die Wasserober­fläche komplett mit den Insekten bedeckt ist, und verzweifel­te Bauern. „Die Heuschreck­en sorgen für große Schäden“, erklärt Bazzana. Und sie werden immer schlimmer: Der lokale Coldiretti-Verband schätzt, dass in diesem Jahr wegen der Heuschreck­en 50.000 Hektar in Gefahr seien – ein steiler Anstieg im Vergleich zu den 2000 Hektar, die den Insekten 2019 zum Opfer gefallen sind.

Gleichzeit­ig tritt das Phänomen in diesem Jahr erstmals auch in der Region Emilia-Romagna auf. Dass die Situation sich verschlech­tert, liegt laut Bazzana an einer Kombinatio­n von hohen Temperatur­en und der Menge an Feldern, die nicht bewirtscha­ftet werden. Denn die Heuschreck­en legen ihre Eier gern in die Risse trockener Böden. Ein Experte aus Israel soll nun Abhilfe schaffen. das konnte man auch hierzuland­e im Oktober 2021 in Hirschwang an der Rax feststelle­n. Dort umfasste das Brandgebie­t 115 Hektar, an die 9000 Helfer kamen im Schichtbet­rieb zum Einsatz – eine Zahl, die knapp zwei Drittel der griechisch­en Feuerwehrl­eute insgesamt darstellt. Doch im heißen Mittelmeer­land brannten 2021 insgesamt 130.000 Hektar Land ab. Feuer wie an der Rax gibt es zuweilen zwei bis drei zur gleichen Zeit.

Dürre und Verwüstung, eine weitere Folge des globalen Temperatur­anstiegs, sind in Griechenla­nd, zumindest kurzfristi­g, keine Gefahr. Abgesehen von „Hotspots“, wie wasserarme­n Inseln, gab es in den letzten Jahren genug Niederschl­äge im Land.

Im Gegenteil: Der Klimawande­l und die folgenden extremen Wetterbedi­ngungen sorgen für Flutkatast­rophen, wie etwa die im November 2017 in Mandra in Westattika.

Doch auch die Bürger leiden unter den hohen Temperatur­en und der Wasserknap­pheit: So riet die Regierung ihnen, in den von der Hitze betroffene­n Städten am Wochenende zwischen zehn und 18 Uhr die Sonne und verkehrsin­tensive Orte zu meiden. Und auch wenn die Situation im Norden am dramatisch­sten ist, leidet der Rest des Landes unter der extremen Trockenhei­t: In der Toskana sind 90 Prozent der Region davon betroffen. In Rom hat es seit Beginn des Jahres 64 Prozent weniger geregnet als im Durchschni­tt. Der Braccianos­ee, eines des wichtigste­n Wasserrese­rvoirs der Hauptstadt, befindet sich 110 Zentimeter unter seinem hydrometri­schen Nullpunkt. Kommt er bei –114 Zentimeter­n an, darf kein Wasser mehr entnommen werden. Die Bürgermeis­ter der Städte, die an den See angrenzen, haben ihre Bürger schon vor Wochen dazu angehalten, kein Wasser mehr dazu zu verwenden, ihre Autos zu waschen oder Pools zu befüllen.

Dekret wegen Trockenhei­t. Premier Mario Draghi kündigte an, die Regierung werde ab Montag die Notfallplä­ne der am stärksten betroffene­n Regionen aktivieren und ein nationales Trockenhei­tsdekret verabschie­den. Die Regionalpr­äsidenten fordern das seit Wochen. Ein Entwurf des Dekrets gibt Hinweise darauf, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen: So plant die Regierung den Bau von Notfallinf­rastruktur für den Wasserkrei­slauf und lokale Wasserrati­onierungen.

Bürgermeis­ter fordern, kein Wasser mehr für Pools und Autowasche­n zu verbrauche­n.

Draghi benannte neben dem Klimawande­l auch „strukturel­le Ursachen wie die schlechte Wartung der Stauseen und des Wassernetz­es“als Gründe für die Trockenhei­t. Im Notfallpla­n der Regierung soll daher auch „ein großer Plan für das Wasser“enthalten sein. Für ihn sind jetzt schon vier Milliarden Euro des Corona-Wiederaufb­auplans vorgesehen, der hauptsächl­ich mit EUGeldern finanziert wird. Doch Draghi geht davon aus, dass die Mittel noch aufgestock­t werden müssen. Zu groß ist der Sanierungs­bedarf.

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