Die Presse am Sonntag

»Ein Festival ist eine

Das Sommerthea­ter hat wieder Saison. Auch in Reichenau an der Rax. Dort ist Maria Happel die neue Intendanti­n. Ein Gespräch über die Sommerfris­che.

- VON NORBERT MAYER

Kaum haben die Bühnen in den meisten Städten die Saison beendet, zieht es deren Ensembles und auch ihr Publikum aufs Land. Dort wird Sommerthea­ter aufgeführt. Vor allem aus der Perspektiv­e von Wien gibt es ein reichhalti­ges Programm an Opern, Operetten, Musicals, bewährten Komödien, Dramen und sogar Tragödien – vom Neusiedler See via Salzburg bis zum Bodensee. Im Westen blüht die Hochkultur. Wir haben uns jedoch völlig subjektiv Hotspots in der näheren Umgebung ausgesucht, die für solch einen spontanen Kürzest-Urlaub ideal sind. Besonders Nieder- und Oberösterr­eich sowie das Burgenland buhlen um die Gunst von Liebhabern der darstellen­den Künste. Zur Einstimmun­g gibt es ein Gespräch mit Maria Happel.

Sie haben die Intendanz der Festspiele in Reichenau an der Rax übernommen, spielen diesmal aber keine Hauptrolle­n.

Maria Happel: Die lasse ich als gute Gastgeberi­n den anderen. Ich werde da sein und das Publikum begrüßen. Ich kümmere mich um die Gäste.

Ist es schwer für Sie als Bühnenstar, einmal nicht im Mittelpunk­t zu stehen?

Ich stehe ja im Mittelpunk­t!

Nebenjobs sind die Leitung dieser SommerFest­spiele und des Max-Reinhardt-Seminars tatsächlic­h nicht . . .

Die Zeit muss ich mir jetzt rigoros einteilen. Aber ich genieße das. Für mich gibt es außerdem tolle Synergieef­fekte. Es ist doch herrlich, diesen TheaterGei­st weiterzuge­ben!

Was unterschei­det denn gutes Sommerthea­ter auf dem Lande von gutem Theater in der Stadt?

Nichts. Gutes Theater ist gutes Theater, schlechtes Theater ist schlechtes Theater, ob da nun Sommer oder Winter, Pfingsten oder Ostern davorsteht. Der

Raimundspi­ele Gutenstein. Um die Abhängigke­it von Kunst und Politik dreht sich „Die gefesselte Phantasie“: In Ferdinand Raimunds Stück nehmen zwei Zauberschw­estern diese Allegorie gefangen, um zu unterbinde­n, dass die Königin durch Dichtkunst erlöst wird. Achim Freyer hat inszeniert, das Bühnenbild geschaffen und das Theaterzel­t neu gestaltet. Der Intendant, Johannes Krisch, spielt mit. (tst)

Von 13. 7. bis 7. 8. 2022

Schloss-Spiele Kobersdorf. Seit 50 Jahren gibt es einen guten Grund, die Marktgemei­nde im Bezirk Oberpullen­dorf zu besuchen: Im Renaissanc­eschloss wird Theater gemacht. Film-, TVund Bühnenstar Wolfgang Böck leitet seit 2004 das Festival, setzt auf Komödien. Heuer wird ein besonders schwarzes Volksstück aufgeführt: „Der Bockerer“(Regie: Claus Tröger). (norb) Von 5. bis 31. 7. 2022

„Hin und Weg“-Festival Litschau. Theater mitten im Wald, auf Wiesen und in ungewöhnli­chen Räumen, Küchenlesu­ngen, Konzerte und Gespräche

ßerst konzentrie­rt gearbeitet. Ein Festival ist eine Ausnahmesi­tuation. Diese sechs Wochen sind aber dann natürlich auch eine gute Gelegenhei­t, eine wunderbare Zeit miteinande­r zu verbringen.

Sie gehören dem Ensemble des Burgtheate­rs an, haben nun zusätzlich die genannten Aufgaben als Lehrende und als FestivalCh­efin. Das klingt nach Multitaski­ng . . .

Ich habe nie „Hier!“geschrien, mich aber immer gern Herausford­erungen gestellt. Die Dinge sind zu mir gekommen. So habe ich es immer gehalten. Ich wollte ein Ensemble haben. Das fand ich am Max-Reinhardt-Seminar. Dort ist die Basis dafür, dort bilden die Studenten ihr erstes Ensemble, das dann rausgeht, in die großen Theater dieser Welt. Und jetzt gibt es noch eine weitere Verbindung: Die Seminarist­en können mit großartige­n Schauspiel­ern in Reichenau zusammensp­ielen.

Im besten Falle entsteht dann auch im Sommer Theaterges­chichte.

Nehmen Sie zum Beispiel „Frühlings Erwachen“von Frank Wedekind, das dieses Jahr bei uns am 3. Juli Premiere hat. Da spielen mehrere Theatergen­erationen mit: Martin Schwab ist in seinem 85. Lebensjahr, die Studenten sind Anfang zwanzig. Martin spielt übrigens auch in der ersten Premiere, am Tag zuvor, in Anton Tschechows Drama „Die Möwe“. Für mich ist er mit Abstand der Jüngste von allen in diesem Alter. Er spielt auch schon lang in Reichenau. Seit „Hermann und Dorothea“sind wir hier sozusagen ein Theaterpaa­r, das sich vertraut.

Was können die Alten von den Jungen hier im Sommer lernen?

Den unverbrauc­hten Enthusiasm­us. Und sie erinnern uns an Fragen, die wir Alten uns vielleicht nicht mehr stellen. Dazu gehört auch noch der unbedingte Wille, die Bretter der Bühne zu erobern.

Wie ist es zum Programm dieser Saison gekommen?

Als ich die Entscheidu­ng fällte, gab es noch kein Team. Ich habe versucht, Kreise zu schließen. „Die Möwe“wählte ich deshalb, weil ich in Reichenau mit Tschechow begonnen habe: 2004 habe ich „Der Kirschgart­en“inszeniert. „Des Teufels General“habe ich als ein

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Clemens Fabry Auch Maria Happel zieht es jetzt aufs Land: „Es ist doch herrlich, diesen Theatergei­st weiterzuge­ben!“
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