Man darf dem Erpresser Putin nicht nachgeben
Russlands Präsident setzt Gas und Hunger im globalen Maßstab eiskalt als Waffen ein. Doch wer vor ihm einknickt und die Ukraine opfern will, muss wissen, dass Putin sein Spiel dann wiederholen wird.
Wladimir Putin hat zwei Waffen mit weltweiter Reichweite in der Hand, um die Ukraine und den Westen in die Knie zu zwingen: Gas und Nahrungsmittel. Er setzt sie eiskalt ein, um Engpässe zu schaffen und die Preise hochzutreiben. Unzählige Menschen in aller Welt leiden bereits darunter. Doch das schert den russischen Präsidenten nicht. Dieser Mann geht über Leichen, um seine Ziele zu erreichen.
Russland war der wichtigste GetreideExporteur der Welt, die Ukraine die Nummer fünf. Das eröffnet Putin Erpressungsmöglichkeiten im globalen Maßstab, die er skrupellos ausspielt. Die Preise für Lebensmittel und Energie waren nach zwei Jahren Pandemie hoch. Der Krieg in der Ukraine trieb sie noch weiter hinauf. Schon jetzt sind laut Welternährungsprogramm (WFP) 345 Millionen Menschen von Hunger bedroht.
Trotzdem – oder deshalb – lässt Putin Millionen Tonnen Getreide im Schwarzen Meer blockieren und von seinen Trollen die Lüge streuen, die Sanktionen des Westens seien an dem Hungerelend schuld, das zwischen Afrika und Asien jeden Tag tragischer wird. Die Folgen sind absehbar. Es ist mit schweren Unruhen zu rechnen wie am Samstag beim Sturm auf den Präsidentenpalast in Sri Lanka. Der Inselstaat ist nach der coronabedingten Tourismusflaute bankrott. Die Preissteigerungen im Gefolge der Ukraine-Krise haben dem Land den Rest gegeben. Nun entlädt sich der Zorn der Bevölkerung.
Vorbote. Das ist wohl nur die erste Stichflamme eines Lauffeuers. Einer der Auslöser des Arabischen Frühlings waren hohe Brotpreise. Die Geschichte könnte sich wiederholen, auch die Massenmigration in Richtung Europa nach Kürzung der Essensrationen in syrischen Flüchtlingslagern 2015.
Putin käme das nur gelegen. Ihm ist alles recht, was Europa destabilisiert. Darum wird er vor dem Winter auch am Gashahn drehen, um ganze Volkswirtschaften ins Chaos zu stürzen. Angesichts drohender Fabrikschließungen, Inflationsschübe und kalter Wohnzimmer könnten danach Regierungen wie Dominosteine fallen. Diese Angst will Putin verbreiten, damit die EU einknickt und die Ukraine im Stich lässt. Erste psychologische Erfolge hat er schon zu verbuchen.
Österreichs Wirtschaftskammer-Präsident, Harald Mahrer, hat bereits lautstark die EU-Sanktionen gegen Russland infrage gestellt und empfohlen, nicht nur auf die „Ukraine zu schielen“. Ausgerechnet der Chef der Wirtschaftskammer, die Putin nach der Krim-Annexion 2014 den roten Teppich ausgerollt und mit ihm Diktatorenwitzchen ausgetauscht hat. Diese Institution hat Anteil daran, dass sich Österreich energiepolitisch abhängig gemacht hat von Russland und jetzt so tief in der Patsche sitzt. Umso schändlicher ist Mahrers Defätismus.
Wer die Ukraine opfern will, damit weiter Gas fließt, muss wissen, dass Putin sein einschüchterndes Spiel dann wiederholen wird: im Rest der Ukraine, in Georgien, Moldau oder anderswo. Europa wird nicht sichererer, wenn es Putin nachgibt. Im Gegenteil. Erpresser lassen sich durch Zugeständnisse und Unterwerfungsgesten nicht stoppen. Sie machen weiter.
» Putin ist alles recht, was Europa destabilisiert und spaltet. «