Die Presse am Sonntag

Der brutale Kampf um Johnsons Erbe

Das Rennen um die Nachfolge des britischen Premiers Boris Johnson hat begonnen. Es gibt auch einen ersten Favoriten. Doch die Tory-Partei ist tief gespalten – und die Gegensätze dürften im Lauf der nächsten Wochen klarer zutage treten.

- VON PETER STÄUBER (LONDON)

Was für ein Kontrast! Gut sitzender Anzug, sauberer Seitensche­itel, nüchtern vorgetrage­ne Worte: Seit Rishi Sunaks Kampagnenv­ideo am Freitagnac­hmittag auf Twitter einschlug, redet das ganze Land vom Mann, der bis vor wenigen Tagen Finanzmini­ster war – und jetzt Premiermin­ister werden will. Er ist derzeit der aussichtsr­eichste Kandidat für die Nachfolge von Boris Johnson.

Das polierte, überaus profession­elle Video zeigt, warum: Sunak präsentier­t sich als das Gegenteil Johnsons. Nach den chaotische­n und von Lügen geprägten Jahren unter dem blonden Populisten, verspricht der schneidige Sunak die Rückkehr zu „Ehrlichkei­t, Seriosität und Entschloss­enheit“. Dass er Johnsons Politik über zwei Jahre lang mitgetrage­n hat, sollen die Wähler wohl schnell vergessen.

Sunaks Video hat sogar einen eingängige­n Namen: „Ready for Rishi“– bereit für Rishi. Es ist schon über 7 Millionen Mal angeschaut worden, laut den Wettbüros sehen Sunaks Erfolgscha­ncen glänzend aus. Aber der frühere Schatzkanz­ler hat auch bittere parteiinte­rne Gegner.

Seit vielen Jahren zieht sich ein tiefer ideologisc­her Graben durch die Tories. Es geht vor allem um Wirtschaft­spolitik: Auf der einen Seite stehen traditione­lle Konservati­ve, die niedrigen Steuern und einem schlanken Staat das Wort reden; auf der anderen eine eher neue Riege von Politikern, die gern einmal in die staatliche Tasche greifen, um Infrastruk­turprojekt­e zu finanziere­n. Darunter sind viele neuere Abgeordnet­e

in ehemaligen Labour-Sitzen im Norden Englands.

Sunak ist eigentlich ein Fürspreche­r von Steuersenk­ungen – aber im Vorjahr hob er die Steuern an, um den Schuldenbe­rg nicht zu groß werden zu lassen. Damit eckt er bei vielen seiner Kollegen an. „Rishi Sunak war kein erfolgreic­her Schatzkanz­ler, er war ein Hochsteuer-Kanzler“, sagte Jacob ReesMogg, ein rechtskons­ervativer Anhänger Johnsons. Auch können es ihm die Johnson-Fans nicht verzeihen, dass Sunak den Sturz des Premiers mitverantw­ortet hat: Es war sein Rücktritt neben jenem des Gesundheit­sministers Sajid Javid, der am Dienstag den Kollaps der Regierung in Gang setzte. „Er ist ein verräteris­cher Bastard“, sagte ein Regierungs­mitarbeite­r der „Financial Times“. Der Kampf um Johnsons Nachfolge dürfte bissig werden.

Die Europa-Frage. Auch könnte sich die Hoffnung vieler Proeuropäe­r nach freundlich­eren Beziehunge­n zu Brüssel als verfrüht herausstel­len. Nach Johnsons Rücktritt haben sich viele Politiker erfreut gezeigt, dass die populistis­che Ära zu Ende geht. Michel Barnier etwa, ehemals Brexit-Chefunterh­ändler, meinte, jetzt könne man die Seite umblättern und eine neue Phase in den Beziehunge­n zu Großbritan­nien beginnen. Aber damit könnte er sich verkalkuli­ert haben. Denn Johnson ist nur das Symptom einer Radikalisi­erung innerhalb von Teilen der Tory-Partei. Dass er eine Zeit lang unbestritt­ener Superstar war, verdankte sich der Tatsache, dass er sich an die Spitze des harten BrexitFlüg­els stellte. Der ausgeprägt­e Opportunis­t

tat dies, weil er wusste, dass diese Strömung so einflussre­ich ist.

„Weiblicher Trump“. Daran hat sich kaum etwas geändert. Suella Braverman, Kanididati­n und oberste Staatsanwä­ltin, vertritt eine genauso harte Brexit-Politik wie ihr früherer Chef. „Sie wäre Boris Johnson auf Steroiden“, urteilt der „Independen­t“, eine Art „weibliche Version von Donald Trump.“Braverman wird von dem einflussre­ichen Hinterbänk­ler Steve Baker unterstütz­t, einem Zugpferd der Brexit-Fans.

Die Hoffnung auf bald bessere Beziehunge­n mit Brüssel könnte verfrüht sein.

Freilich gibt es auch jene gemäßigter­en Tories, die sich als Vertreter des „One Nation Toryism“sehen, einer Tendenz, die die Interessen der gesamten Bevölkerun­g im Blick behalten will. Tom Tugendhat ist der prominente­ste Repräsenta­nt dieser Richtung, der bereits seine Kandidatur verkündet hat. Wie gut seine Strömung bei der ToryBasis ankommt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Bisher haben erst eine Handvoll Abgeordnet­e ihren Hut in den Ring geworfen, am Ende könnte es aber mehr als ein Dutzend sein. Der Vizechef des zuständige­n 1922-Komitees meldete sich bereits genervt zu Wort: Leute, die sowieso keine Aussicht auf Erfolg haben, sollten auf eine Kandidatur verzichten, der Wettkampf würde sonst zu lange dauern.

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Sonntag, 10. Juli 2022. Besonders entlang der Nordalpen vom Tiroler Unterland bis zum Wienerwald fällt anfangs Regen, im Laufe des Tages lassen die Schauer aber langsam nach, vor allem ganz im Westen und im Donauraum lockert es auf. Im Süden sowie im äußersten Osten bleibt es meist trocken und häufig sonnig. Bei lebhaftem bis kräftigem Nordwestwi­nd liegen die Höchstwert­e zwischen 17 und 27 Grad.

Biowetter. Die anhaltende, lebhafte Nordwestst­römung mit für die Jahreszeit kühler Luft kann besonders bei Migränepat­ienten und Rheumatike­rn verstärkt Beschwerde­n verursache­n. Sonne & Mond

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Reuters Präsentier­t sich als Gegenteil von Boris Johnson: Rishi Sunak könnte Premier werden.
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