»Kino noch nicht dort, wo wir hinwollen«
Zwar verlief der Juni außergewöhnlich erfolgreich und lockte um elf Prozent mehr Besucher ins Kino als der Juni 2019, aber das ist vor allem Blockbustern wie etwa „Doctor Strange 2“sowie „Top Gun: Maverick“zu verdanken. „Insgesamt sind wir im Kino noch nicht dort, wo wir hinwollen“, sagt Christian Dörfler, Betreiber des English Cinema Haydn in Wien und Obmann des Fachverbands der Kinos in der Österreichischen Wirtschaftskammer.
Denn das erste Halbjahr verzeichnete im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2019 ein Minus von rund 30 Prozent – und zwar sowohl in Programmkinos als auch in Multiplex-Häusern. „Nach dem ersten Lockdown 2020 waren die Leute ganz verrückt danach, wieder ins Kino zu gehen“, sagt Dörfler. Mit Fortdauer der Pandemie sei es aber immer schwieriger geworden, nach den wiederholten Schließungen sowie mit Regeln wie etwa der Maskenpflicht die Bevölkerung für das Kino zu begeistern. Hinzu kam, dass viele aufwendige Produktionen mehrfach verschoben wurden, um unter Pandemie-Bedingungen keinen Flop zu riskieren. Immer wieder wurden daher nicht ganz aktuelle Filme bzw. kleinere Produktionen ins Programm genommen, die ohnehin über ein begrenztes Publikum verfügen.
„Bei null beginnen“. Dass es „von Lockdown zu Lockdown schwieriger wurde, die Kinosäle voll zu bekommen“, bestätigt auch Mario Hueber, Geschäftsführer der Hollywood-Megaplex-Gruppe mit Kinos in ganz Österreich. „Letztlich mussten wir vier Mal bei null beginnen“, sagt er. Die „Dauerbeschallung der Bevölkerung“mit den täglichen Infektionszahlen habe dazu beigetragen, dass sich die Angst vor Ansteckungen „in den Köpfen von einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung festsetzte“. Das habe den Neustart jedesmal erschwert. „Wir merken aber wieder einen Aufwärtstrend“, sagt Hueber. „Und es wird auch Zeit. Uns allen täte es gut, vermehrt unter Menschen zu gehen und unsere Freizeit gemeinsam zu verbringen.“
Einen nennenswerten Einfluss der Teuerung auf die Bereitschaft, ins Kino zu gehen, sieht Hueber nicht, da Kino zu den günstigeren Kulturangeboten gehöre – „zu den Dingen, die man sich im Alltag als kleinen Luxus gönnt“.
Dörfler wiederum hofft insbesondere darauf, dass der „Event-Charakter“zu einer baldigen Normalisierung der Zahl der Kinobesucher führen wird. Denn der vergangene Juni habe gezeigt, dass Kino immer noch hoch im Kurs sei, wenn attraktive Filme gespielt werden und es keine Beschränkungen gibt, die einen Kinoabend trüben. Heimkinoanlagen und StreamingPlattformen könnten die Anziehungskraft des Kinos nicht jedenfalls zerstören, das habe man in der Vergangenheit mehrfach gesehen.
Es gab drei statt fünf Bühnen, pro Tag waren 10.000 statt normalerweise 50.000 Besucher mit dabei. Am Ende blieb dem Veranstalter ein Verlust, aber die Investition sei wichtig gewesen, so Reifenauer. Schließlich geht es auch um das Geschäft für viele Künstler und Dienstleister – vom Aufbau über die Technik bis zur Gastronomie und Hotellerie. „Durch Electric Love bleibt ein zweistelliger Millionenbetrag an Wertschöpfung in der Region.“
Auch heuer wird das Festival – obwohl es ausgebucht ist – keinen Gewinn abwerfen. „Wir haben mit den Eintrittspreisen von 2019 kalkuliert, haben aber die Kosten von 2022. Da wird es eng“, sagt Reifenauer. Gerade bei der aufwendigen Logistik machen sich die höheren Treibstoffpreise stark bemerkbar. Sorgen machen dem Festivalmacher aber vor allem die fehlenden Mitarbeiter. „Es haben viele Menschen der Branche den Rücken gekehrt.“Die helfenden Hände fehlen beim Bühnenaufund -abbau, bei Licht- und Tontechnik, an den Bars und bei der Security. Zwei Tage vor Festivalbeginn hat eine lang gebuchte Aufbaumannschaft kurzfristig abgesagt, Ersatz ist kaum zu finden. Es mangelt an Personal, nicht an Publikum.
» Von Lockdown zu Lockdown wurde es schwieriger, die Kinosäle zu füllen. « MARIO HUEBER
Geschäftsführer der HollywoodMegaplex-Gruppe mit Kinos in ganz Österreich