Freund und Feind
Pflanzen kommunizieren und helfen einander, etwa, indem sie Fressfeinde und Krankheiten abwehren, doch sie können auch miteinander ringen und das Wachstum anderer hemmen.
Jedem klugen Menschen ist bewusst, dass er nur wenig weiß. Die Sprache der Pflanzen beispielsweise ist etwas, mit dem sich nur die wenigsten je auseinandergesetzt haben – ja kaum jemand ahnt überhaupt, dass es so etwas wie regen Austausch untereinander und damit gezielte Kommunikation im Reich der Botanik überhaupt gibt. Einer der Ersten, der die vielschichtigen Beziehungen von Pflanzen auf wissenschaftlicher Basis studiert hat, war der längste Zeit weitgehend in Vergessenheit geratene österreichische Botaniker Hans Molisch.
Er ist der Begründer einer hochinteressanten Wissenschaft namens Allelopathie, die man vereinfacht als Lehre der Wechselwirkungen von Pflanzen durch biochemische Botenstoffe definieren könnte. Diese Naturwissenschaft wird gerade wieder entdeckt und erfreut sich steigenden Interesses. Denn wenn man weiß, wie Pflanzen einander schützen, kann man sich diese gegenseitige Hilfe zunutze machen, indem man die richtigen Partner zueinander setzt.
Hans Molisch entschlüsselte die faszinierenden Kommunikationsmuster der Pflanzen bereits in den 1920erJahren und definierte damals schon die unterschiedlichen Chemikalien, die ihnen zugrunde liegen. Doch aufmerksamen Gärtnern waren die Wechselwirkungen schon zuvor, wenn nicht als chemische Formel, so doch in empirischer Form bekannt. Denn längst schon wussten Bauerngärtnerinnen und Bauerngärtner beispielsweise, dass unter Walnussbäumen nichts gedeiht. Sie wussten nur nicht, warum. Der Grund: Nussbäume scheiden über ihre Wurzeln Substanzen ab, die, von Bodenorganismen umgewandelt, stark keimhemmend wirken.
Einen ähnlichen Abwehrmechanismus hat auch der Apfelbaum entwickelt. Er verhindert über seine Wurzeln zugleich auch, dass er sich mit seinem eigenen Nachwuchs Konkurrenz macht. Denn der Apfel, dessen Kerne keimen und zu neuen Bäumchen heranwachsen sollen, muss sehr wohl etwas weiter vom Stamm fallen. Besonders raffinierte Strategien gegen Schädlinge haben Kirschbäume ausgebildet. Werden sie von Parasiten befallen, sondern sie eine bestimmte Säure ab, die über die Luft vertragen wird und benachbarte Bäume gewissermaßen warnt. Gleichzeitig produzieren sie verstärkt Blattnektar und locken auf diese Weise möglichst viele Fressfeinde an, um der Parasiten elegant Herr zu werden. So pfiffig kann die Natur sein.
Auch gute und schlechte Nachbarn in Blumen- und Gemüsebeet kennt man seit Uromas Zeiten. So vertragen sich etwa Zwiebeln mit Karotten, nicht aber mit Bohnen. Die beiden hemmen sich gegenseitig. Besonders interessant ist, wie Pflanzen einander gesund erhalten. Denn auch das können sie. Basilikum wehrt beispielsweise durch Wurzelausscheidungen nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei Nachbarpflanzen Mehltau und ähnliche Pilzerkrankungen ab. Studentenblumen, also Tagetes, bekämpfen durch chemische Stoffe Nematoden, aber auch Konkurrenzpflanzen wie Ackerwinde, Quecke und Schachtelhalm. Dafür tun die über die Wurzeln ausgeschiedenen Substanzen wiederum Rosengewächsen wie Apfelbäumen und Rosen gut. Auf diese wirken sie wachstumsfördernd.
Natürlich kennen wir längst nicht alle Pflanzenhexereien, die sich im Lauf der Evolution herausgebildet haben. Doch vieles ist bereits entschlüsselt. Basilikum wirkt gegen Pilzerkrankungen und bakterielle Krankheiten und kann insbesondere neben Paradeisern zum Einsatz kommen. Salbei wehrt Möhrenfliege, Bohnenkäfer, Kohlweißling und Schnecken ab. Setzen Sie ihn neben Karotten, Bohnen, Kraut, Kohl und besonders heikle Schneckenfraßpflanzen. Der zarte Aromariese Dill wehrt diverse Krankheiten ab und fördert die Keimung von Saatgut, insbesondere von Karottensamen. Dill wirkt auch günstig neben Gurken, Kürbis, Kraut, Kohl, Salat und Zwiebeln. Ysop wiederum wehrt Läuse ab und eignet sich, so wie auch Lavendel, ausgezeichnet als Unterpflanzung für Rosen. Der Ysop geht mit seinen blauen Blüten mit der Königin der Blumen zudem auch eine schöne Symbiose ein.
Das vielleicht beliebteste Küchenkraut, die Petersilie, verstärkt den Reifegeschmack von Chili und Paprika, wenn sie in unmittelbarer Nähe wächst. Auch die Pfefferminze kann gegen Mehltau und Weiße Fliege wirksam werden. Weinbauern pflanzen sie deshalb gern unter die Weinstöcke. Eine ungewohnte, in den Mittelmeerländern erprobte Kombination ist auch die Tomate und die Minze. Die Ringelblume vertreibt Nematoden, Drahtwürmer, Schwarze Bohnenlaus und Blattläuse. Sie passt zwischen fast alles im Blumenund Gemüsegarten.