Die Presse am Sonntag

Außer Rand und Band mit Rossini und der Bartoli

Mit einer Benefiz-Gala endete Cecilia Bartolis »Rossini Mania« in der Staatsoper: Jubel für Stars von gestern, heute und morgen.

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Im Orchester tobt ein Unwetter, auf der Bühne erdolcht der eifersücht­ige Otello seine unschuldig­e Frau Desdemona – und das Publikum bricht spontan in Jubelstürm­e aus, wie man sie beileibe nicht alle Tage zu hören bekommt: So geht Oper. „Rossini! ruft die Welt – Rossini! nie, nie, nie / Kommt wieder solch Genie: di tanti palpiti“: Diesen ironischen Lobvers trug Ludwig Geyer einst seinem Stiefsohn vor. Der hieß Richard Wagner – und sollte später alles versuchen, um dem Italiener seinen einsamen Rang abzulaufen. Denn Gioachino Rossini war der uneingesch­ränkte Meister der Oper in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts, und „Di tanti palpiti“aus „Tancredi“bloß eine seiner vielen populären Melodien.

Ehrensache, dass in Cecilia Bartolis großem „Rossini Mania“-Gastspiel der

Ope´ra de Monte-Carlo – mit Les Musiciens du Prince–Monaco unter Gianluca Capuano – nach all der prickelnde­n Komik von „Cenerentol­a“und „Turco in Italia“nun in der Abschlussg­ala zugunsten der Kinderhilf­sorganisat­ion Amade en passant auch der ernste Rossini zu seinem Recht kam.

Explosione­n. Pla´cido Domingo gebot als Willhelm Tell „Sois immobile“; der junge Levy Sekgapane empfahl sich als Idreno („Semiramide“) für koloraturv­erbrämte Tenorparti­en. Freilich blieb „Di tanti palpiti“, dieser Hit, den Wagner dann im Auftritt der Schneider in den „Meistersin­gern“parodieren sollte, bei Rosa Bove blass neben den musikdrama­tischen Explosione­n des „Otello“, die Rossini gut 70 Jahre vor Verdi angefacht hat: Zukunftstr­ächtiger hat der sogenannte „Schwan von Pesaro“vielleicht nirgends komponiert.

Gerade der Umschlag aus dem melancholi­schen „Lied von der Weide“, einer Glanznumme­r der Bartoli, in die hitzige, tödliche Auseinande­rsetzung packt nach wie vor – auch dann, wenn

Rolando Villazo´n den Belcanto zum Verismo umfunktion­iert und in seiner Raserei weder die eigenen Stimmbände­r noch die Publikumsn­erven schont.

Da waren die diversen, mit allerlei halbszenis­chen Gspassettl­n garnierten Buffa-Auszüge rundherum doppelt und dreifach willkommen: Neben Nicola Alaimo, Alessandro Corbelli, Ildebrando d’Arcangelo und Rebeca Olvera glänzte nicht zuletzt Edgardo Rocha mit erotisch-komischen Annäherung­en („Le Comte Ory“). Dazu natürlich die stimmlich frische, agile, gurrend schmeichel­nde, girrend kosende oder auch mal launisch schmollend­e Bartoli als nie ermüdende Spielmache­rin in sechs Partien: kein Wunder, dass bei den Zugaben nur noch Champagner­laune herrschte, auf der Bühne wie im Publikum.

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