»Wir sind eine Art Feuerwehr hier«
Benedikt-Johannes Hostenkamp ist der einzige Arzt in Vorarlberg, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Er möchte in Pension gehen, die Debatte um seine Nachfolge hat hohe Wellen geschlagen. Am besten wäre es, sagt der Gynäkologe, wenn das Land seine Prax
Patientinnen eine Nummer. Es geht um die Behandlung des ganzen Menschen, die Frauen haben eine wahnsinnige Last auf den Schultern. Die Organisationsstruktur eines Krankenhauses ist für diese hochspezielle Konfliktproblematik nicht geeignet.
Aber wenn es keine Alternative gibt, dann hat doch nur ein Spital die nötige Infrastruktur für derartige Eingriffe.
Ich habe den ersten Schwangerschaftsabbruch als junger Assistent in BerlinSpandau gemacht. Zuerst habe ich mich geweigert, meine Frau war gerade schwanger, ich bin praktisch dazu gezwungen worden. Natürlich: Man kann niemanden zwingen, aber die Probezeit kann man dann auch nicht bestehen. Es entzweit das Team. Irgendwann habe ich eingesehen: Das gehört zum Leben dazu. Und habe die Eingriffe weiterhin gemacht.
Wie sind Sie dazu gekommen, Schwangerschaftsabbrüche in Ihrer Praxis durchzuführen?
Wie die Jungfrau zum Kind. Ich bin eigentlich Geburtshelfer, ich habe in Lindau eine Praxis mit Geburtshaus eröffnet, habe auch Fruchtbarkeitsbehandlungen angeboten. Aber eben auch Patientinnen im Schwangerschaftskonflikt behandelt – als anerkannte Privatklinik in Bayern konnte ich das machen. Das sprach sich dann über die Jahre herum, diese Patientinnen wurden immer mehr, während die anderen wegblieben. Die Vorarlbergerinnen kamen dazu, dann Flüchtlinge aus dem Balkan in Vorarlberg. Aber sie mussten jedes Mal ein Visum für den Grenzübertritt beantragen, für den Beratungstermin, für die Voruntersuchung, dann zur Operation. Das IFS (Institut für Sozialdienste, Anm. ) kam schließlich auf uns zu und fragte nach einer Dependance in Vorarlberg. Wir haben ein Jahr lang eine Praxis gesucht und sind im Herbst 1997 eingezogen.
Seit Sie in Vorarlberg vertreten sind, wird auch gegen Ihre Praxis protestiert. Aktivisten stellen sich regelmäßig vor Ihrer Praxis auf.
Das war auch der Grund, warum wir im ersten Haus nach elf Jahren eine Kündigung bekommen haben. Die Vermieterin sah das Haus an den Pranger gestellt. Dann ging die Suche los. Wir hatten einen Mietvertrag so gut wie fertig, dann hat der Vermieter erfahren, dass wir Abbrüche machen, und den
Vertrag storniert. Wir haben alle unsere Ersparnisse zusammengekratzt für den Kauf eines Objekts, ein Naturheilkunde-Arzt verkaufte seine Praxis. Als er erfahren hat, wer wir sind, hat auch er das Angebot zurückgezogen, er wollte auch nicht mit uns reden. In diesem Objekt hier war früher die Pensionsversicherungsanstalt, es stand fünf Jahre leer. Ich bin mir sicher, wir hätten es nicht bekommen, wenn die Zentrale nicht in Wien, also weit weg wäre.
Kam es zu problematischen Situationen?
Viele Patientinnen beklagen sich. Einmal hat eine Aktivistin eine Patientin bis ins Behandlungszimmer verfolgt. Ich habe die Person nach draußen befördert, das ist dann auch nicht mehr vorgekommen. Aber ins Haus verfolgt werden sie schon zum