FISCHERTAG
Memmingen
In in Bayern findet seit dem Mittelalter einmal im Jahr (heuer am
23. Juli) das Ausfischen statt – dabei wird der Stadtbach leergefischt. Zum Ausfischen wechselten sich früher die ab. Das Recht, hier fischen zu dürften, änderte sich im Laufe der Zeit, so musste man um die Jahrhundertwende nicht zwingend in Memmingen heimatberechtigt sein.
Frauen waren bei allen Änderungen jedoch ausgenommen.
Zünfte
in zwölf Artikeln festgehalten. Die Stadt nimmt ihre Geschichte und Tradition sehr ernst, es war auch der Verweis auf die Tradition, warum der Fischertagsverein die Verhältnisse lieber nicht ändern wollte. Dabei, so zählt es Renz auf, wurde die Satzung sehr wohl immer wieder angepasst, nur eben nicht in Richtung Gleichberechtigung.
„Nach der ursprünglichen Fassung musste man Bürgerrechte in Memmingen haben“, sagt sie. Als die Frauen auch Bürgerrechte erhielten, „wurde schon befürchtet, dass sie auch mitmachen wollen“, doch die Zeit des Nationalsozialismus hat die Frauenrechtsbewegung brutal unterbunden. Es war aus dieser Zeit, als das Ausfischen explizit nur den Männern zugestanden wurde, so Renz: „Mittlerweile springen sechsjährige Jungen hinein, aber ich durfte noch immer nicht.“
Heuer findet das Ausfischen am 23. Juli statt, die ganze Innenstadt wird zum Festgelände. Die Fischer – vom Bürgermeister und den Stadträten abwärts – dürfen die gefangenen Forellen entweder behalten oder sie geben sie zum Wiegen ab, erhalten sie dann aber nicht mehr zurück – diese Fische werden verkauft. Die Person, die die schwerste und größte Forelle zum Abwiegen bringt, die wird zum König – oder zur Königin – ernannt. Eine Ahnentafel im Vereinshaus erinnert an die vergangenen Könige, der letzte durfte dank zwei Pandemiejahren die „Krone“ungewöhnlich lang tragen. Renz sagt, sie erinnere sich an ein Bild eines Kinderfestes aus dem Jahr 1981, auf dem eine Fischerkönigin gefordert wird. „In meiner Jugend gab es immer wieder Mädchen, die reingesprungen sind, aber inoffiziell und verkleidet.
Das ist nicht mein Ding, ich will das nicht heimlich machen.“
Mit der Entscheidung, ihren Verein vor Gericht zu bringen, habe sie sich nicht nur Freunde in der 43.000-Einwohner-Stadt gemacht. Ja, man brauche schon ein dickes Fell, müsse viel an sich abprallen lassen. „Mir wurde angekreidet“, sagt Renz, „dass ich versuchen würde, den Fischertag kaputtzumachen.“Mobbing lasse sich bisweilen schwer beweisen, aber „hintenrum“erfahre sie von Sticheleien, habe auch in ihrer Praxis für Tierverhaltenstherapie Kunden verloren.
»Mir wurde angekreidet, dass ich versuchen würde, den Fischertag kaputtzumachen.«
Andererseits erhalte sie auch viel Zuspruch, auf dem Markt oder in der Fußgängerzone. Längst überfällig sei das Ganze schon gewesen, würden ihr die Leute dann sagen. Trotz – oder wegen – des Medienrummels blieben die Anmeldungen von Fischerinnen aus, Christiane Renz wird heuer die erste, aber auch die einzige Frau sein (auch die Teilnehmerinnen müssen ihren ersten Wohnsitz in Memmingen haben und mindestens fünf Jahre Mitglied im Verein sein). Es wundere sie nicht, sagt Renz, niemand wolle sich die mediale Aufmerksamkeit antun. Auch sie selbst sonne sich nicht im Rampenlicht, wie ihr das manche Memminger ankreiden wollten. Daher gibt sie – außer ihren Angehörigen und engen Freunden – auch nicht bekannt, wo genau sie in den Stadtbach neijucken wird, auf der Suche nach dem dicksten Fisch.