Blattlinie
Krise, na und? Ein Besuch bei Gemeinden, die auf Selbstversorgung in Sachen Energie setzen.
Unlängst hatte ich ein Gespräch mit einem guten Bekannten. Er war gerade auf dem Weg zu einem Nachbarschaftstreffen. In seiner niederösterreichischen Siedlung denkt man nämlich daran, gemeinsam Solaranlagen, einen Brunnen, vielleicht auch ein Feld anzuschaffen. Überlegt habe man das alles schon während der Pandemie, sagt er, aber die jetzige Krise habe noch einmal gezeigt, „dass es besser ist, wenn man unabhängig ist“.
Unabhängig sein von teurem Strom, von Gas, von Knappheit – das ist ein Traum, den vermutlich viele träumen, das heißt, sofern sie nicht in städtischen Mietwohnungen leben. Aber wie funktioniert das in der Realität, und wie sinnvoll ist es? Das „Leben“-Ressort hat sich Gemeinden angesehen, die schon früh auf Selbstversorgung im Energiebereich gesetzt haben. Duygu Özkan war in ihrem Heimatbundesland Vorarlberg unterwegs – Krumbach im Bregenzerwald etwa hat die höchste PassivhausDichte der Welt. Eva Winroither stellt die Gemeinde Walding in Oberösterreich vor, die fast das ganze Ortszentrum mit einem eigenen Biomasse-Heizkraftwerk heizt. Und Karin Schuh hat nachgefragt, wie es dem burgenländischen Güssing – einst Vorreiter in Sachen Energieautarkie – heute geht.
Dass, was im Kleinen gut klingt, im Großen nicht die beste Lösung sein muss, analysiert allerdings Matthias Auer, unser Klimaexperte. Für Menschen, die gerade bauen und das notwendige Kleingeld haben, müsse eine weitgehende Autarkie in der Energieversorgung keine Utopie sein, schreibt er. Aber: „Je größer die Einheiten werden, die sich dem Autarkieziel verschreiben, desto komplizierter wird es.“Auf ganz Österreich umgelegt habe es überhaupt keinen Sinn mehr: Eine komplette Unabhängigkeit sei „weder erreichbar noch erstrebenswert“. Passend dazu erkundet eine neue „Presse“-Serie die Versorgung der Bundeshauptstadt, Manfred Seeh traf zum Auftakt Wiens obersten „Gasmann“.