Die Presse am Sonntag

Toursieger aus der Fischfabri­k

Die Triumphfah­rt des dänischen Radfahrers Jonas Vingegaard bei der 109. Tour de France endet heute auf den Pariser Champs-´Elys´ees. Dann steht erstmals seit 1996 wieder ein Däne auf dem Siegerpode­st, dem zwar Respekt gezollt wird, der sich jedoch ob sein

- VON MARKKU DATLER

Wer die Tour de France beendet, hat Großes geschafft. 21 Etappen quer durch Frankreich unter die Räder genommen, mehr als 3350 Kilometer in den Pedalen. Qualen, Schmerz, Leid, Freude – all das quillt unbestritt­en aus jedem heraus, der heute auf den Champs-E´lyse´es die „Grande Boucle“ausrollen lässt und schließlic­h dem Sieger Tribut zollen wird. Da steht heute übrigens auch erstmals ein ganz neues Siegergesi­cht mit dem Dänen Jonas Vingegaard, der mit souveränem Stil, fantastisc­hen Antritten, Umsicht und der besten Taktik als zweiter Däne nach Bjarne Riis (1996) die 109. Auflage des Radklassik­ers gewinnen konnte.

Der 25-jährige, 60 kg schwere Profi bestand die Aufgabe über 3350 Tourkilome­ter.

Natürlich werden dann tüchtig mit Champagner die vergangene­n Wochen noch einmal betrachtet. Aber wie man auch in den Rückspiege­l blickt, an Vingegaard hat einfach kein Radweg vorbeigefü­hrt. Der 25-jährige, nur 60 Kilogramm schwere Radprofi aus dem Jumboteam meisterte die Aufgabe am besten. Ob es nur sein Talent als Radfahrer war, das Geschick manch Taktiker mitspielte, weil wichtige Helden wie Primozˇ Roglicˇ ausgefalle­n waren, oder nicht doch das „Wundermitt­el“Ketone einen größeren Beitrag dazu geleistet hatte, zeigten die nächsten Events.

Schnell, zu schnell? Ungeachtet aller Skepsis, die dem Radsport seit Jahrzehnte­n einherroll­t, lassen Zahlen durchaus aufhorchen und der Vergleich mit der belasteten Vergangenh­eit. Nach Mende kletterten Vingegaard und Pogacˇar laut climbing-records.com so flott wie Marco Pantani, Miguel Indurain und Riis beim Rekord 1995. Alpe d’Huez bezwangen die zwei Erstklassi­erten mit der schnellste­n Zeit seit Floyd Landis 2006. Was all diese Ausnahmekö­nner eint, muss nicht weiter gesondert betont sein.

Freilich ist das kein Beweis dafür, dass jetzt unerlaubte Mittel im Spiel gewesen sind. Wind, Wetter, Form, Material, Psyche, bei der Tour spielen viele Elemente mit, die sich zwischen Ausund Aufstieg befinden. Und Ketone, ein Stoff, den der Körper produziert, wenn ihm mehrere Tage lang Kohlenhydr­ate vorenthalt­en werden, sind vom Weltverban­d UCI erlaubt. Künstlich zugeführt sichern sie Leistungsf­ähigkeit und ermögliche­n längere Belastunge­n. Dass alle Rennställe diesen „Zaubertran­k“kennen, ist eher anzunehmen.

Dorsch, von sechs bis zwölf Uhr. Ging es um Sport, hatte es Jonas Vingegaard nämlich immer schon schwer. Der schmächtig­e Junge aus Jütland liebte

Fußball, doch ob fehlender Durchsetzu­ngskraft bekam er nie den Ball. Also sorgte sein Vater 2007 für Ablenkung, man besuchte die Dänemark-Rundfahrt und der Zehnjährig­e entdeckte seine Leidenscha­ft für Pedale.

15 Jahre später ist der wortkarge Profi aus Thisted Toursieger mit zwei Tagessiege­n (unvergesse­n bleibt Etappe 18, der Weg hinauf nach Hautacam, das Warten auf den gestürzten Pogacˇar, a` la Armstrong und Ullrich), und all

 ?? Imago/A.O.S ?? Sie schrieben die Geschichte der 109. Tour: Sieger Jonas Vingegaard und sein Verfolger, Tadej Pogaˇcar.
Imago/A.O.S Sie schrieben die Geschichte der 109. Tour: Sieger Jonas Vingegaard und sein Verfolger, Tadej Pogaˇcar.

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