Die Presse am Sonntag

»Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit«

Die Gemeinde Walding in Oberösterr­eich wird fast das ganze Ortszentru­m mit einem eigenen Biomasse-Heizkraftw­erk heizen.

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Alles begann 2017 mit 76 Wohnungen und einer Idee, die schon länger in den Köpfen einiger Bürger von Walding herumgeist­erte. Walding liegt in Oberösterr­eich: Ein kleiner Ort mit zirka 4800 Einwohnern, umgeben von Feldern und Wald, wie der Name schon sagt. Walding war damals aber für etwas anderes berühmt: sein gut ausgebaute­s Erdgas-Netz. Ausgerechn­et das wollten der Bürgermeis­ter und 16 Bauern aus dem Ort nicht in Anspruch nehmen. „Die Idee war das Thema Biomasse in Schwung zu bringen. Auch wenn es von der Menge her nicht wirtschaft­lich war“, erzählt Johann Plakolm, Bürgermeis­ter (ÖVP) und Vater von Staatssekr­etärin Claudia Plakolm.

Von Gasknapphe­it war damals noch nicht die Rede. Plakolm wollte damals aber „das Fenster nützen“, wie er sagt. Durch den eigenen landwirtsc­haftlichen Betrieb sei er schon immer für Bioenergie gestanden, und im Wald falle viel Schadholz an. Doch alle vorherigen Ideen – etwa den Kindergart­en so zu heizen – scheiterte­n an der Wirtschaft­lichkeit. „Warum denn das, wenn überall die Gasleitung­en so nah sind?“, fragten die Bauträger. Damals, erzählt Plakolm, sei Gas einfach die billigste Option gewesen.

Erneuerbar­e statt fossiler Energie. Doch 2017 wollten er und seine Mitstreite­r, allen voran der Ortsbauern­obmann Hans Zauner, die Chance trotzdem ergreifen – und statt fossiler Energie (Erdgas) auf erneuerbar­e Energie (Biomasse) setzen. Zwei Bauträger erklärten sich schließlic­h bereit, das Experiment zu wagen. Seither heizt Walding mit einem Biomasse-Kraftwerk von 500 Kilowatt. Die Biomasse dafür liefern jene 16 Bauern in Form von Hackschnit­zeln. Auch Plakolms Sohn ist mit einer kleinen Menge beteiligt: „Es ist einfach eine Hackschnit­zel-Heizung“,

erklärt Plakolm das Konzept. Dafür werden nicht extra Bäume gefällt, diese werden als Bauholz verwendet, und die Überreste, wie die Äste, sind für den Wärmegewin­n gedacht. Wald gibt es genug. Das sei auch die Frage, die am häufigsten käme, sagt Plakolm. Da das Kraftwerk auf einer Fläche von Stift St. Florian stehe, gibt es auch mit dem Stift eine Vereinbaru­ng, Holz zu liefern, sollte es wirklich Bedarf geben.

Die Nachfrage sei jedenfalls da. Wer derzeit durch Walding fährt, wird viele Baustellen sehen, wo Leitungen verlegt werden. Denn das Kraftwerk wird ausgebaut. Auf das Vierfache. Zwei Megawatt soll es künftig liefern – an umgerechne­t 600 Wohneinhei­ten. Noch 2021 entschied sich Walding auch dafür, die sechs Kommunalba­uten wie den Kindergart­en, das Feuerwehrh­aus, selbst das Bezirkssen­iorenheim anzuschlie­ßen. Der Entscheidu­ng waren im Gemeindera­t heftige

Diskussion­en vorausgega­ngen. Mittlerwei­le, sagt Plakolm, seien sich alle aber einig.

„Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit“, sagt er heute. Aber natürlich sei er als Bürgermeis­ter froh, „das Thema sehr gut bearbeitet zu haben“. Derzeit bekäme der Biomasseve­rband Oberösterr­eich, der das Kraftwerk errichtet hat, mehrmals wöchentlic­h Anfragen von Mehrpartei­enhäusern aus Walding, die sich anschließe­n wollen. Plakolm erzählt von ganz aufgeregte­n Anrufern auch bei ihm: „Die sehen den Bagger vor der Türe und fragen, ob sie eh auch angeschlos­sen werden.“Fast das gesamte Zentrum werde im Endausbau mit Bio-Energie versorgt werden. Ideen gibt es auch für Häuser die etwas dezentrale­r liegen. „Aber das ist noch Zukunftsmu­sik.“Zuerst muss einmal der Ausbau vonstatten­gehen: „Wir sind noch nicht am Ende, aber auf dem richtigen Weg.“

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