Sotheby’s New York im Dinofieber
Das Auktionshaus versteigert Ende Juli ein seltenes Skelett eines Gorgosaurus. Während sich Fossilien zuletzt einer steigenden Beliebtheit bei Privatsammlern erfreuen, sehen Wissenschaftler den Verkauf kritisch.
Stattliche drei Meter hoch und sieben Meter lang steht er vor dunklem Hintergrund: So dramatisch setzt das Auktionshaus Sotheby’s das Skelett eines Gorgosaurus zur Preview in der New Yorker Niederlassung in Szene. Es ist der Höhepunkt der sogenannten „Geek Week“, bei der Objekte aus Naturwissenschaft und Weltraumforschung versteigert werden, wie Dinosaurier, Mineralien oder Meteoriten.
Der Gorgosaurus durchstreifte laut Sotheby’s in der späten Kreidezeit vor etwa 77 Millionen Jahren die Erde. Das fleischfressende Raubtier war mit dem Tyrannosaurus rex verwandt, der rund zehn Millionen Jahre davor lebte. Er war zwar kleiner, hatte aber einige charakteristische Merkmale des T-Rex, wie den großen Kopf mit gezackten, messerscharfen Zähnen und kurze, zweifingrige Vordergliedmaßen. Ein ausgewachsenes Männchen konnte bis zu zwei Tonnen auf die Waage bringen, verfügte über einen ausgeprägten Geruchssinn und ein hervorragendes Sehvermögen. Paläontologen vermuten, dass der Gorgosaurus schneller und aggressiver war als sein Cousin T-Rex und in Rudeln von vier Tieren auf die Jagd ging. Außerdem hatte er eine stärkere Beißkraft von 42.000 Newton im Vergleich zu seinem Verwandten, der mit 35.000 Newton zubeißen konnte, was immer noch deutlich stärker ist als bei jedem anderen heute lebenden Tier.
Hervorragend erhalten. Der Zustand des zur Auktion gelangenden Skeletts ist bemerkenswert. So ist der Schädel besonders gut erhalten und verfügt über die drei Hauptknochen, die die Augenhöhle bilden, das Merkmal, das den Gorgosaurus vom T-Rex unterscheidet. Auch Hals-, Rücken- und Schwanzwirbel sowie das Becken sind gut erhalten.
„In meiner Laufbahn hatte ich das Privileg, viele außergewöhnliche und einzigartige Objekte in die Hand zu bekommen und sie zu verkaufen, aber nur wenige haben die Fähigkeit, so viel Staunen zu erregen und die Fantasie so zu beflügeln, wie dieses unglaubliche Gorgosaurus-Skelett“, sagt Cassandra Hatton, Sotheby’s Global Head of Science and Popular Culture.
Das Fossil wurde 2018 in der Judith River Formation in der Nähe von Havre in Montana entdeckt. Die Skelettreste blieben so gut erhalten, weil sich die
Sedimente im prähistorischen Fluss- bett, in dem es gefunden wurde, langsam um sie herum ablagerten. Ein Großteil der existierenden Fossilien des Gorgosaurus wurde in Kanada gefunden, das erste zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Alle anderen bekannten Gorgosaurus-Skelette befinden sich in
Alle anderen bekannten Gorgosaurus-Skelette befinden sich in Museen.
Museumssammlungen. Damit ist dieses auf fünf bis acht Millionen Dollar geschätzte Exemplar, das am 28. Juli versteigert wird, das erste, das in Privatbesitz gehen könnte.
„Sotheby’s blickt auf eine lange Geschichte bei der Versteigerung von Dinosaurierexemplaren zurück. Es war das erste Auktionshaus, das 1997 ein vollständiges Skelett, die berühmte
Sue, anbot“, sagt Hatton. Sue erzielte 8,4 Millionen Dollar. Der Verkauf war ein wichtiger Meilenstein auf dem Markt für Dinosaurierfossilien, denn es war das erste Skelett, das jemals auf einer Auktion verkauft wurde. Gekauft hat es das Field Museum in Chicago. Dem Museum gelang es damals, Sponsoren aufzutreiben, um Sue für seine Sammlung zu erwerben. So blieb die Dinodame der Öffentlichkeit und der Wissenschaft erhalten. Experten sehen den Verkauf von einzigartigen Skeletten kritisch, gehen sie doch der Wissenschaft verloren. Denn inzwischen haben Fossile ein Preisniveau erreicht, bei dem öffentliche Institutionen nicht mehr mithalten können.
Erst im Mai wurde von Christie’s in New York ein Skelett der Dinosaurierart Deinonychus antirrhopus für 12,4 Millionen Dollar versteigert. Der Deinonychus wurde zu einem der bekanntesten Dinosaurier der Welt, nachdem er 1993 im Blockbuster „Jurassic Park“ vorgekommen war. Das gut drei Meter lange Fossil, das den Namen Hector bekam, war vor mehreren Jahren im Wolf-Canyon, ebenfalls in Montana, ausgegraben worden und seither in Privatbesitz. Auf der Auktion löste es ein heftiges Bietgefecht aus und verdoppelte seinen oberen Schätzpreis von sechs Millionen Dollar. Auch auf der Londoner Masterpiece Anfang Juli war ein 66 bis 68 Millionen Jahre alter Triceratops-Schädel der Star der Kunstmesse und wurde schnell an einen Privatsammler verkauft.
Den bisherigen Rekordpreis für einen Dinosaurier erzielte Christie’s 2020 für das Skelett eines 67 Millionen Jahre alten T-Rex. Stan spielte 31,8 Millionen Dollar ein und vervielfachte den oberen Schätzwert von acht Millionen Dollar. National Geographic hat herausgefunden, dass Stan in Abu Dhabi gelandet ist und im künftigen Naturkundemuseum, das 2025 eröffnet werden soll, zu bewundern sein wird.