Dutzende Tote bei Demonstrationen im Iran
Die landesweiten Proteste gegen das repressive Regime in Teheran halten an. Die Regierung macht das »Ausland« verantwortlich.
Wien. Nach dem Tod einer jungen Frau in der iranischen Hauptstadt Teheran nehmen die Proteste im Land kein Ende. Berichten iranischer Staatsmedien zufolge sind (Stand: Samstagmittag) mindestens 35 Menschen getötet worden. Zunächst hatten die Behörden die Zahl der Toten mit 17 beziffert. Aktivisten gingen schon am Freitag von zumindest 50 Toten aus. Mehr als 700 Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge festgenommen.
Die Proteste, die sich längst auf das ganze Land ausgeweitet haben, waren durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini am 16. September ausgelöst worden. Sie hatte, wie berichtet, angeblich ihren Hidschab in der Öffentlichkeit nicht korrekt getragen und ist mutmaßlich durch die Gewalt der sogenannten Sittenpolizei ums Leben gekommen. Das Tragen des Schleiers ist für Frauen im öffentlichen Raum im Iran Pflicht. Nach ihrer Festnahme war Amini unter ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammengebrochen, drei Tage später wurde sie im Spital für tot erklärt. Menschenrechtsaktivisten zufolge war die junge Frau so schwer misshandelt worden, dass sie nach mehreren Tagen im Koma ihren Verletzungen erlag. Der offiziellen Version der Polizei zufolge hatte sie einen Herzanfall erlitten. Die Polizei geht mit voller Härte gegen die Demonstranten vor, das Internet wurde gedrosselt beziehungsweise gesperrt. Viele Frauen nehmen aus Protest im öffentlichen Raum ihre Kopftücher ab und riskieren damit Haft oder Misshandlungen.
Aminis Vater hatte den offiziellen Bericht der Gerichtsmedizin kritisiert: Seine Tochter habe keinerlei Herzprobleme gehabt und könne daher nicht an Herzversagen gestorben sein.
Auch in der Nacht auf Samstag sollen laut zunächst noch unbestätigten Informationen Zigtausende Menschen gegen das islamische Regime auf die Straße gegangen sein. Die Regierung in Teheran behauptet, dass die Demonstrationen vom „Ausland“und von iranischen Exil-Gruppen gesteuert würden, um das Land zu schwächen oder gar die Regierung zu stürzen. Der iranische Geheimdienst will laut den Behörden mehrere Bombenanschläge vereitelt haben.