MoMA lässt Meisterwerke für Digitalprojekt verkaufen
Philantrop. Die Stiftung von CBS-Gründer William Paley hat Sotheby’s mit dem Verkauf von Werken beauftragt, deren Erlös dem MoMA zugutekommt.
Am 14. Oktober versteigert Sotheby’s in London das Triptychon „Three Studies for Portrait of Henrietta Moraes“von Francis Bacon. Der Schätzpreis liegt bei mindestens 30 Millionen Pfund. Es stammt aus der Sammlung des CBS-Gründers und langjährigen Vorsitzenden des Museums of Modern Art (MoMA) in New York, William S. Paley. Es ist das erste einer Reihe von Werken aus dieser Sammlung, die in nächster Zeit vom Auktionshaus in
London und New York versteigert werden. Das ist noch nicht weiter ungewöhnlich. Interessanter wird es, wenn man weiß, dass sich die Gemälde und Skulpturen von Künstlern wie Picasso, Renoir oder Rodin seit dem Tod Paleys im Jahr 1990 als Leihgaben im MoMA befinden. Der auf mindestens 70 Millionen Dollar geschätzte Verkaufserlös soll dem MoMA zugutekommen, um damit das ambitionierte Digitalprojekt vorantreiben zu können sowie Ankäufe zu finanzieren. In der Regel sind Museen mit Kritik und Diskussionen konfrontiert, wenn sie beschließen, Werke aus ihren Sammlungen zu verkaufen. Doch die Stiftung, die zur Verwaltung der Sammlung gegründet wurde, sollte ihr und dem Museum mehr Flexibilität geben. Paleys Idee war es, der Stiftung zu ermöglichen, zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden, wie die Stiftung die Gemälde am besten zum Nutzen des Museums einsetzen kann. „Ich weiß, wie sehr meinem Freund Bill Paley das MoMA am Herzen lag und mit welcher Hingabe er sich für dessen Förderung einsetzte. Mit dieser Initiative wird die Stiftung seinen Wunsch ehren und seine Vision für das MoMA fortführen“, zitiert Sotheby’s den Stiftungsvorsitzenden Henry Kissinger in einer Aussendung.
Das MoMA ist wie viele Museen seit der Pandemie mit einem Besucherrückgang konfrontiert. Verzeichnete das Museum vor Corona noch drei Millionen Besucher pro Jahr, waren es 2021 nur 1,65 Millionen. Dafür boomten die Zugriffe über die Website, YouTube und Social-Media-Kanäle, über die insgesamt 35 Millionen Menschen
erreicht wurden. Deshalb will das Museum seine Onlinepräsenz verbessern und sogar einen eigenen Streamingkanal entwickeln. Im Interview mit dem „Wall Street Journal“denkt MoMA-Direktor Glenn Lowry laut darüber nach, einen Teil des Erlöses auch in den Kauf von NFTs zu investieren. Bisher hat das Museum den Hype rund um NFTs ausgelassen und wartet die Entwicklung vorerst ab.
Fehlen werden die Werke den MoMA-Besuchern jedenfalls nicht, denn keines davon war ausgestellt. Die meisten Museen zeigen nur einen Bruchteil ihrer Sammlungen. So gesehen könnte die Digitalisierung sogar dabei helfen, mehr Arbeiten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Paley hat die Stiftung flexibel gestaltet, sodass das MoMA auch Werke verkaufen kann.
Marktfrisch. Der Auftakt der zur Versteigerung gelangenden Werke ist mit Bacons Triptychon gut gewählt. Der Markt liebt Bacons Triptychen. So sind die drei teuersten Arbeiten des Künstlers alle Triptychen. „Three Studies of Lucian Freud“hält mit 127 Millionen Dollar, erzielt 2013 von Christie’s, den Rekord. „Three Studies for Portrait of Henrietta Moraes“kommt zum ersten Mal auf den Markt. Paley kaufte es 1963, nur wenige Monate nach dem es gemalt wurde, von der Marlborough Gallery. Es ist also marktfrisch.
Neben Bacon zählt Pablo Picassos „Guitare sur une table“von 1919 zu den Spitzenwerken, die versteigert werden. Es wird am 14. November im Rahmen des Modern Art Evening Sales in New York mit einem Schätzpreis von 20 bis 30 Millionen Dollar aufgerufen. Der Kubismus gilt als Picassos wichtigster Beitrag zur modernen Kunst. „Es zeugt von Paleys Vorliebe für die moderne Kunst in ihrer einfallsreichsten
Wichtige Werke aus Picassos kubistischer Phase kommen sehr selten auf den Markt.
und radikalsten Form, dass ein Werk aus dieser Periode von Picassos Schaffen das Herzstück seiner Sammlung ist und seit seinem Erwerb im Jahr 1946 viele Jahrzehnte lang in seinem Schlafzimmer hing“, schreibt Sotheby’s. Während Gemälde aus anderen Schaffensperioden Picassos häufig auf dem Auktionsmarkt sind, kommen seine kubistischen Gemälde selten auf den Markt, weil sich praktisch alle bedeutenden Werke dieser Periode in Museen befinden. Zu den weiteren Höhepunkten gehören „Les Fraises“von Renoir, das auf drei bis vier Millionen Dollar geschätzt ist und Andre´ Derains „Bords de Seine a` Chatou“, das 2,5 bis 3,5 Millionen Dollar bringen soll.