Unerkannte Missstand
Situation verschlechtert, schon davor sei es aber „notwendig gewesen, Personalressourcen sowie Aus- und Weiterbildungen zu verstärken“. Auch Betreuerinnen und Expertinnen sind sich einig, dass die vorhandenen Probleme bereits seit Jahren bestehen. Die Coronapandemie werde als Ausrede verwendet, meint etwa Clara F. Tatsächlich seien Betreuerinnen in Wohngemeinschaften bereits seit Jahren allein im Dienst.
Auch in der Forschung gibt es Defizite. So beklagt Christina Lienhart etwa, dass es in Österreich keine systematische Forschung und nur unzureichende statistische Daten zur Kinderund Jugendhilfe gebe. Oftmals müssten Daten aus anderen Ländern hergenommen werden, um Aussagen treffen zu können. Die Lösung für das Debakel ist für Lienhart klar: „Nicht Kinder und Jugendliche in extrem belastenden Lebenslagen müssen sich an die Strukturen anpassen, sondern die Strukturen an die Kinder und Jugendlichen.“Grundlegende Änderungen der Rahmenbedingungen müssen her und vor allem: mehr Geld. Auch die Anzahl der Ausbildungsplätze müsse dringend erhöht werden.
Ohne grundlegende Änderungen drohen gravierende Probleme. » Strukturen müssen sich an Kinder anpassen, nicht umgekehrt. « CHRISTINA LIENHART
Wie viele Fachkräfte in der Kinderund Jugendhilfe in Österreich fehlen, könne man nicht genau sagen, heißt es vonseiten des Österreichischen Berufsverbands der Sozialen Arbeit (OBDS). Denn es gibt einerseits keine detaillierten Angaben zu der Zahl der Fachkräfte im Bereich der Sozialpädagogik bzw. der Sozialarbeit. Andererseits würden viele Stellenausschreibungen nicht über das AMS, sondern über Onlineportale erfolgen. Wenn man diesen
Lektorin für Soziale Arbeit an der MCI-Hochschule in Innsbruck
Markt allerdings beobachte, werde deutlich, dass ein massiver Personalmangel sowie eine hohe Personalfluktuation bestünden, so der OBDS.
Vorhandene Forschung zeigt Lienhart zufolge, dass die Soziale Arbeit „Großartiges leisten kann“, wenn die notwendigen Bedingungen vorhanden sind. Fatal wäre es jedoch, wenn der ganze Bereich in Verruf geraten würde. Dann könnten nämlich zusätzlich zu den prekären Arbeitsbedingungen noch Hilfen wegfallen, etwa Spendengelder. Es sei „nicht alles dramatisch“, man müsse es differenziert betrachten, betont Lienhart. „Es gibt sehr viele, die von der Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe profitieren“, sagt sie. Aber: Die Anforderungen an den Bereich würden immer höher werden. Gibt es nicht bald grundlegende Änderungen, so drohen der Expertin zufolge „gravierende sozioökonomische Probleme in der Zukunft“.
*Name von der Redaktion geändert
Herzlich willkommen! Eine solche Begrüßung hat es hier früher kaum gegeben. Damals, als in dem markanten Gebäude am Praterstern noch die Polizei untergebracht war. Die hat ja eine neue Heimstätte, noch näher am Bahnhof, der auch gern als Brennpunkt bezeichnet wird. Und im alten Gebäude aus den 1980ern ist mit dem Pure nun ein Restaurant eingezogen. Eines, das auf vegetarische Speisen setzt – und das inmitten des Verkehrsknotenpunkts noch ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt. Aber der Platz soll ja jetzt – auch wenn man es nicht wirklich merkt – grüner und lebenswerter sein, sagt zumindest die Stadt Wien. Also legt sich das mit dem Fremdkörperdasein vielleicht noch.
Die Neugestaltung hat dem Gebäude jedenfalls einiges an Leichtigkeit geschenkt, offene Glasfronten lassen einen Blick nach innen zu – und umgekehrt natürlich auch auf das Treiben außen. Im Inneren eines Kreisverkehrs ist natürlich immer viel los. Und wenn die Straßenbahn um die Kurve rattert, spürt man die Vibration sogar ein bisschen. Aber im offenen und holzlastigen Ambiente fühlt man sich dennoch gut aufgehoben. Gut, die Tische für zwei Personen sind ein bisschen klein. Dafür ist der Blick auf die offene Küche spannend. Und auf die Vitrine mit Süßigkeiten. Womit wir beim Essen wären. Die Variation aus Tapas (11,80 Euro) mit unter anderem Ziegenkäsepralinen, gegrillten Pilzen und Arancini, serviert mit warmem Krustenbrot, ist ein guter Start. Die Soba-Buchweizen-Nudeln in Curry-Koriander-Sud (16,80 Euro) sehr spicy – und der Kellner bringt dann auch einen Löffel vorbei, damit man die Sauce am Ende noch auslöffeln kann. Das Herbstgemüse im Pergamentpapier (14,80 Euro) ist ein simples Gericht, das aber sowohl von der Präsentation als auch vom Geschmack funktioniert. Und der vegane Apfelstrudel (6,50 Euro) mit Vanilleeis ist ein würdiger Abschluss. Fazit: Alles andere als Fast Food – und ein guter Kontrapunkt zum hektischen Praterstern.
Pure am Praterstern. Praterstern 2, 1020 Wien, Mo–So 8–22.30 Uhr, 0664 88 50 23 80, www.purerestaurant.at