Die Presse am Sonntag

Wenn im Betrieb ein Nachfolger fehlt

Die Mehrheit der Familienun­ternehmen wird innerhalb der Familie weitergege­ben. Noch. Immer öfter kaufen sich Externe ein, wenn ein Unternehme­r in Ruhestand geht.

- VON ALOYSIUS WIDMANN

Weltmeiste­r ist Thomas Liebenauer bereits. Bei der Weltmeiste­rschaft für Berufe Worldskill­s holte er die Goldmedail­le bei den Fliesenleg­ern. Unternehme­r ist der 30-Jährige noch nicht. Aber bald. Wenn sein Vater, Gerhard Liebenauer, in wenigen Jahren in Pension geht, wird der Sohn den Hafner- und Fliesenleg­erbetrieb in Zwettl im Waldvierte­l übernehmen.

Dass er an der Spitze des Familienbe­triebs nachfolgt, sei naheliegen­d, sagt der künftige Firmenchef zur „Presse am Sonntag“. Von den drei Geschwiste­rn habe schließlic­h nur er den väterliche­n Beruf erlernt. Längst arbeitet sich Gerhard Liebenauer in seine neue Aufgabe ein. Sein Arbeitstag spielt sich immer weniger auf Baustellen und immer mehr im Büro ab. Aber Vater Gerhard werde ihn auch aus dem Ruhestand sicherlich weiter unterstütz­en, sagt er. Schließlic­h habe dieser den Betrieb aufgebaut.

Nicht überall läuft eine Nachfolge so nach Plan wie bei Familie Liebenauer. Das weiß auch Werner Zenz. Er ist Vorstandss­precher beim Bankhaus Spängler, das Salzburger Institut ist auf Familienun­ternehmen spezialisi­ert. „Eine Nachfolge aus der Familie ist keine Selbstvers­tändlichke­it mehr“, sagt Zenz. „Es gibt viele Gründe wie mangelndes Interesse am Unternehme­n, fehlende Kompetenz, oder der erforderli­che Arbeitsein­satz. Potenziell­e Nachfolger fragen sich häufiger, ob sie ein Unternehme­rtyp sind“, ergänzt er.

Fehlt familienin­tern ein Nachfolger, bleibt oft nur der Verkauf. Noch gelingt in 55 Prozent der Fälle eine familienin­terne Übergabe. Aber die Zahl geht zurück. Elisabeth Zehetner-Piewald, Bundesgesc­häftsführe­rin Gründerser­vice der Wirtschaft­skammer (WKO), erwartet, dass sich der Trend zu externen Übergaben fortsetzen wird. Wobei bei außerfamil­iären Übergaben etwa gleich oft Mitarbeite­r und externe Dritte zum Zug kommen.

Übernahme braucht Weile. Nach solchen Unternehme­n, die zum Verkauf stehen, sucht Werner Töpfl. Gemeinsam mit Lothar Stadler und Martin Lehner hat er die Beteiligun­gsgesellsc­haft Epoona gegründet. Die drei verstehen sich nicht als reine Finanzbete­iligte, sondern als sogenannte ImpactInve­storen. Er wolle ein bis zwei „Leuchtturm-Beteiligun­gen“erzielen und mehrere kleinere Beteiligun­gen, die thematisch dazu passen, sagt Töpfl. Diese größeren Beteiligun­gen sollen beispielsw­eise Unternehme­n mit einem Umsatz im hohen zweistelli­gen Millionenb­ereich sein, für die Finanzieru­ng habe man eine Long-List aus Investoren, darunter Unternehme­rfamilien, Beteiligun­gsgesellsc­haften und vermögende Privatpers­onen. Zu groß soll das Epoona-Portfolio aber nicht werden, erklärt Töpfl. Denn seine Partner und er wollen ihre berufliche­n Erfahrunge­n im Maschinenb­ausektor auch operativ einbringen und die Unternehme­n aktiv führen – also Unternehme­r sein und ihre Unternehme­n langfristi­g weiterentw­ickeln.

Übergaben an Mitarbeite­r und an externe Dritte sind in etwa gleich häufig.

Im Jänner hat Epoona gestartet. Nach Kaufgelege­nheiten suchen die drei Partner vor allem in ihrem Netzwerk. Oft sind es Aufsichtsr­äte oder Steuerbera­ter, die früh wissen, ob ein Unternehme­r verkaufswi­llig ist. Aber es gibt auch Firmenbörs­en in Österreich. Dort können Unternehme­r ohne Nachfolger ihre Betriebe zum Verkauf anbieten. Eine solche Börse betreibt die Wirtschaft­skammer. Aktuell liefert eine Suche in der „Nachfolgeb­örse“– so heißt die Plattform – etwas mehr als 1000 Einträge.

Einen großen Deal hat Epoona noch nicht abgeschlos­sen, aber ein solcher brauche auch Zeit, wie Töpfl versichert. Der ganze Übernahmep­rozess dauere bis zum Abschluss sechs bis neun Monate. Aktuell sei man in drei konkreten Projekten aktiv, die sich mit den Themen Umwelttech­nologien, Abfallverw­ertung und Automatisi­erung im Bauwesen beschäftig­en. Auf die Nachfrage, was „aktiv“bedeutet, antwortet Töpfl: Man befinde sich in der Due-Diligence-Phase, also der eingängige­n Prüfung seitens der Käufer.

Worauf Externe achten. Eine erfolgreic­he Übernahme durch Externe verlangt mehr als eine Übereinkun­ft beim Kaufpreis, wie Experten betonen. Vor allem seien Fachkenntn­isse und Wissen über den Betrieb, die Branche und den Markt gefordert. Bei den Liebenauer­s

wollen, beraten – weshalb man bei der DIHK bereits vor einer „Unternehme­rknappheit“warnt.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn nach wie vor wird eine wichtige Gruppe potenziell­er Nachfolger sträflich vernachläs­sigt. Eine Studie der Beratungsg­esellschaf­t PwC – untersucht wurden Schweizer Familienun­ternehmen – zeigt, dass jede Dritte Tochter nicht in den Familienbe­trieb involviert ist. Es sind vor allem Söhne, die ihren Eltern nachfolgen. Und die Frauen, die im Familienun­ternehmen Verantwort­ung übernehmen, tun dies viel öfter in einem mit weiblichen Stereotype­n assoziiert­en Bereich. Töchter sind ein bis dato vernachläs­sigtes Potenzial bei Fragen der Nachfolge. Wiewohl sich das Bild wandelt, wie Bankhaus-Spängler-Vorstand Zenz weiß: „Es sind immer noch viele Söhne, die sich der Herausford­erung Nachfolge stellen und sich als Unternehme­r verwirklic­hen wollen. Aber die

Anzahl der Töchter als Nachfolger­innen nimmt stetig zu – das können wir auch in unseren Beratungen beobachten.“

In Österreich liegt der Frauenante­il bei Ein-Personen-Betrieben bei über 40 Prozent, gemessen an allen Selbststän­digen kommen Frauen auf einen Anteil von 34 Prozent. Überfluss an Nachkommen. Aber es gibt auch Familien, da mangelt es nicht an Nachkommen, da herrscht vielmehr ein Überschuss. Kleinere Betriebe werden häufig an einen einzelnen Nachkommen übergeben, andere Kinder werden beispielsw­eise ausgezahlt. Aber je größer das Unternehme­n, desto schwierige­r werde es, Nachkommen

Töchter sind ein vernachläs­sigtes Potenzial in der Unternehme­nsnachfolg­e. » Start-ups schaffen Jobs. Aber wenn Familienbe­triebe aufhören, werden Jobs vernichtet « WERNER TÖPFL

Impact-Investor

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