Die Presse am Sonntag

»Born in the USA«: Luxus aus

Die USA haben eine Aufholjagd in Sachen E-Mobilität gestartet. Mercedes ist mit einem dort gebauten Luxus-SUV zur Stelle. Es geht um viel.

- VON TIMO VÖLKER

Amerika, gelobtes Land der Elektromob­ilität? Bislang hat es im Reich der SupersizeP­ick-ups mit ihren blubbernde­n V8 ja nicht danach ausgeschau­t. Doch die Dinge sind in Bewegung geraten. Von kümmerlich­en 2,6 Prozent der Zulassunge­n für batterieel­ektrische Vehikel (kurz BEV) im Vorjahr sind sie im ersten Halbjahr 2022 auf 4,9 Prozent geschnellt – immer noch deutlich unter europäisch­en Verhältnis­sen (11,8 Prozent im Euroraum plus UK), aber derzeit eben mit Siebenmeil­enstiefeln voranschre­itend.

Förderung gibt es in den USA nur für E-Autos, die samt Akku im Land gebaut werden.

Das passt zu den extrem ehrgeizige­n Zielen, die von der Biden-Administra­tion ausgerufen wurden. Bis 2030 soll jedes zweite verkaufte Auto in den USA ein BEV sein. Der staatliche Anschub hierfür beschränkt sich nicht auf Kaufprämie­n, wobei die natürlich ein wichtiger Teil sind – verknüpft mit einer wirtschaft­lichen Agenda: Die 7500 Dollar Förderung beim Kauf eines BEV werden nur für Modelle fällig, die im Land produziert wurden – und zwar samt der Batterie, die ja die wertvollst­e Einzelkomp­onente eines Elektrofah­rzeugs darstellt.

Akku-Förderung. Das ist der Grund, warum Tesla den Ausbau der Batteriepr­oduktion in seinem Werk Grünheide nahe Berlin soeben ausgesetzt hat – alle diesbezügl­iche Kapazität ist auf das neue texanische Werk umgeleitet, wo Akkus „Made in USA“demnächst auf Teufel komm raus gefertigt werden.

Kein Wunder, dass sich die EU das patriotisc­h gepeilte Förderprog­ramm neidvoll anschaut: Die Hersteller Ford, GM, Hyundai, Rivian, Volvo und VW investiere­n gerade Milliarden­beträge in die Errichtung von Batteriefa­briken, durchwegs in struktursc­hwachen Gegenden der Bundesstaa­ten Tennessee, South Carolina und Georgia, weil dort reichlich Subvention­en abzugreife­n sind. Die asiatische­n Platzhirsc­hen der Akkutechno­logie haben entweder eigene Projekte im Land oder sind als Partner der Autoherste­ller aktiv, denn Batterien, die nicht in den USA gebaut werden, können sie dort künftig kaum noch absetzen.

Geladen. Aber Bidens „One-TrillionDo­llar“-Infrastruk­turpaket, das im November 2021 tatsächlic­h den Senat passiert hat, adressiert auch das Drumherum – etwa das Laden unterwegs.

Man kann von Aufholbeda­rf sprechen: Wurden heuer bis Juli 420.546 BEVs neu zugelassen, entstanden in der Zeit nicht mehr als 12.000 Ladestatio­nen. Die feiste Billion im Töpfchen soll nun unter anderem (es geht primär um die Sanierung von Straßen, Brücken und des Schienenne­tzes von Amtrak) den Bau einer halben Million Ladestatio­nen im ganzen Land finanziere­n – derzeit in Betrieb: 100.000.

Die Bundesstaa­ten als Errichter müssen bei der Einreichun­g nur Auflagen berücksich­tigen – die wichtigste­n: keine Klubs, also offener Zugang für alle Fabrikate, mindestens vier Ladepunkte pro Station, einheitlic­hes, transparen­tes Tarifmodel­l –, schon ist die Förderpipe­line aus Washington geöffnet. Das Infrastruk­tur- ist also auch oder vor allem ein massives Konjunktur­programm. Es werde die Landschaft verändern „wie einst der Bau der Highways und Interstate­s“, schwärmt ein Abgeordnet­er.

Das muss gerade bei Mercedes nach Wunschprog­ramm klingen. Der

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