Die Weltordnung nach Carlsen
Noch hat Magnus Carlsen keinen Beweis für Betrug geliefert. Rührt die plötzliche Eskalation von größeren Plänen? Derweil gastiert der Schach-Weltmeister in Tirol – ohne Allüren.
Eine Werbewirkung dieser Größenordnung lässt sich nicht planen, das globale Interesse nimmt man im beschaulichen Mayrhofen im Zillertal aber gern an. Verantwortlich dafür ist Magnus Carlsen, weithin als bester Schachspieler der Geschichte erachtet, seit 2013 Weltmeister, und mit selbstbewusst bis unterkühlt wirkender Präsenz eine Marke weit über die 64 Felder hinaus. Am heutigen Sonntag kommt der Norweger in Tirol an, der Europacup-Auftritt mit seinem Team Offerspill Chess Club ist der Anlass seiner Reise, jedoch nicht der Grund für die zahlreichen Medienanfragen aus aller Welt beim Turnierveranstalter. Es ist vielmehr der kürzlich klar ausgesprochene Betrugsvorwurf gegen den US-Amerikaner Hans Niemann, der seit Wochen nicht nur die Schachwelt (Stichwort Analkugeln) in Atem hält.
Mitte August spielte Carlsen noch PR-tauglich am Strand von Miami mit Niemann.
Wer einen Blick auf den Superstar erhaschen will, hat in den ersten Tagen der Wettkämpfe (3. bis 9. Oktober) wohl in der Natur die besten Chancen. Carlsen betätigt sich auch gern klassisch sportlich, zumal sich am Schachbrett die besten Spieler traditionell erst gegen Ende hin messen. Offizielle Medientermine sind trotz der hohen Nachfrage nicht geplant, das ist keineswegs Allüren des 31-Jährigen geschuldet, sondern Usus, um die Konzentration der Spieler nicht zu stören. Denn so stoisch-grimmig und gnadenlos der Weltmeister am Brett auftritt, so freundlich bis unkompliziert begegnet er den Organisatoren: Ein eigener Transport für sich und seine Teamkollegen vom Flughafen statt des Sammelbusses war Carlsens einziger deponierter Wunsch.
In Mayrhofen ist ein Wiedersehen der Kontrahenten ausgeschlossen, Niemann steht im Aufgebot der US-Meisterschaften in St. Louis (ab 5. Oktober). Nicht mehr speziell nachgeschärft wurden die ohnehin strengen Sicherheitsmaßnahmen im Zillertal: Neben Metalldetektoren werden die Partien zeitverzögert übertragen und über 100 pro Tag von einem Programm des Weltverbandes (Fide) auf Betrug geprüft, ein Schiedsrichterteam vor Ort wacht bis hin zu den Toilettengängen und kontrolliert im Verdachtsfall mit Handscannern nach. Wonach man genau suchen sollte, ist ohnehin die zentrale Frage, die nach wie vor offen ist: Wie soll Niemann betrogen haben? Solange Carlsen keine konkreten Beweise vorlegt, muss er sich – trotz gegenteiliger Beteuerungen – den Vorwurf gefallen lassen, sich selbst wichtiger als den Sport zu nehmen. Zumal es eine höchst abrupte Eskalation war.
Carlsens Sinneswandel. Noch Mitte August zeigte sich Carlsen mit Niemann beim FTX Crypto Cup (auch dort unterlag ihm der Weltmeister einmal mit Weiß), PR-tauglich sogar Schach spielend am Strand von Miami, ganz ohne jegliche Animositäten. Seither rätselt die Szene, was in der kurzen Zeit bis zum Eklat vorgefallen ist. Niemann selbst ließ in seiner ersten emotionalen Rechtfertigung nach Carlsens Rückzug mit einem größeren Zusammenhang aufhorchen. „Die drei größten SchachRiesen, Hikaru (Anm. US-Großmeister Nakamura, 1,4 Mio. Twitch-Follower) Magnus und chess.com, fahren jetzt einen gezielten, koordinierten Angriff gegen mich“, sagte der US-Amerikaner. Rührt Carlsens plötzlicher Angriff auf Niemann also womöglich von Informationen durch chess.com?
in der Königsdisziplin sind besorgniserregend. Und womöglich hat sogar ein Marcel Hirscher dazu beigetragen, weil mit ihm als Überfigur Slalom und Riesentorlauf sehr präsent waren. „Wir müssen die Abfahrtskultur wieder hochleben lassen“, erklärt Pfeifer.
Rookie. In der Zwischenzeit steht auch Technikspezialist Marco Schwarz im Rampenlicht. Dem Slalomkugelgewinner und Kombinationsweltmeister wird seit jeher ein ausgeprägtes SpeedGen nachgesagt. „Er ist 27, wenn wir jetzt nicht den Schritt Richtung Abfahrt machen, wäre es schade“, sagt Pfeifer. Das Unternehmen Speed war schon für vergangenen Winter angedacht gewesen, dann kam eine Verletzung dazwischen. Im November aber wird Schwarz das traditionelle Speedcamp in Copper Mountain, Colorado mitmachen. Das soll weitere positive Effekte bringen: Auch der Kärntner soll den Druck auf die Speedspezialisten erhöhen und könnte mit zusätzlichen
Wo früher die Messer gewetzt wurden, soll nun ein neuer Teamgeist Einzug halten.
Punkten in Abfahrt und Super-G ins Rennen um den Gesamtweltcup einsteigen. „Er ist motiviert, es hat ihm bisher viel Spaß gemacht“, sagt Pfeifer. „Wir schauen, dass er über den Super-G Fuß fasst, dann ergeben sich die weiteren Dinge. Er muss erst die Strecken kennenlernen. Und er muss sich auch den Startplatz verdienen, geschenkt bekommen wird er nichts.“
So bleibt fürs Erste Olympia-Rekordler Matthias Mayer die teaminterne Zielscheibe bei der Tempojagd. Neuer ÖSV-Mannschaftsgeist hin oder her. Kriechmayr sagt: „Wenn ich der Beste in Österreich bin, habe ich zumindest den Mothe geschlagen, und dann bin ich meistens eh schon ziemlich weit vorn dabei.“