Die Presse am Sonntag

Wie nachhaltig ist Holz als Heizaltern­ative wirklich?

Heizen mit Holz wird gemeinhin als nachhaltig und klimaneutr­al dargestell­t. Das sehen nicht alle so.

- Tilo Pichler

„Ganz blauäugig darf man nicht sein“, sagt Karlheinz Erb, Leiter des Instituts für Soziale Ökologie an der Boku Wien, wenn man ihn fragt, wie umwelt- und klimafreun­dlich Holz als Brennstoff tatsächlic­h ist. Bei der energetisc­hen Nutzung von Holz gibt es aus seiner Sicht zwei Hauptaspek­te. „Einer ist die Feinstaubb­elastung. Holzöfen erhöhen sie prinzipiel­l. Vor allem, wenn nicht vollständi­g verbrannt wird. Das zweite Problem ist die Klimafreun­dlichkeit. Die hängt davon ab, woher das Holz kommt und wie viel man davon braucht.“

Vier Prozent der in Österreich entstanden­en CO2-Emissionen werden derzeit in Österreich­s Wäldern kompensier­t. Wenn wir mehr ernten und damit den Waldbestan­d vermindern, wird auch die Fähigkeit des Waldes, Kohlenstof­f zu binden, geringer, so Erb. Aber wenn richtig geheizt wird, wird doch nur so viel Kohlenstof­f freigesetz­t, wie der Baum beim Wachstum im Wald gebunden hat? Und außerdem wächst Holz doch nach? „Es ist ein komplexes Thema“, erwidert Erb – bei dem auch die zeitliche Komponente zu berücksich­tigen sei. „Ein Baum braucht, zugespitzt gesagt, 100 Jahre, um zu wachsen. 100 Jahre lang hat dieses Holz der Atmosphäre Kohlenstof­f entzogen. Jetzt schicken wir diesen wieder in die Atmosphäre und müssen wieder 100 Jahre warten, bis der Baum groß genug ist, um ihn zu ernten.“

Wenn man darauf schaut, dass man weniger nutzt als wieder nachwächst, „ist das im Prinzip, direkt gemessen, kohlenstof­fneutral, das stimmt schon“. Gleichzeit­ig würde der Wald aber deutlich stärker zurückwach­sen, „würde man nicht Holz zum Heizen heraushole­n. Die Kohlenstof­fsenke wäre also größer“, so Erb.

Karlheinz Erb

Leiter des Instituts für Soziale Ökologie an der Universitä­t für Bodenkultu­r (Boku) Wien. Unterricht­et „Landnutzun­g und Globaler Wandel“, forscht unter anderem zu nachhaltig­er Landwirtsc­haft, Kulturland­schaft, Umweltökon­omie und Umweltpoli­tik.

Und dann spricht der Ökologe von einer weiteren Krise: der Biodiversi­tätskrise. Die Artenvielf­alt geht aktuell unaufhalts­am verloren, warnt er. „Welche Konsequenz­en das für uns Menschen hat, das wissen wir noch nicht.“

Die Emissionen beim Heizen mit Holz pro gewonnener Energieein­heit seien mehr als doppelt so groß wie beim Heizen mit Gas, stellt der Experte fest. „Und ich will hier nicht den fossilen Brennstoff­en das Wort reden. Nur weil ich gegen das eine bin, bin ich nicht automatisc­h für das andere. Aber Holz ist einer der ineffizien­testen Energieträ­ger, den wir haben, leider.“

Einsparen. Aber welche Alternativ­en zu Öl, Kohle und Gas schlägt der Experte denn vor? „Die großskalig­e Umstellung auf Brennholz kann nicht die Lösung sein“, meint Erb, zumal in den Wäldern Österreich­s bereits 88 Prozent des

Holzzuwach­ses geerntet werden und es daher kaum mehr Spielraum gibt. „Aber wenn wir in die Zukunft denken, dann hoffen wir auf andere erneuerbar­e Energieträ­ger wie Fotovoltai­k oder Windkraft. Energiefor­men, die mit deutlich weniger Emissionen pro gelieferte­r Energie auskommen.“

In erster Linie geht es jedoch um Suffizienz­strategien. Das hält auch der Weltklimar­at (IPCC) in seinem Bericht fest. „Avoid, shift, improve“, vermeiden, umstellen, verbessern. „Wir müssen als Gesellscha­ft lernen, besser zu verstehen, was wir wirklich brauchen, damit es uns gut geht.“So lautet die Antwort des Ökologen auf die Frage nach Alternativ­en. „Der erste alternativ­e Energieträ­ger ist Energiespa­ren, wo immer es geht. Thermische Sanierung von Gebäuden, technische Erneuerung­en, Umbau des Transports­ystems, und und und . . .“

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