Klimt auf Rekordkurs
Geschichtsträchtig. Microsoft-Mitbegründer Paul Allen ersteigerte 2006 eines der vom Belvedere restituierten Klimt-Bilder. Im November wird es versteigert.
Anfang November kommt bei Christie’s in New York ein Gemälde von Gustav Klimt unter den Hammer, das sich in die Riege der teuersten Bilder der Welt einreihen könnte. Es ist Teil der Versteigerung von über 150 Meisterwerken aus dem Nachlass des Microsoft-Mitbegründers Paul G. Allen, die ebenfalls Geschichte schreiben wird, denn der Gesamtschätzwert beträgt eine Milliarde Dollar. Der bisherige Rekorderlös bei der Versteigerung einer privaten Kunstsammlung lag bei 922 Millionen Dollar und wurde heuer im Frühjahr für die Sammlung des Ehepaars Harry und Linda Macklowe erzielt. Der gesamte Erlös der Paul-Allen-Auktion geht übrigens an wohltätige Zwecke. Medienberichten zufolge hat die Auktion eine Garantie von Christie’s.
Restituiertes Bild. Zurück zu Klimt: Es handelt sich um das Bild „Birkenwald“, das sich einst im Besitz von Ferdinand Bloch-Bauer befand, dessen Sammlung in der NS-Zeit beschlagnahmt worden war und in den Besitz des Wiener Belvederes gelangte. Ein jahrelanger Rechtsstreit über fünf Gemälde aus dem Belvedere mit den Erben von Bloch-Bauer wurde zum wohl berühmtesten Restitutionsfall in der österreichischen Geschichte. Nach einer unrühmlichen Entscheidung des Rückgabebeirats 1999, die Bilder nicht zu restituieren, brachten die Erben Klagen ein, die letztlich zu einer Einigung auf ein österreichisches Schiedsgericht führten. Dieses entschied am 15. Jänner 2006 zugunsten einer Restitution. Die Republik verzichtete auf eine Ankaufsoption, und so wurden die Werke „Adele Bloch-Bauer I“, „Adele BlochBauer II“, „Der Apfelbaum“, „Buchenwald“und „Häuser in Unterach am Attersee“verkauft. „Adele Bloch-Bauer I“, die auch als „Goldene Adele“bezeichnet wird, kaufte der US-Mäzen und Kosmetikhersteller Ronald Lauder für 135 Millionen Dollar. Es war damals das teuerste Gemälde der Welt. Die vier weiteren Gemälde wurden von Christie’s um insgesamt 192,7 Millionen Dollar
versteigert. Was nicht bekannt war, ist, dass es Paul Allen war, der „Birkenwald“damals um 40,3 Millionen Dollar inklusive Aufgeld ersteigerte, wie Christie’s gegenüber der „Presse“bestätigt. Jetzt kommt es mit einem Schätzwert von mindestens 90 Millionen Dollar unter den Hammer. Damit wäre es das teuerste jemals versteigerte Werk von Klimt sowie eines österreichischen Künstlers. Die Schätzung ist durchaus realistisch, wenn man sich die Verkäufe dieser berühmten fünf Gemälde ansieht. Neben Paul Allen war es nämlich der US-Medienstar Oprah Winfrey, der sich bei der Auktion 2006 einen Klimt sicherte. Winfrey ersteigerte damals „Adele Bloch-Bauer II“für 87,9 Millionen Dollar inklusive Taxen und verkaufte es privat 2019 um 150 Millionen Dollar. Für „Birkenwald“könnte selbst die Marke von 100 Millionen Dollar in Reichweite sein.
Toplos von Gauguin. Klimt befindet sich in hochkarätiger Gesellschaft, denn diese Auktion erwartet sich für drei Werke einen dreistelligen Millionenbetrag. Das Toplos ist „La montagne Sainte-Victoire“von Paul Ce´zanne. Es soll mehr als 120 Mio. Dollar einbringen. Vincent van Goghs „Verger avec Cypre`s“sowie Georges Seurats „Les Poseuses, Ensemble (Petite version)“werden jeweils auf mindestens 100 Mio. geschätzt. Zu den weiteren Toplosen zählt Paul Gauguins „Maternite´ II“, das beim Schätzwert ebenfalls bei über 90 Mio. Dollar liegt. Der 2006 aufgestellte Auktionsrekord des Künstlers beträgt 40 Mio. Dollar. Ebenfalls im Angebot ist Lucian Freuds „Large Interior, W11 (nach Watteau)“mit einer Taxe von mindestens 75 Mio. Dollar. Allens Sammlung reicht von der Nachkriegszeit über den Impressionismus bis zu den Alten Meistern. Eine Ansicht der Waterloo-Bridge von Claude Monet wird auf über 60 Millionen Dollar geschätzt, und ein VenedigGemälde von Edouard Manet, „Le Grand Canal a` Venise“, hat eine Taxe von über 50 Mio. Dollar. Selbst Brueghel befindet sich in Allens Sammlung. Ein Satz von fünf Tafeln von Jan Brueghel dem Jüngeren mit dem Titel „Die fünf Sinne“wird auf vier bis sechs Millionen Dollar geschätzt.
Paul Allen ersteigerte Klimts »Birkenwald« 2006 um 40,3 Millionen Dollar.
Die Auktion soll eine Milliarde Dollar für wohltätige Zwecke einbringen.
Der milliardenschwere MicrosoftMitbegründer Allen ist 2018 im Alter von 65 Jahren an Krebs gestorben. Er hat Microsoft 1975 zusammen mit Bill Gates gegründet. 1983 verließ er den Software-Giganten aus gesundheitlichen Gründen und wegen Spannungen im Verhältnis zu Gates, blieb aber als Unternehmer und Investor aktiv. „Visionary: The Paul G. Allen Collection“, wie Christie’s die Sammlung anpreist, kommt am 9. und 10. November in New York zum Aufruf.