Neues Fördersystem für Einkaufsstraßen schlimm
Mit der neuen »Nahversorgungsförderung« der Stadt fallen fast alle Wiener Einkaufsstraßenvereine um Gelder um. Straßenfeste und andere Aktionen seien so gefährdet.
Vom Graben bis zur Mariahilfer Straße, vom Servitenviertel bis zur Meidlinger Hauptstraße und noch weiter stadtauswärts bis zu den Geschäftsleuten in Mauer: Seit Jahrzehnten sind Wiener Unternehmerinnen und Unternehmer größerer Einkaufsstraßen in – aktuell rund 70 – Vereinen organisiert. Um gemeinsam zu werben, Feste zu veranstalten, kurz: sich zusammen zu positionieren.
Das soll sich nun ändern: Wirtschaftskammer und die stadteigene Wirtschaftsagentur wollen künftig nicht mehr einzelne Einkaufsstraßen fördern, sondern „Geschäftsquartiere“: also vielmehr ganze Grätzel als nur singuläre Straßen.
Was irgendwie schlüssig klingen mag – ganze Grätzel sollen so aufgewertet werden –, hat für den Großteil der bisher geförderten Einkaufsstraßen einen sehr großen Haken. Denn: Die Fördergelder werden nicht mehr gießkannenartig auf alle Standorte verteilt. Vielmehr werden nur noch sechs dieser neuen „Quartiere“gefördert (und zwar für drei bis fünf Jahre,), die anderen Einkaufsstraßen gehen leer aus.
„Für uns ist das ganz schlimm“, sagt etwa Kurt Wilhelm von der IG Neubaugasse. Dass so viele Einkaufsstraßen nun keine Gelder mehr bekommen, mit denen unter anderem Plakate, Folder oder gemeinsame Straßenfeste finanziert wurden, sei „in der jetzigen Zeit, in der die Umsätze sinken und wir Corona noch nicht verdaut haben, tödlich“für die Unternehmerinnen und Unternehmer.
Zwar können Händler weiter – einzeln – um Förderungen ansuchen, der
Fördertopf wurde sogar erhöht, zusammen als Einkaufsstraßen-Verein für größere, gemeinsame Aktionen aber nicht mehr. „Dadurch wackeln sämtliche Straßenfeste“, sagt Wilhelm – wie das „Remasuri“in der Wollzeile oder die „Flaniermeile“in der Neubaugasse, die eben mit rund 200.000 Besuchern über die Bühne gegangen ist. Allein die Neubaugasse würde so um 15.000 bis 20.000 Euro Budget pro Jahr umfallen, die fünf großen Einkaufsstraßen-Vereine im siebenten Bezirk zusammen um 80.000 bis 90.000 Euro im Jahr.
„Um ein funktionierendes System so brachial umzustellen“, sagt Wilhelm, „muss man einen richtig guten Plan haben.“Den aber sieht – nicht nur – Wilhelm nicht. „Da ist einiges übersehen worden. Da wird noch nachgeschärft werden müssen“, sagt er. Es gehe dabei nicht um „Neid“: Dass nun Einkaufsstraßen (oder „Geschäftsquartiere“) wie die Prater Straße, die Simmeringer Hauptstraße oder die Döblinger Hauptstraße gezielt gefördert werden (die sechs auserwählten Quartiere erhalten zusammen 500.000 Euro), „ist schwer in Ordnung. Die brauchen das auch wirklich.“
Dass aber die anderen Einkaufsstraßen leer ausgehen, sei unverständlich. Auch für die grüne Bezirksvorsteherin von Währing, Silvia Nossek: Einkaufsstraßen würden dann funktionieren, wenn sich die Unternehmerinnen und Unternehmer „für das Gemeinsame engagieren und gut zusammenarbeiten“. Diese Kooperation durch die Streichung der Mittel aufs Spiel zu setzen, „halte ich für eine völlig falsche Entscheidung“.