Glaubensfrage
RELIGION REFLEKTIERT ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE
Genau jetzt beginnen sie, die vier Wochen, die über das Pontifikat Franziskus entscheiden.
Die Weltsynode startet im Vatikan. Ein Experiment mit ungewissem Ausgang.
Manche sehen den im 87. Lebensjahr stehenden Papst Franziskus zum großen Finale seiner Amtszeit ansetzen. Sicher ist: Mit diesem Wochenende hat er eine intensive und nicht ungefährliche Phase seiner Amtszeit gestartet.
Das Oberhaupt der Katholiken fühlt sich nach dem Tod seines Vorgängers Benedikt und der eher brüsken Versetzung von dessen Sekretär Georg Gänswein aus dem Vatikan in das deutsche Heimatbistum Freiburg offenbar von allen Ketten befreit. Papst Franziskus hält die Gefahr einer erneuten Kirchenspaltung mittlerweile für vernachlässigbar. Er sieht die Zeit gekommen, volles Risiko zu nehmen, all in zu gehen.
Die Versammlung der Weltsynode startet am Mittwoch im Vatikan. Diese Veranstaltung ist ohne Vorbild in der Kirchengeschichte. Bis zuletzt wird im Vatikan über das Procedere gefeilt. Auch darüber – dieser Tage alles andere als unwichtig –, in welcher Tiefe die Öffentlichkeit über welche Wege informiert werden wird. Der Ausgang der gesamten Unternehmung ist wahrscheinlich bis knapp vor dessen Ende völlig ungewiss.
Gewiss ist lediglich, dass bei der als Bischofssynode titulierten Veranstaltung auch Laien, Männer und Frauen teilnehmen werden. Das allein ist eine gar nicht so kleine Sensation und ein Kippen des Kirchenrechts. Denn die nach dem letzten Konzil erfundenen Bischofssynoden sind, wie es der Name schon sagt, Treffen von Bischöfen. Punkt. Dafür, dass jetzt auch einige Laien mitberaten und sogar stimmen dürfen, hat ein Federstrich des Papstes gereicht. Das ist dann der Vorteil, eine allmächtige Figur an der Spitze einer Organisation zu haben, die Exekutive, Legislative und Judikative in sich vereint.
365 Auserwählte aus allen Erdteilen werden an großen runden Tischen in der Audienzhalle sitzen, mitten unter ihnen der Papst. Das bis zuletzt für die außerkirchliche Öffentlichkeit schwammige Ziel: Wie kann die katholische Kirche für sich eine moderne Form der Synodalität (wieder)finden? Übersetzt bedeutet das: Wie ist es möglich, zentrale Entscheidungen der Kirche nicht nur im Vatikan, sondern auf einer breiteren Basis zu treffen? Entscheidungen über ein Ende des Pflichtzölibats oder die Erlaubnis der Priesterweihe für Frauen sind jetzt weder geplant noch zu erwarten. Sie könnten dann aber später einmal in einem neuen, eben zu findenden Format vorbereitet oder gar getroffen werden.
Papst Franziskus und mit ihm die katholische Kirche haben also, nüchtern ausgedrückt, spannende Wochen vor sich. Sie stellen die Weichen für die Fortsetzung und den Abschluss der Weltsynode im nächsten Jahr. Sie entscheiden über Erfolg oder Misserfolg des Pontifikats. Man mag Franziskus viel vorwerfen können. Eines nicht: mutlos zu sein.