Zinssenkung wäre gut und schlecht für Österreich
Senkt die EZB die Leitzinsen früher, würde Österreichs BIP wohl rascher wachsen. Die Kehrseite wäre eine anhaltend höhere Teuerung und eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit.
Sinken die Leitzinsen, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Konjunktur. Und sie werden wieder sinken. Es sei davon auszugehen, „dass die Leitzinsen auch im Euroraum ihren Höchststand erreicht haben“, heißt es in der aktuellen Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) vom Dezember. Noch bremsen die höheren Leitzinsen die Wirtschaftsentwicklung. „Die Weltwirtschaft dürfte im Winterhalbjahr 2023/ 24 nur moderat expandieren“, heißt es in der Prognose. Aber die Unternehmen hätten ihre erhöhten Lagerbestände an Vorprodukten weitgehend abgebaut, sodass der weltweite Warenhandel und die Industrieproduktion wieder an Dynamik gewinnen dürften. Dämpfend wirke hingegen weiter die schwache Wirtschaftsentwicklung in China. Dort schwäche die Krise am Immobiliensektor wegen seiner hohen Bedeutung für die Gesamtwirtschaft die Einkommen der privaten Haushalte.
Das Wifo rechnet damit, dass die Inflation weltweit weiter zurückgehen wird, „wenn auch regional in unterschiedlichem Tempo“. Wegen der hohen Speicherstände sei zu erwarten, dass die Versorgung Europas mit Erdgas im Winter 2023/24 sichergestellt ist und die Energiepreise nicht neuerlich sprunghaft ansteigen. Ende 2025 dürften die Inflationsraten sowohl in den USA als auch im Euroraum nahe bei zwei Prozent liegen, erwarten die Experten.
Es gibt aber Risiken für die Weltwirtschaft: Der Gaza-Krieg, der bisher keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft hatte, könnte sich ausweiten. Wobei das Risiko eines Ölpreisschocks wie 1973 begrenzt sei. Risiken gehen weiters vom Ukraine-Krieg und von China aus, „wo hohe Schulden von Unternehmen und privaten Haushalten die Bauwirtschaft belasten“. In Österreich könnte eine andauernde Flaute in der Industrie zu einem Abbau von Arbeitskräften führen, wodurch die Arbeitslosigkeit stärker steigen würde. Das könnte den Konjunkturaufschwung bremsen.
Das Tief durchschritten. Falls die Inflation im Euroraum rasch zurückgeht, könnte dies die EZB veranlassen, die Leitzinsen rascher zu senken als erwartet. „Dies würde die Finanzierungskosten der Unternehmen und privaten Haushalte unmittelbar verringern und der Konjunktur zusätzlich Schub verleihen“, heißt es in der Wifo-Prognose. Allerdings könnte dies auch dazu führen, dass die Inflation in Österreich noch länger hoch bleibt, „was eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern des Euroraums nach sich ziehen würde“.
Das Wifo und das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnen damit, dass der Tiefpunkt der aktuellen Rezession zu Jahresende durchschritten sein wird. 2024 soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,9 Prozent (Wifo) bzw. um 0,8 Prozent (IHS) zulegen.