Westlicher Luxus für den roten Diktator
Über skrupellose Zwischenhändler kann sich Nordkoreas Kim-Clique praktisch alles besorgen, was durch Sanktionen der UNO verboten ist.
Kenji Fujimoto nennt er sich und will nicht erkannt werden. Eine riesige Sonnenbrille und ein breitkrempiger Hut, darunter ein schwarzes Stirnband sollen tarnen. Der Japaner hat Angst vor einem Killerkommando aus Nordkorea, trägt deshalb in der Öffentlichkeit eine kugelsichere Weste. Zwölf Jahre hat der Sushi-Meister privat die Diktatur bekocht. Drei Bücher hat er darüber verfasst – Einblicke in das private Luxusleben der Kim-Clique.
Da ist von Gelagen die Rede, bei denen sich buchstäblich die Tische durchbogen, von Besäufnissen mit Cognac, Sake und Bordeaux. Als Fleisch kam nur japanisches Kobe-Beef auf die Teller, das Kilo für mehrere Hundert Dollar. Als ihn der inzwischen verstorbene Herrscher Kim Jong-il mit 15.000 Dollar in bar nach Tokio schickte, um auf dem Fischmarkt Tsukiji für ein Feinschmeckermenü unter Parteifreunden frische Seeigel einzukaufen, floh Fujimoto stattdessen. Er fühlte sich am Hof der Kims nicht mehr sicher.
Das ist zwar schon lang her, aber was er zu berichten hat, gilt auch heute noch so im Leben der nordkoreanischen Elite. In dieser Blase wird geprasst und geprotzt, was das Zeug hält. In abgeschotteten Villen, versteckten Restaurants, aber auch ganz öffentlich. So zeigen vergrößerte Satellitenbilder, dass die Tochter des aktuellen Machthabers, Kim Ju-ae, beim Teststart einer Interkontinentalrakete am 16. März vergangenen Jahres mit einer schwarzen Kapuzenjacke der französischen Luxusmarke Christian Dior bekleidet war, laut deren Webseite kostet das gute Stück etwa 1900 Dollar.
Kims jüngere Schwester Kim Yojong, die graue Eminenz der Arbeiterpartei, trug eine Tasche im Wert von 7000 Dollar, als sie im September in
Russland eine Flugzeugfabrik besichtigte. „Jing Daily“, eine chinesische Publikation für Luxusprodukte, berichtete, dass Kims Frau, Ri Sol-ju, gern eine Movado-Uhr trägt, das erste Uhrendesign, das es in den Bestand des Museum of Modern Art in New York geschafft hat.
Auch der Diktator selbst ist ein ausgewiesener Liebhaber von Schweizer Uhren. Zu seiner Kollektion gehören neben Movado unter anderem die Marken Rolex, IWC und Patek Philippe. Dieses Stück soll angeblich 180.000 Dollar gekostet haben, ermittelte die Seouler TV-Station KBS.
Zuweilen korrumpiert Kim Jong-un auch hochrangige Funktionäre mit Luxusgeschenken wie Uhren, Bekleidung oder auch Taschen. So trug Außenministerin Choe Son-hui bei einer Russland-Visite im vergangenen Herbst eine Straußenleder-Handtasche, die selbst auf Websites für Gebrauchtwaren für rund 10.000 Dollar gehandelt wird.
Nordkoreas Importe von Luxusgütern boomten 2023 unbehindert und überstiegen das Volumen des Vorjahres von immerhin auch schon 911 Millionen Dollar. Nach einem vertraulichen UNO-Bericht wurden allein bis September Waren für 1,4 Milliarden Dollar eingeführt. In den Elitekaufhäusern von Pjöngjang, wie im Taesong, werden offen Artikel von Chanel und Ferragamo, Adidas und Nike präsentiert.
Im Angebot sind Waschmaschinen von Siemens oder TV-Geräte von Philips. Dort kaufen Parteibonzen aber auch neureiche Günstlinge des Systems. Für die Beschaffung gibt es im Zentralkomitee der Arbeiterpartei extra die Abteilung 38, der das Warenhaus gehört. Von dort aus gehen die Aufträge an die diplomatischen Vertretungen Pjöngjangs oder auch an Dienstreisende im Westen.
Die britische Zeitung „Daily Mail“enthüllte vor wenigen Tagen, dass der Machthaber 2022 für mehr als 143.000 Euro BHs, Korsette und Strapse im Ausland eingekauft hat. Die Unterwäsche soll für sein „Vergnügungskommando“bestimmt gewesen sein. Dem Vernehmen
nach gehören diesem „EscortZirkel“– auf Koreanisch „Kippumjo“genannt – rund 2000 Frauen an, die für Sex mit hochrangigen Beamten und Parteikadern gefügig sind, darunter auch Minderjährige. Außerdem listet das Blatt auf: Alkohol aus China im Wert von 3,16 Millionen Euro, Käse für 44.500 Euro, Schokolade für 2,46 Millionen Euro, Tabakprodukte für mehr als 14 Millionen Euro.
In besonderen Fällen verschenken die Machthaber der Kim-Clique sogar Luxuslimousinen. So berichtet der ehemalige Leibkoch Fujimoto, dass er von Kim Jong-il einen Mercedes der EKlasse erhalten habe, damit er in der Fahrzeugkolonne des Diktators standesgemäß mitrollen konnte.
Besonders gern protzt Kim Jong-un mit seinem eigenen Staatsfuhrpark. Sündhaft teure Autos sind ohnehin das offene Faible des Führers. Vor allem die Mercedes-Benz-Marke Maybach hat es dem Despoten angetan. Jüngst wurden ein nagelneuer Maybach GLS 600 SUV und eine Maybach-Limousine S650 gesichtet, wie sie von Kim Jong-un und anderen hochrangigen Funktionären benutzt wurden.
Bei seinen seltenen Auslandsbesuchen, zum Beispiel vergangenes Jahr in Russland oder beim Treffen mit USPräsident Donald Trump in Hanoi, brachte Kim einen gepanzerten Mercedes-Maybach S600 Pullman Guard mit. Dieses Lieblingsspielzeug mit Listenpreis von einer halben Million Euro ließ der Diktator in einem Extrawaggon des Regierungszuges mitführen.
Für 143.000 Euro hat der Machthaber im Ausland BHs, Korsette und Strapse einkaufen lassen.
Seit 2006 ist Nordkorea durch die UNO-Sanktionen der Import solcher Luxusgüter eigentlich untersagt. Mercedes-Benz beteuert, „keinerlei Geschäfte mit Nordkorea abzuwickeln und auf diesem Markt überhaupt nicht präsent“zu sein. Räumt aber ein, Verkäufe, die „über Dritte getätigt werden, liegen außerhalb unserer Kontrolle“.
Die Schmuggelroute der MercedesWagen zeigt, dass Nordkorea ohne große Probleme auf internationale Netzwerke setzen kann, die quasi alles besorgen, was das Regime wünscht und eigentlich unter Sanktionen fallen sollte. Über solche verschlungenen Lieferwege lassen sich auch Bauteile und Maschinen für das Raketen- und Atomwaffenprogramm der Kim-Clique beschaffen.