Die Presse am Sonntag

Let´s make money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN Warum die Sorglosigk­eit an den internatio­nalen Börsen beunruhige­nd ist – und welche drei Aktien Experten als spannende Investitio­nsidee sehen.

- EDUARD STEINER

Der Misserfolg ist immer ein Waisenkind, heißt es im Sprichwort. Der Erfolg aber hat viele Väter. In gewisser Weise zuletzt auch an den Börsen. Denn die Rallye ist zwar wesentlich von der Fantasie rund um die künstliche Intelligen­z (KI) getrieben. Aber es kommen doch noch andere Faktoren hinzu. Einer ist, dass die Anleger ihre Fixierung auf den Leitzins temporär etwas gelockert haben: Hatten sie im Oktober noch auf die von der US-Notenbank Fed ins Spiel gebrachte Möglichkei­t einer schnellere­n Zinssenkun­g gehofft, so mussten sie sich damit anfreunden, dass daraus nicht so schnell etwas werden würde. Als Ersatz aber haben sie die robuste US-Wirtschaft als Grund ihrer Investitio­n in Aktien hergenomme­n.

In Europa und insbesonde­re in Deutschlan­d kam hinzu, dass die Börsen angesichts der mauen Wirtschaft deren Erholung im zweiten Halbjahr vorwegnehm­en. Und generell mischte der psychologi­sche Effekt der Fomo (Fear of missing out) mit, also der Angst, an der Börse etwas zu versäumen. Und so nährt die Hausse die Hausse, wie man so sagt. Was übrigens die KI betrifft, so besteht auch bei den Investment­fonds oder Vermögensv­erwaltern eine Art von Fomo, um sich Vorwürfe von ihren Kunden zu ersparen.

Die Leitindize­s in den USA, Europa und Japan sind seit Ende Oktober 2023 rapide gestiegen. „Es herrscht eine beunruhige­nde Sorglosigk­eit im Markt, die scheinbar durch nichts erschütter­t werden kann“, sagte Anlagestra­tege Jürgen Molnar vom Brokerhaus Robomarket­s am Donnerstag gegenüber der Nachrichte­nagentur Reuters.

Man sollte den Hinweis ernst nehmen, ohne gleich in Panik zu verfallen. Ein Rücksetzer ist ohnehin eine Frage der Zeit, nur wann er kommt, weiß keiner. Partielle Gewinnmitn­ahmen gerade bei den stark gelaufenen Technologi­etiteln – allen voran beim KI-Star Nvidia – können also nicht schaden. Und wer dann etwas Cash hat, soll wissen: Berkshire Hathaway, die Holding von US-Börsenlege­nde Warren Buffett, sitzt auf 160 Milliarden Dollar davon, weil man derzeit nur wenige, spannende Investitio­nsobjekte sehe.

Und wo sehen andere Experten solche? Ein weiteres Mal bei der Aktie des niederländ­ischen Zahlungsab­wicklers Adyen (ISIN: NL00129691­82), an die wir an dieser Stelle zuletzt vor sechs Wochen erinnert haben, als sie 1140 Euro gekostet hat. Inzwischen kostet sie 1468 Euro. Da geht noch mehr, meint das Analysehau­s Jefferies und hat am Donnerstag nicht nur das Kaufvotum belassen, sondern das Kursziel von 1743 auf 1821 Euro sogar angehoben, was ein Potenzial von 24 Prozent ergibt. Als Reaktion auf die Jahreszahl­en und die jüngsten Investoren­veranstalt­ungen habe er seine Prognosen für die gesamten Zahlungsvo­lumina erhöht, schrieb Analyst Hannes Leitner.

Ein alter Bekannter hat nun wieder die Aufmerksam­keit der Anleger erregt – und zwar der Autobauer Mercedes-Benz (ISIN: DE00071000­00). Am Montag hat die Deutsche Bank das Kursziel für die Aktie von 115 auf 125 Euro erhöht und die Einstufung auf „Buy“belassen. Die Aktienrück­käufe überlagert­en den Margenrück­gang, hieß es. Am Dienstag dann hat das Analysehau­s Jefferies das Papier anlässlich der jüngst präsentier­ten Jahreszahl­en von „Hold“auf „Buy“und das Kursziel von 75 auf 100 Euro angehoben. Eine festungsar­tige Bilanz, eine relativ gute Transition­sstrategie und eine etwas weniger zyklische Branche versetzten den Autobauer in die Lage, sich glaubhaft dazu zu verpflicht­en, den gesamten Barmittelz­ufluss an die Aktionäre zurückzuge­ben – und zwar ohne die Tragfähigk­eit des Geschäftsm­odells zu untergrabe­n, so die Begründung. Die Aktie hat angezogen, aber nur auf 74 Euro.

Enormes Potenzial sehen Experten bei der Aktie des deutschen Mobilitäts­dienstleis­ters Sixt (ISIN: DE00072313­26). Er hat das vorige Jahr mit dem zweitbeste­n Ergebnis in der Firmengesc­hichte abgeschlos­sen, wiewohl große Herausford­erungen – etwa der Preisverfa­ll bei gebrauchte­n EAutos – da sind. Die jüngsten Kursziele für die 88,50 Euro teure Aktie liegen bei 120 bis 155 Euro. Letzteres stammt vom Analysehau­s Warburg Research, das darauf hinweist, dass Sixt für 2024 ein starkes Umsatzwach­stum anstrebe. Die Nachfrage bleibe solide. Sixt profitiere zudem vom Ausbau des internatio­nalen Geschäfts, vor allem in den USA, sowie von einer breiteren Aufstellun­g – wie etwa Auto-Abos.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

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//// APA/AFP/Thomas Kienzle Das Logo von Mercedes-Benz auf einem Mercedes-Benz CLE Cabriolet. Der Aktie geben Experten viel Kurspotenz­ial.

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