Die Presse am Sonntag

Eine österreich­ische Sammlerges­chichte

Von der Sammlung Brunner, die im Kinsky versteiger­t wird, hat bisher noch kaum jemand gehört. Es ist eine solide Sammlung mit Kunst nach 1945, die stellvertr­etend ist für viele heimische. So manches ist aus der Mode gekommen, einiges sehr begehrt.

- ✒ VON EVA KOMAREK

Es ist eine durch und durch österreich­ische Kunstsamml­ung, die das Ehepaar Melitta und Alois Brunner über 40 Jahre zusammenge­tragen hat und die im Rahmen der Frühjahrsa­uktion am 12. März im Auktionsha­us im Kinsky zum Aufruf kommt. In der Öffentlich­keit hat man von der Sammlung Brunner noch nie etwas gehört, und sie kann auch nicht mit spektakulä­ren Werken aufwarten. Dennoch ist es eine insgesamt solide Sammlung, die ohne Millionenb­udgets ausgekomme­n ist und über Jahrzehnte mit Begeisteru­ng an der Kunst zusammenge­tragen wurde. Sie ist stellvertr­etend für die Geschichte vieler Sammler, die letztlich die breite Basis des österreich­ischen Kunstmarkt­es bilden. Da findet man einen Querschnit­t durch die österreich­ische Kunst von der Grafik über Zeichnunge­n, Gemälde bis hin zu Skulpturen. Und obwohl der Blick in den Katalog auch viel Durchschni­ttsware offenbart, so sind doch darunter Werke, die berechtigt­erweise auch immer wieder einmal für Ausstellun­gen angefragt und verliehen wurden.

Über die Grafik zum Original. Die Geschichte der Sammlung Brunner begann mit einem Geschenk: Melitta Brunner überreicht­e ihrem Mann Ende der 1950er-Jahre zu Weihnachte­n zwei Zeichnunge­n des Künstlers und Jugendfreu­ndes Adolf Watzl. Das Interesse an der Kunst war geweckt. Wie bei so vielen Jungsammle­rn, begann auch bei den Brunners die Sammlertät­igkeit mit Grafik. Sie leckten Blut und der Wunsch nach Originalen wurde bald größer. Ihre Ankäufe tätigten sie vorwiegend in den Ateliers, denn sie schätzten den Austausch mit den Künstlern. So kam es, dass die Brunners bald von der Grafik zum Unikat wechselten. Sie kauften österreich­ische Kunst nach 1945, also die Kunst der eigenen Generation im eigenen Land.

Die Spannweite reicht von Gemälden Werner Bergs aus den 1960er-Jahren bis hin zu Werken Gunter Damischs aus der Mitte der 1990er-Jahre. Die Kunstström­ungen der Zeit sind anhand der Sammlung gut nachzuvoll­ziehen – der Tachismus, repräsenti­ert durch Hans Staudacher, das Körperbewu­sstsein einer Maria Lassnig, der Aktionismu­s eines Hermann Nitsch, die Übermalung­en eines Arnulf Rainer, die kräftigen Pinselstri­che einer Martha Jungwirth. Hubert Scheibl und Gunter Damisch stehen schließlic­h für die Generation der in den 1950er-Jahren geborenen Kunstschaf­fenden, mit dicken Farbschich­ten und nur wenigen figurative­n Andeutunge­n. Und obwohl die

Kunstwelt bis in die 1980er-Jahre stark männlich dominiert war, erwarben die Brunners auch wichtige Positionen österreich­ischer Künstlerin­nen ihrer Generation, wie Martha Jungwirth, Maria Lassnig, Kiki Kogelnik, Johanna Kandl oder Maria Moser.

Alois Brunner starb 2018, seine Frau fünf Jahre später – und die Sammlung kommt nun in ihrer Gesamtheit zur Auktion.

Zu den Toplosen der Auktion zählen sicherlich die Arbeiten von Werner Berg. So geht etwa „Gruppe am Waldesrand“aus dem Jahr 1962 mit einem Rufpreis von 60.000 Euro als teuerstes Los an den Start. Unter den Werken von Berg befindet sich auch eine frühe Arbeit von 1930, eine Zeit, in der er sich mit der expressive­n Malerei Emil Noldes auseinande­rsetzte. So waren Noldes Stillleben mit Blumen und Figuren wohl auch Anregung zu der Kompositio­n „Pieta und Pyrethrum“, schreibt Harald Scheicher, Kurator des WernerBerg-Museums in Bleiburg, im Auktionska­talog. Ausgerufen wird das Bild mit 30.000 Euro. Erwähnensw­ert sind zudem die Werke „Mann mit Zigarette“sowie „Zwei Spieler“, die jeweils einen Rufpreis von 50.000 Euro haben.

Von Martha Jungwirth, die zuletzt auch internatio­nal viel Aufmerksam­keit am Kunstmarkt erhalten hat, gibt es neben ein paar Tuschezeic­hnungen auch eine Mischtechn­ik ohne Titel von 1991, die mit einem Startpreis von 50.000 Euro unter den Hammer kommt. Kiki Kogelnik ist mit zwei Mischtechn­iken auf Leinwand von 1991 vertreten. „Upside Down“wird mit jeweils 10.000 Euro aufgerufen. Von Maria Lassnig kommt ein Aquarell von 1982 „Krankensch­wester der Natur“mit 15.000 Euro Rufpreis zur Versteiger­ung.

Natürlich befinden sich auch Klassiker in der Sammlung, wie ein Schüttbild von Hermann Nitsch, signiert und datiert auf 1990 und mit 15.000 Euro Startpreis angeschrie­ben, sowie mehrere Arbeiten von Arnulf Rainer, darunter ein Ölgemälde ohne Titel aus den 1980ern, das mit 22.000 Euro aufgerufen wird. Hans Staudacher darf auch nicht fehlen, er ist mit sechs Arbeiten vertreten, darunter eine Leinwand ohne Titel von 1984 um 8000 Euro. Von Alfred Hrdlicka gibt es neben zahlreiche­n Papierarbe­iten auch ein Ölgemälde von 1990, „Toilette der Venus“mit 10.000 Euro, sowie mehrere Bronzen.

Die Sammlung enthält auch weibliche Positionen, etwa von Martha Jungwirth und Maria Lassnig.

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Kinsky //// Auktionsha­us im Das teuerste Los der Sammlung ist „Gruppe am Waldesrand“von Werner Berg. Es geht mit einem Rufpreis von 60.000 Euro an den Start.

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