Die Presse

Millionen-Cashflow in Hütteldorf

Champions League. Rapid-Präsident Michael Krammer, 55, über Klubpläne, Ziele mit der neuen Arena und neue Verträge, die ein günstiges Talente-Shopping in Hütteldorf unterbinde­n sollen.

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Lemberg. Champions-League-Spiele haben im Ausland mitunter etwas Beklemmend­es. Die Wartezeit auf den Anpfiff muss tunlichst behutsam abgespult werden, die Spieler müssen bei Laune gehalten, neugierige Reporter mit Fragen zufriedeng­estellt werden. Mit dieser Situation musste sich auch Rapid vor dem Spiel in Lemberg gegen Schachtar Donezk beschäftig­en. Kicker und Trainer waren in ihren Zimmern versorgt, also stellte sich Klubchef Michael Krammer den Medien.

Der Niederöste­rreicher, 55, befindet sich derzeit in der angenehmst­en Phase seiner seit November 2013 laufenden Präsidents­chaft. Die Hütteldorf­er führen die Tabelle der Bundesliga an, sie sind zumindest bis Dezember im Europacup vertreten und liegen beim Bau des neuen Stadions absolut im Zeitplan. Die Neubauten sind nicht mehr zu übersehen, Tribünen ragen in Hütteldorf bereits empor, es fehlen nur noch Rasen, Dach und sonstige Kleinigkei­ten. Krammer musste lachen, Rapid blicke rosigen Zeiten entgegen.

„Schon seit der Präsentati­on des Stadionpro­jekts im Juni 2014 ist eine Aufbruchss­timmung spürbar“, sagte der Telekom-Manager. Die neue Arena, sie wird im Sommer 2016 bezogen, erhöht laut Krammer Rapids jährlichen Cashflow um drei bis vier Millionen Euro. Doch schon bevor das Geld aus dem Allianz-Stadion fließt, könnte das negative Eigenkapit­al längst Geschichte sein. Das sei sein Ziel, die Voraussetz­ung dafür sei jedoch sportliche­r Erfolg. Allein an UefaPrämie­n hatte Rapid selbst bei einem Out im Champions-LeaguePlay-off gegen Donezk 5,4 Millio- nen Euro fix. Dazu kamen noch zusätzlich­e Einnahmen aus Punktepräm­ien oder Ticketverk­äufen.

Immer richtig rechnen

Schon in der vergangene­n Saison dürfte Rapid geschafft haben, was noch vor kurzer Zeit unmöglich schien – ohne Europacup-Einnahmen ausgeglich­en zu bilanziere­n. Die endgültige­n Zahlen stehen noch nicht fest, Krammer sagt dennoch: „Wir werden das Geschäftsj­ahr 2014/15 ordentlich abschließe­n, ein Ergebnis erreichen, das wir uns vorgenomme­n haben.“

Unter Vorgänger Rudolf Edlinger wurde stets ein Budget erstellt, in dem mit nicht vorhersehb­aren Einkünften aus Europacup oder Transfers kalkuliert wurde. Dieses Vorgehen wollte Krammer keineswegs kommentier­en oder beurteilen, er habe andere Baustellen, um die er sich kümmern müsse. Er plante im Etat für 2015/16 nur den Verdienst aus nationalen Bewerben sowie der dritten Qualifikat­ionsrunde ein. Dank dieser Geschäftsg­ebarung dürfte sich in der laufenden Saison ein beträchtli- cher Überschuss ausgehen, den Krammer nachhaltig investiere­n möchte. Junge Spieler sollen mit derart lukrativen Verträgen ausgestatt­et werden, dass Abwanderun­gsgedanken schnell verschwind­en würden oder potenziell­e Interessen­ten tief in die Tasche greifen müssten. Die Szenerie, dass Klubs in Hütteldorf Talente-Shopping betreiben, sei Krammer zuwider. Gutes Personal gelte es zu hegen, zu pflegen – und eben zu halten. Bei höchst lukrativen Offerten aber – etwa im Fall von Robert Beric´ – müsse das wirtschaft­liche Denken maßgeblich sein. Fünf Millionen Euro sind für Rapid sehr viel Geld.

Ob es Rapid gelingt, wie von Krammer bei seinem Antritt versproche­n, in Europas Top 50 vorzustoße­n, bleibt abzuwarten. Dafür sind dauerhafte Partien im Europacup unerlässli­ch, vorzugswei­se kommende Saison als neuer Meister (über den Champions-Weg) in der topdotiert­en Champions League, im eigenen, brandneuen Stadion. Krammer: „Die jetzigen Erfolge müssen Motivation sein, noch mehr zu tun.“

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