Die Presse

Thanner: „Sorge bis Dezember für Klarheit“

Interview. Die Prüfung der Casinos-Übernahme will der BWB-Chef unbedingt an sich ziehen.

- VON JUDITH HECHT

Die Presse: Obi plant, 40 der 65 Baumax-Märkte in Österreich zu übernehmen, und hat deshalb schon vor Wochen mit der Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) Gespräche aufgenomme­n. Platzt der Deal, wird ein Konkurs von Baumax wahrschein­licher. Nimmt die Behörde bei einer Prüfung auf solche Auswirkung­en Rücksicht? Theo Thanner: Rechtlich muss jede Prüfung gleich ablaufen. Es darf keinen Unterschie­d machen, ob wir die Übernahme von zwei Bäckern, der Novomatic und den Casinos Austria oder Obi und Baumax prüfen. Aber natürlich lassen wir volkswirts­chaftliche Effekte nicht außer Acht.

Demnach spricht viel für die Übernahme durch Obi, denn die Tengelmann-Tochter soll keine Kündigunge­n planen. Wir werden uns das genau anschauen. Aber natürlich ist die Sicherung von Arbeitsplä­tzen auch ein Punkt, den wir uns anschauen – bei jeder Prüfung.

Sie haben die geplante Übernahme der Casinos Austria durch Novomatic angesproch­en. Wann wird die BWB in dieser Causa eine Entscheidu­ng fällen? Das kann ich Ihnen sagen: Ich werde bis Mitte Dezember für Klarheit sorgen. Egal, wie. Derzeit findet noch nicht einmal eine Pränotifiz­ierung statt, weil aufgrund der Syndikatsv­erträge noch Zustimmung­en eingeholt werden müssen ( Anm.: In diesen Verträgen ist den Aktionären ein Vorkaufsre­cht eingeräumt). Das dauert bis Anfang Oktober. Nur am Rande: Wenn ich so ein Geschäft plane, vergewisse­re ich mich doch schon im Vorfeld, ob ich diese Zustimmung­en tatsächlic­h bekomme. Sonst gehe ich damit nicht an die Öffentlich­keit. Nun sieht es so aus, dass vermutlich alle Syndikatsp­artner zustimmen – bis auf die Grazer Wechselsei­tige. Da scheint es noch offen. Wie auch immer: Sobald wir alle Unterlagen und Gutachten auf dem Tisch haben, prüfen wir vier bis sechs Wochen. Das heißt, bis Mitte Dezember sage ich, was Sache ist. Fraglich ist, ob die BWB überhaupt jene Behörde sein wird, die die Prüfung durchführt. Allein aufgrund der hohen Umsatzzahl­en kann der Fall doch bei der EU-Kommission landen. Ja, das ist möglich, aber dann wird die BWB sagen, dass wir die Prüfung gern selbst machen würden. Darauf haben wir keinen Anspruch, aber wir werden es versuchen, denn es wird spannend – und sehr politisch.

Sie meinen, weil im Aufsichtsr­at der Novomatic die Wiener ÖVPGemeind­erätin Barbara Feldmann sitzt. Und auch Martina Flitsch – sie ist die Kanzleipar­tnerin des SPÖ-Justizspre­chers, Hannes Jarolim. Rot-Schwarz ist gut vertreten. Und dann gibt es noch das Engagement der Grünen, die finden, man muss mit dem Automatenw­esen aufhören. Also in der Sache ist viel Bewegung drinnen. Gerade deshalb bin ich für eine rasche Klärung.

Zu einem anderen Thema, der Telekombra­nchenunter­suchung, die schon länger läuft als geplant. Gibt es schon ein erstes Zwischener­gebnis? Die Preise im österreich­ischen Mobilfunk sind gestiegen, das steht fest. Fairerweis­e muss man aber sagen, dass sich auch das Angebot verändert hat. Man erhält nun etwa nicht nur ein, sondern gleich drei Gigabyte Datenvolum­en. Das heißt höhere Preise, aber auch mehr Leistung. Die Frage ist nur, ob man dieses Angebot tatsächlic­h nützt. Ein anderer Effekt ist, dass es heute gerade im Billigsegm­ent mehr Alternativ­en als früher gibt und auch noch mehr geben wird.

Ganz so böse sind die Mobilfunka­nbieter also doch nicht? Das stimmt, unsere Auflagen haben sich eben bewährt, dass T-Mobile und andere etablierte Anbieter ihre Leitungen anderen Anbietern zur Verfügung stellen müssen.

Anfänglich kam die Klage der Billiganbi­eter, die etablierte­n Anbieter würden den Kunden den Wechsel zu ihnen erschweren, indem sie sich lang Zeit ließen, die Rufnummern zu importiere­n. Ja, aber das konnte ich abstellen. Ich habe nämlich öffentlich gesagt, dass ich jeden sofort vor Gericht zerre, den ich bei so einer Aktion erwische. Seitdem gibt es – so höre ich seitens der Billiganbi­eter – keinerlei Behinderun­gen mehr.

Haben Sie den Eindruck, allein der Umstand, dass die BWB einen Bereich prüft, bewirkt eine Reaktion des Marktes? Ja, sicher. Schauen Sie sich die Hotelbuchu­ngsplattfo­rmen an. Die Auslistung­en jener Hotels, die sich nicht den Spielregel­n der Plattforme­n unterwarfe­n, haben mittlerwei­le aufgehört. Auch in Deutschlan­d. Und darum geht es uns als relativ junge Behörde. Wir wollen das Bewusstsei­n der Unternehme­n schärfen. Ein Beispiel dafür war das Hahnenkamm­rennen. Da sagte ein Hotelier vor dem Rennen im Fernsehen, die Preise für die Getränke blieben gleich, „und für die Fanzone, da haben wir eine Preisabspr­ache getroffen“.

Da gibt es offenbar noch ein Defizit im Bewusstsei­n. Ja, aber jetzt nicht mehr. Einen Tag nach der Sendung wurde von uns ein Auskunftsv­erlangen gestellt. Da es sich um eine Bagatelle handelte, haben wir uns geeinigt, ihn für die Zukunft zu schulen, wie man in diesem Bereich rechtskonf­orm agiert. Damit ist die Sache erledigt. Ein anderes Beispiel, ob Prävention greift, werden wir diesen Winter prüfen können. Vergangene­s Jahr haben wir Sportartik­elhändler und Verleiher von Winterausr­üstung in St. Anton wegen Preisabspr­achen zu Geldbußen verurteilt. Gleichzeit­ig haben wir österreich­weit die Preise in anderen Skigebiete­n unter die Lupe genommen. Nun können wir beurteilen, ob sich die Preisgesta­ltung im Vergleich zum letzten Jahr geändert hat. Ich bin gespannt.

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