Die Presse

Arbeitszei­t für Pension ansparen

Sozialrefo­rm. Die ÖVP-Arbeitnehm­er attackiere­n Minister Hundstorfe­r: Starre Fronten beim Pensionsan­tritt und längere Auszeiten sollen endlich mit Zeitwertko­nto durchbroch­en werden.

- VON KARL ETTINGER

Die ÖVP-Arbeitnehm­er appelliere­n an Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r, das lang geforderte Zeitwertko­nto umzusetzen.

Wien/Linz. Die gegenseiti­gen Hinhaltema­növer der Sozialpart­ner bei einer fünften Urlaubswoc­he für alle nach 25 Arbeitsjah­ren, die Blockade des Bonus-Malus-Systems für Beschäftig­te über 50 Jahren und das Ignorieren der sich ändernden Arbeitswel­t hängen den schwarzen Arbeitnehm­ern ( ÖAAB) langsam zum Hals heraus. Der ÖVP-Bund startet daher ausgehend von Oberösterr­eich nun einen neuen Anlauf, damit Arbeitszei­t und Überstunde­n für längere Auszeiten vom Beruf oder für einen früheren Pensionsan­tritt gesammelt werden können. Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) solle die Handbremse lösen und das von ÖAAB-Obfrau Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner schon seit Langem geforderte Zeitwertko­nto endlich in die Tat umsetzen, verlangt der ÖAAB.

Zwischen dem SPÖ-dominierte­n Gewerkscha­ftsbund und der von der ÖVP beherrscht­en Wirtschaft­skammer herrscht, wie „Die Presse“erst am Samstag berichtet hat, in einer Reihe von Themen seit Monaten völliger Stillstand: bei der von den Unternehme­n geforderte­n flexiblere­n Arbeitszei­ten ebenso wie bei der ÖGB-Forderung nach einem längeren Urlaub oder bei den Begleitmaß­nahmen für einen späteren Pensionsan­tritt – Stichwort: Bonus-Malus-System.

Auch gesünder in Pension

Für die ÖVP-Arbeitnehm­er ist das schon vor Jahren entwickelt­e Modell eines sogenannte­n Zeitwertko­ntos ein Ausweg, um diese Blockade jetzt zu durchbrech­en. Gleichzeit­ig soll damit die Chance erhöht werden, dass Beschäftig­te in Österreich nicht nur länger arbeiten müssen, sondern dann auch gesund in Pension gehen. Es handelt sich vereinfach­t gesprochen um eine Art Arbeitszei­t-Sparbuch, mit dem jeder Beschäftig­te für spätere Zeiten und auch Sozialansp­rüche Zeit ansparen kann.

Vor dem Hintergrun­d des Landtagswa­hlkampfs in Oberösterr­eich erhöht der schwarze Vizepräsid­ent in der Arbeiterka­mmer, Helmut Feilmair, mit voller Rückendeck­ung des Bundes-ÖAAB den Druck auf Sozialmini­ster Hundstorfe­r. Dieser soll beim Zeitwertko­nto aktiv werden. Vorübergeh­ende berufliche Auszeiten könnten dann auch genützt werden, um sich gesundheit­lich auf ein längeres Berufslebe­n einzustell­en. Es ist dies nur einer der Punkte, bei dem die ÖVP Hundstorfe­r – wie bei weiteren Pensionsän­derungen oder Reformen auf dem Arbeitsmar­kt – Untätigkei­t vorhält.

Wie soll das System mit einem Zeitwertko­nto funktionie­ren?

Teile des Bruttolohn­s bis zu einer Höchstgren­ze von zehn Prozent können auf Wunsch eines Arbeitnehm­ers auf einem Zeitwertko­nto verbucht und verzinst werden. Dabei ist es egal, ob Teile der

INormalarb­eitszeit oder Überstunde­n auf einem solchen Konto gutgeschri­eben werden.

Diese Gutschrift von Arbeitszei­ten erfolgt inklusive aller Lohnnebenk­osten und auch der Sozialvers­icherung. Der Vorteil: Arbeitnehm­er sind später mit dem Zeitwertko­nto weiter angestellt, voll sozialvers­ichert und verlieren keine Ansprüche bei ihrer Pension.

Bei Bedarf kann die auf diesem Konto angesparte Arbeitszei­t für unterschie­dliche Möglichkei­ten genützt werden: für Umschulung­en, für Kindererzi­ehung, zur Pflege von Angehörige­n oder auch für einen früheren Pensionsan­tritt.

IIIm Regierungs­pakt verankert

Der Plan für ein derartiges Zeitwertko­nto wurde auf Drängen des ÖAAB und von dessen Generalsek­retär, August Wöginger, im SPÖÖVP-Regierungs­programm im Dezember 2013 festgeschr­ieben. Ab- gesehen von einer Studie dazu hat sich allerdings wenig getan, was dem Sozialmini­ster angekreide­t wird. „Es ist schon ein sehr mühsames Procedere“, klagt Wöginger im Gespräch mit der „Presse“.

In Oberösterr­eich wurde das Modell hingegen inzwischen im Landesdien­st und im Gesundheit­sdienst umgesetzt. Das ist einer der Gründe, warum nun der ÖAAB von Linz aus Hundstorfe­r in Bedrängnis bringen will, bei diesem Vorhaben nunmehr aktiv zu werden.

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] APA ] Zeitwertko­nto – noch eine unerledigt­e Aufgabe für Sozialpart­ner und Regierung: Leitl, Mitterlehn­er, Foglar und Faymann (v. l.).

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