Die Presse

Die „eiserne Lady“Asiens

Aung San Suu Kyi ist fast am Ziel ihrer Träume.

- VON THOMAS VIEREGGE

I m Namen der Freiheit nahm die Wahlsieger­in große persönlich­e Opfer auf sich. Die Jahre im Hausarrest, die Abschottun­g von ihrer Familie und die Drangsalie­rung durch die Militärs haben Burmas Friedensno­belpreistr­ägerin Aung San Suu Kyi nicht gebrochen, sondern gestählt. Die zierliche Galionsfig­ur der Demokratie­bewegung hat enorme Zähigkeit bewiesen, und 25 Jahre nachdem die Generäle ihr nach dem Erdrutschs­ieg der Opposition durch einen kalten Staatsstre­ich den Weg an die Macht versperrt haben, ist sie nun beinahe am Ziel.

Die Parlaments­wahl geriet zum Triumph für „Mutter Suu“, die allseits verehrte Ikone mit den autokratis­chen Zügen. Die Armee hat sich bisher in ihre Niederlage gefügt, behält aber dank der von ihr dekretiert­en Spielregel­n einen Teil der Kontrolle.

Aung San Suu Kyi wird sich mit den Generälen arrangiere­n müssen, um sie nach und nach ganz von der Macht zu verdrängen – ein Kunststück, würdig einer Friedensno­belpreistr­ägerin.

Aus der Sicht einiger Anhänger hat sie in ihrer Politik der Aussöhnung hehre Ideale preisgegeb­en – etwa, als sie nicht für die verfolgte muslimisch­e Minderheit eintrat. Niemand sollte Asiens „eiserne Lady“unterschät­zen: Da ihr das höchste Staatsamt wegen eines Verfassung­stricks verwehrt ist, postuliert­e sie, sie stehe über dem Präsidente­n – der de facto ein Präsident von ihren Gnaden ist.

thomas.vieregge@diepresse.com

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