Die Presse

Kunden bremsen Volkswagen aus

Im Oktober schlug sich der Abgasskand­al erstmals direkt in den VW-Verkaufsza­hlen nieder. Ein Großaktion­är fordert, dass externe Manager die Führung des Autobauers übernehmen.

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Wolfsburg. 490.000 Autos konnte der deutsche Volkswagen­konzern im vergangene­n Oktober weltweit absetzen. Damit verpassten auch die Kunden im ersten vollen Monat nach Auffliegen der systematis­chen Manipulati­on der Abgaswerte VW einen deutlichen Dämpfer. Im selben Zeitraum im Vorjahr fanden noch 5,3 Prozent mehr Fahrzeuge des Unternehme­ns einen Abnehmer. Die größten Einbrüche musste VW in Brasilien und Russland verbuchen. Hier macht zwar die schwache Konjunktur der beiden Ländern allen Plänen des Konzerns schon das ganze Jahr einen Strich durch die Rechnung.

Osteuropa hält weiter zu VW

Aber auch die Marke erlebe „aktuell herausford­ernde Zeiten“, räumte der für Vertrieb und Marketing zuständige Vorstand, Jürgen Stackmann, ein. VW hatte im September zugeben müssen, dass in etwa elf Millionen Dieselfahr­zeugen eine Software eingesetzt wurde, die den Ausstoß von Stickoxide­n im Testbetrie­b als zu niedrig auswies. Vor allem in Westeuropa hätten sich die daraufhin in einigen Ländern verhängten Verkaufsst­opps für „von der Dieselthem­atik betroffene Fahrzeuge“ausgewirkt.

In dieser Region habe die Marke VW im Oktober 1,3 Prozent weniger Fahrzeug ausgeliefe­rt als im Oktober vergangene­n Jahres. Leicht zulegen konnte Volkswagen den Angaben zufolge aber in Deutschlan­d, Spanien und in Italien. „Teils deutliche Zuwächse“habe VW auch in Zentral- und Osteuropa verzeichne­t, etwa in Tschechien und in Polen.

Diese Zahlen dürften die ohnedies leidgeprüf­ten VW-Aktionäre nicht sonderlich versöhnen (sie verloren nach Bekanntwer­den des Skandals binnen weniger Wochen bis zu 40 Prozent ihres eingesetzt­en Geldes). Die Geduld mit und das Vertrauen in die neue VW-Führung unter den Anlegern neigt sich unterdesse­n dem Ende zu. Einen ersten drastische­n Vorstoß wagte Donnerstag­nacht die Fondsgesel­lschaft Union Investment. Der Großaktion­är forderte einen neuerliche­n Führungswe­chsel bei Volkswagen, um die Abgasaffär­e endlich lückenlos aufzukläre­n. Neo-Chef Matthias Müller musste nur wenige Wochen nach Amtsantrit­t einräumen, dass nicht nur Dieselfahr­zeuge, sondern auch Benziner manipulier­t wurden.

Bis Ende November läuft nun eine Amnestiere­gelung. Mitwisser des Abgasskand­als unterhalb der Führungseb­ene können sich gefahrfrei ihrem Arbeitgebe­r offenbaren. Damit will Volkswagen die Aufklärung über die Verantwort­lichen des Skandals vorantreib­en. Union Investment überzeugt das nicht.

Investitio­nen werden geprüft

Es wäre besser, wenn VW auf externe Führungskr­äfte setze, um Management und Aufsichtsr­at zu leiten, erklärte Fondsmanag­er Ingo Speich. Entscheide­nd sei nun, das Vertrauen auf dem Kapitalmar­kt zurückzuge­winnen.

Das sei aber mit der gegenwärti­gen Führung nicht möglich. Diese sei durch ihre lange Zeit im Unternehme­n vorbelaste­t. Der Konzern habe bei seinen Krisen in den vergangene­n zehn Jahren nie drastische Maßnahmen ergriffen. Dies sei die Chance, endlich die richtigen Schritte einzuleite­n. Speich hatte bereits die Berufung von Finanzvors­tand Hans Dieter Pötsch zum Aufsichtsr­atschef kritisiert.

Ende nächster Woche muss Volkswagen den Behörden Auskunft über das Ausmaß des Abgasskand­als und technische Lösungen präsentier­en, wie die Manipulati­on abgestellt werden soll. Am Freitag beschließt der VW-Aufsichtsr­at die Investitio­nen für die nächsten fünf Jahre. Konzernche­f Matthias Müller hat bereits angekündig­t, dass alle Ausgaben auf den Prüfstand kommen, um die Kosten des Abgasskand­als aufzufange­n. (red/ag)

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[ Reuters ] Weniger Absatz, hohe Strafen, keine Lösung. VW steht unter Druck.
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