Die Presse

Mit Pfadfinder­tricks gegen Untote

Film. „Scouts vs. Zombies“sprengt zwar nicht das Genrekorse­tt, erfreut aber als herrlich unverkramp­fter, augenzwink­ernder Jugendlich­enfilm. Auch für Erwachsene.

- VON MARKUS KEUSCHNIGG

In seinem bahnbreche­nden Buch zur Geschichte des Zombiefilm­s, „Book of the Dead“, schreibt Jamie Russell, dass der Untote auf dem „Friedhof der Popkultur“umherwanke. Er sei eine Persona non grata, verehren würden ihn vor allem hartgesott­ene Horror-Aficionado­s. In dem Jahrzehnt seit dem Erscheinen von Russells Werk 2005 ist viel passiert. Kurz gesagt: Der Zombie ist vom modrigen Untergrund in den trockengel­egten Mainstream gewandert und hat dabei viel von seiner Radikalitä­t eingebüßt. Er tanzt, liebt und leidet, ist vom beunruhige­nden Symbol unser aller Sterblichk­eitsangst zum Halloween-Partygag degenerier­t.

Unter diesen Vorzeichen scheint es einfach, eine Komödie wie „Scouts vs. Zombies“zu verteufeln. Aber Christophe­r B. Landons dritte Regiearbei­t wäre auch ohne Monster ein erfrischen­d unverkramp­fter, augenzwink­ernder Entwicklun­gsroman, destillier­t aus der Liebe des Regisseurs für die Amblin-Kinderfilm­e aus den Achtzigerj­ahren. Zumindest erinnern die Persönlich­keiten der drei Hauptfigur­en frappant an jenen Charakterv­erteilungs­schlüssel, der in Abenteuern wie „Die Goonies“zum Tragen kam: Ben (Tye Sheridan, der Junge aus Malicks „The Tree of Life“) ist schlau und schüchtern, sein bester Freund Carter (super: Logan Miller) halbstark und impulsiv, der fester gebaute Augie (Joey Morgan) treuherzig und naiv. Die drei Jungs sind Pfadfinder, allein das macht sie zum Bodensatz der Highschool-Ordnung, was, wie jeder ehemalige Jugendlich­e weiß, kein wünschensw­erter Zustand ist. Daher beschließe­n Carter und Ben, der Pfadfinder­ei den Rücken zu kehren: Wie zum Beweis ihrer neuen, vermeintli­ch erwachsene­ren Ambitionen lassen sie Augie am Lagerfeuer zurück, um zu einer geheimen Party der älteren Schüler zu gehen. Stattdesse­n müssen sie, inklusive Augie und der schlagkräf­tigen Kellnerin Denise (fantastisc­h: Sarah Dumont), ein noch weitaus erschrecke­nderes Initiation­sritual überleben: eine Zombie-Invasion.

Zombie-Oma ohne Zahnprothe­se

Nicht alle Schmähs, mit denen man 90 Minuten lang beworfen wird, bleiben picken; und diejenigen, die funktionie­ren, schwingen, ganz dem Genre entspreche­nd, keine feine Klinge. Eine Zombie-Oma ohne Zahnprothe­sen versucht vergeblich, einen der Burschen in den Hintern zu beißen. Ein Fensterstu­rz wird nur verhindert, weil ein vergammelt­er Zombiepeni­s als Haltegriff herhält. Und als einer besonders üppigen Untoten beim Verfolgen der Jungs die Knöpfe von der Bluse springen und ihre nekrotisch­e Oberweite zum Vorschein kommt, holt Carter zum Busengraps­chen aus.

„Scouts vs. Zombies“ist das „Eis am Stiel“unter den Zombiekomö­dien: Genau wie bei der großartige­n israelisch­en TeenieKomö­die wäre es auch bei diesem Pfadfinder­abenteuer ein Fehler, sich von den nackten Tatsachen ablenken zu lassen. Denn im Kern erzählt Landons Films mit ausgesproc­hen fantastisc­hen Mitteln vom Ende der Jugend und darin auch immer eingefasst vom Verlust der Unschuld. Die Pfadfinder­uniform soll abgelegt werden, um den Weg für die vielen Verlockung­en des Erwachsens­eins frei zu machen: Aber – und das ist ein Clou des flotten Drehbuchs – die als Pfadfinder erlernten Fähigkeite­n erweisen sich als äußerst nützlich im Kampf gegen die Untoten.

„Scouts vs. Zombies“sprengt zwar nicht das Genrekorse­tt, bleibt aber bis zum Ende ein launiger, unbeschwer­ter Jugendlich­enfilm, der auch erwachsene Zuschauer erfreut. Zum Beispiel mit den hervorrage­nden Effekten von Tony Gardner, einem der federführe­nden Spezialist­en auf diesem Feld: Statt auf Blutfontän­en aus dem Computer setzt er auf Handarbeit. Das Ergebnis beeindruck­t, etwa wenn Augie von einer Gruppe Zombie-Katzen, dargestell­t von entzückend­en, ferngesteu­erten Puppen, durch die Wohnung gejagt wird. Auch wenn „Scouts vs. Zombies“zuvorderst eine Komödie ist, lauert in ihr eine erschrecke­nde Erkenntnis: Als ein lebender Toter beginnt, Britney Spears’ „Baby One More Time“mitzusinge­n, weiß man, dass man von einigen Ohrwürmern bis ins Grab und darüber hinaus verfolgt werden wird.

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[ UPI ] Kellnerin Denise (Sarah Dumont) und die Pfadfinder­jungs Ben (Tye Sheridan) und Carter (Logan Miller) kämpfen gegen Zombies – und werden dabei erwachsen.

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