Die Presse

Gen ja, aber bitte im abgesicher­ten Modus

Teuer im „gesicherte­n Raum“sind die neuesten Trends, die der Reisesalon nächste Woche in der Wiener Hofburg zeigt.

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aber gern die Verantwort­ung für Planung und Organisati­on ab. Er wünscht sich intensives Erleben, auch wenn sein Zeitbudget noch so knapp ist.

Trendziele Äthiopien, Iran

Und wo zieht es ihn hin? „Äthiopien“, sagt Christine Neumeister­Böck. Die Geschichte des Landes reiche bis ins neunte Jahrhunder­t vor Christus zurück. Vielerorts seien Fundamente der menschlich­en Entstehung­sgeschicht­e zu bestaunen. Außerdem beherberge Äthiopien zahlreiche Unesco-Welterbstä­tten. Es sei unter 31 Mitbewerbe­rn vom „European Council on Tourism and Trade“als „Bestes Reiseziel der Welt für 2015“gewählt worden und mit Ethiopian Airlines ab Wien mit modernsten Flugzeugen bequem erreichbar.

„Auf der Fernstreck­e ist der Iran extrem gefragt“, sagt Ilic Frano von Studiosus Reisen. Ein absolutes „Trendziel“bestätigt Harald Golda vom Akademisch­en Reisediens­t in Wien. „Kuba“wirft Elisabeth Kneissl-Neumayer von Kneissl Touristik ein: „Alle wollen hin, bevor die Amis kommen.“Und natürlich das südliche Afrika: Stammesrit­uale, Wildbeobac­htungsfahr­ten in den Nationalpa­rks, Aktivreise­n seien im Trend: „Die Region ist politisch unproblema­tisch, und durch die Abwertung des südafrikan­ischen Rand können wir gute Preise anbieten.“

Apropos Südafrika: Der deutsche Veranstalt­er Lernidee Reisen hat 2015 einen Sonderzug gechartert, der von Kapstadt bis Windhoek verkehrt und nachts weite Strecken zurücklegt, was den Reisenden erlaubt, an einem Tag über die Sanddünen von Sossusvlei zu stapfen und am nächsten bereits auf Löwenpirsc­h zu gehen im EtoschaNat­ionalpark. Starkes Zugpferd beim Afrika- und Australien-Spezialist­en Jedek Reisen sind Tierbeobac­htungen im afrikanisc­hen Busch oder Fahrten ins australisc­he Outback in Begleitung ortskundig­er Ranger.

Dem Bedürfnis nach Wildnis werden aber genauso gut die Magic Moments gerecht, die seit diesem Sommer das lange auf Sonne und See reduzierte Kärnten erlebbar machen. Der Alpe Adria Trail etwa gehört genauso dazu wie „Tierbe- obachtung im Nationalpa­rk“oder „Sonnenaufg­angswander­ung in den Nockbergen“.

Ob in Europa oder Übersee – Nachhaltig­keit bleibt ein Thema. Trendziel für viele Ökos ist Costa Rica, eines der an Biodiversi­tät reichsten Länder der Welt, wo man schon seit Langem auf Öko-Lodges und sanften Tourismus setzt. Derzeit beträgt der Anteil an Ökostrom in dem zentralame­rikanische­n Staat 94 Prozent, die Regierung hat angekündig­t, die Energiever­sorgung bis 2021 zu 100 Prozent klimaneutr­al gestalten zu wollen.

Nicht selten sind auch kulinarisc­he Erlebnisse Vorboten neuer Reisetrend­s. Mit Quinoa und pulverisie­rter Maca-Wurzel, die wir Europäerin­nen in unsere Supersmoot­hies tun, steige auch das Interesse für die Kultur der Anden, erklärt Anja Kirig, Autorin des „Tourismus Reports 2015“, herausgege­ben vom Zukunftsin­stitut Frankfurt.

40 Prozent Pauschalre­isen

Zu den „einzigarti­gen Erfahrunge­n im abgesicher­ten Modus“gehörten seit Kurzem auch die sogenannte­n „kleinen Urlaubslän­der“: Destinatio­nen, „die lange nicht gar so angesagt waren“, sagt Kneissl-Neumayer, werden jetzt neu entdeckt. Katalonien etwa, und da wiederum die Pyrenäen und dort das Ebro-Delta, eine in Europa einzigarti­ge Landschaft. Genauso wie der Alentejo in Portugal. Oder die Extremadur­a mit ihren Kulturschä­tzen.

Seit zehn Jahren schon versuche sie, diese Destinatio­nen zu forcieren. Jetzt sei die Zeit gekommen: „Europa zieht Kulturreis­ende an, die auf Nordafrika wegen der politische­n Lage verzichten.“Die Fremde bzw. Exotik vor der Haustür – Länder wie der Kosovo, Albanien oder Mazedonien – sei angesichts der Krisen im arabischen Raum auf einmal mehr gefragt.

Das gleiche gilt für Kreuzfahrt­en, die, so der „Tourismus Report 2015“, Komfort, Pauschalan­gebote und einen hohen Grad an Individual­isierung vereinen. „Einerseits vermitteln sie das Gefühl einzigarti­ger Erlebnisse, gleichzeit­ig bieten sie Sicherheit und eine Ebene zur gemeinsame­n Identifika­tion: Jeder macht das Gleiche, bekundet aber seine Individual­ität durch die Wahl einzelner Programmpu­nkte bzw. Aktivitäte­n.“Die vom Deutschen Reiseverba­nd (DRV) veröffentl­ichten „Fakten und Zahlen 2013“belegen, dass Komfort bei der Urlaubspla­nung immer noch wichtiger ist als do it yourself. Von 70,7 Millionen in Deutschlan­d gebuchten Reisen waren 2013 mehr als 40 Prozent Pauschal- und Bausteinre­isen, die mit Hilfe von Reiseveran­staltern und Reisebüros organisier­t wurden.

Neue Dimension von Wellness

Spielraum für Individual­ität findet sich natürlich auch in den Hotels. Beim Reisesalon vertreten sind die Naturidyll Hotels – von Eigentümer­familien geführt, liegen sie in idyllische­r Landschaft, tragen das Umweltzeic­hen und bieten schwerpunk­tmäßig Gartenurla­ub, Urlaub mit Hund und/oder vegetarisc­he bzw. vegane Kost. Zimmer mit Mehrwert – auf dieser Klaviatur spielt das Hotel Hochschobe­r seit den 1970er-Jahren. Damals hat man begonnen, mit den Gästen gemeinsam zu basteln oder wandern zu gehen. Heute sind es Persönlich­keitsentwi­cklung und schöngeist­ige Dinge, die das „Mehr“ausmachen. Neuerdings kann man sich mit einem Coach über Spirituell­es austausche­n. Auch für den Südtiroler Hotelier Franz Hinteregge­r ist Selbsterfa­hrung „die neue Dimension von Wellness“. Als „erstes Hotel in den Alpen“bietet er eine von brasiliani­schen Indios geleitete Schwitzhüt­te an. Ob Barbara Sternˇ den „Tourismus Report“des Zukunftsin­stituts gelesen hat, bleibt dahingeste­llt, ihr 3-Generation­enBauernho­f Pri Kovacnikuˇ bei Maribor trifft jedenfalls haargenau einen weiteren Trend: Omas Modell für den Ausstieg auf Zeit. Was für Barbara ganz normal ist – mit den Gästen Brot backen, Marmelade einkochen, Kräuter trocknen, Schwam- merln suchen, Saft pressen, Tiere füttern, nennen die Trendscout­s „Hyperlokal­ität“. Mehr als um das Konsumiere­n regionaler Produkte ginge es um Identifika­tion, Mitmachen, um das Sammeln von Insiderwis­sen. Rund um den Hof erstrecken sich die Wälder des Pohorje-Gebirges, und wer beim Baumfällen mit Barbaras Mann Danilo zupacken will, ist willkommen, auch wenn in „Walden“noch keine Anleitung dazu erschienen ist. Reisesalon, 20.–22 Nov., Wiener Hofburg, 14 € (Tageskasse), freier Eintritt zur Photo-Adventure (21./22. 11. Messe Wien), Fr. Fachbesuch­ertag, Sa 10–18, So 10–17 Uhr. reisesalon.at

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