Was im rot-grünen Pakt steht
SPÖ und Grüne haben am Freitag eine Neuauflage der Wiener Rathauskoalition beschlossen – dank Kompromissen in den zentralen Streitfragen.
Rot-Grün ist also fix – und das Programm für die Neuauflage der Koalition ist es de facto auch. „Eine Stadt, zwei Millionen Chancen“lautet der Titel des Entwurfs für das Regierungsübereinkommen, das der „Presse“vorliegt. Präsentiert und beschlossen wird esr am heutigen Samstag.
Die großen Überraschungen birgt er nicht, eher wird Bestehendes fortgeschrieben. Details findet man auf den 144 Seiten nur dort, wo sich Rot-Grün ohnehin einig waren (z. B. bei der Bildung) oder wo man sich in bekannt strittigen Punkten auf einen Kompromiss einigen musste. Hier eine Übersicht.
Verkehr: Hier lag das größte Konfliktpotenzial. Konkret geht es um den Autobahntunnel unter dem Naturschutzgebiet Lobau. Auf den ersten Blick hat sich die SPÖ durchgesetzt: „Wien bekennt sich zur Notwendigkeit einer sechsten Donauquerung“, steht in dem Papier. Aber: Die Grünen dürfen alternative Planungsvarianten zum Tunnel prüfen. Als Gegengeschäft bekommen die Grünen eine verkehrsberuhigte Begegnungszone pro Bezirk, der Preis der 365-Euro-Jahreskarte wird bis zum Jahr 2020 nicht erhöht. Gleichzeitig wird das Leben für Autofahrer härter: Bei Neugestaltungen von Straßen sollen Parkplätze ebenso rückgebaut werden wie nach der Einführung eines Parkpickerls. Dazu wird Tempo 30 in der Nacht auf stark befahrenen Straßen überlegt (ob darunter der Wiener Gürtel fällt, ist offen). Bei einigen S-Bahn-Linien soll auch ein 15-Minuten-Takt eingeführt werden. Das Ziel: Bis 2025 sollen 80 Prozent der Wege in Wien zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.
Wohnen: Künftig soll es eine „Ausweitung der sozialen Schiene der Wohnungsvergabe“unter Einbeziehung von NGOs auch auf den privaten, gewerblichen Wohnbau geben. Wie der Eingriff der Stadt in den privaten Wohnbau aussehen soll, beschreibt das Papier nicht. Gleichzeitig wird festgeschrieben, dass 10.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden.
Bildung: Die Forderung der Grünen nach einem garantierten Kindergartenplatz ab dem zweiten Lebensjahr hat die SPÖ vor einem Jahr noch abgelehnt: Das ginge auf Kosten der Plätze für Jüngere. Nun gibt es einen Kompromiss: sozusagen eine Krippengarantie für alle Kinder. Ab wann genau, ist
nicht definiert. Immerhin braucht es einen (angekündigten) Ausbau der Kindergärten. Die Sprachförderung soll ein Jahr früher (bei Vierjährigen) begonnen werden. Was noch für Debatten sorgen wird: Wien will Modellregion für die Gesamtschule werden. Ähnlich wie Vorarlberg will die Stadt in einer Studie die Bedingungen klären und dann bei der Regierung anklopfen. Häupl rechnet mit einem Zeitrahmen von zehn Jahren. Lehrer sollen auch gezielter in Brennpunktschulen eingesetzt werden. Wo sich die SPÖ klar durchgesetzt hat: Die umstrittene Gratisnachhilfe soll es weiterhin geben.
Wahlrecht: Beim in der letzten Phase von Rot-Grün I besonders heftig umstrittenen Wahlrecht gibt es einen klassischen
Kompromiss. Rot-Grün „wird“, wie es sich selbst bindend apodiktisch heißt, dieses „dahin gehend weiterentwickeln, dass der bisher mehrheitsfördernde Faktor halbiert wird“. Ursprünglich wollte die SPÖ diesen Faktor nur um ein Viertel verkleinern, die Grünen haben sich in einem Notariatsakt verpflichtet, ihn ganz abzuschaffen. Sonst gibt es nur recht allgemein formulierte Ankündigungen zur Demokratierefom bis zur Mitbestimmung der älteren Generation. Alle Wiener