Offene und versteckte Botschaften
Das Finale von Prokofieffs Fünfter sollte uns aufhorchen lassen: Da beginnt ein Uhrwerk zu ticken. Schostakowitsch wagte es, bei seiner Neunten auf allen Pomp und vor allem auf ein Chorfinale zu verzichten: ein gegen Stalin gerichteter Affront.
Eben ist wieder Beethovens Neunte verklungen mit ihrem allumfassend optimistischen Brüderlichkeits-Fortissimo. Das Wort Fraternite´ ist seit damals ja auf sämtlichen französischen öffentlichen Gebäuden zu lesen. Im Fraternisieren haben sich Teile der Menschheit in der Zwischenzeit auch geübt. Von Schillers und Beethovens Idealen ist, wie man weiß, zwar häufig die Rede gewesen, aber wenig davon ist realisiert worden.
Auch davon, nicht nur von den Utopien gibt die Musikgeschichte Zeugnis. Hie und da ist es allerdings nötig, sich im genauen Zuhören zu üben, um herauszufinden, welche Botschaft ein Komponist uns da gerade vermitteln möchte. Nicht immer schrieben die Meister ja textbezogene Werke zu großen Anlässen. Und noch seltener ist in den Texten die Wahrheit zu lesen. Diese auszusprechen ist ja im Laufe der Menschheitsgeschichte mehrheitlich verboten gewesen.
Im selben Saal, in dem soeben die „Ode an die Freude“verklungen ist, stellt man am Mittwoch und Donnerstag wieder einmal die Fünfte Symphonie von Serge Prokofieff zur Diskussion, Frucht jener kulturpolitischen Auftrags-Welle, die das Ende des Zweiten Weltkriegs im von Josef Stalin regierten Russland auslöste. Der Diktator wollte den Sieg über Deutschland gefeiert wissen; und das möglichst so rauschend oder noch viel rauschender als Beethoven einst die Brüderlichkeit besungen hatte.
Der böse Zufall wollte es, dass Prokofieffs Zeitgenosse Dmitri Schostakowitsch nach zwei symphonischen Durchhalteappellen – den ersten für die armen Menschen im belagerten Leningrad, den zweiten an sein ganzes Volk gerichtet angesichts der Katastrophe von Stalingrad – in der Zählung ausgerechnet bei der neunten Symphonie angelangt war. Dass er es wagte, auf allen Pomp und vor allem auf