Aus Armut das eigene Kind verkauft
In Griechenland floriert der Adoptionshandel mit RomaBabys aus Bulgarien.
Sofia. Für den Erwerb eines kleinen Hauses hatte die Bulgarin Stanka ihr neugeborenes Kind einst in Griechenland für 3500 Euro verkauft. Aber die dreifache Mutter in dem RomaDorf Ekzarh Antimovo nahe der Hafenstadt Burgas kann nicht aufhören, an ihren verlorenen Sohn zu denken. „Ich bereue das, aber ich war jung und dumm“, berichtet die RomaFrau in einem nun erschienenen Bericht der Balkan-Nachrichtenagentur BIRN. Mit ihrer Mutter und dem Rest der Familie habe sie zu zehnt in einem Raum ohne Fenster, ohne Elektrizität und Wasser gelebt: „Ich hatte keine Hoffnung – und sah keinerlei anderen Weg, um meine beiden anderen Kinder zu ernähren.“
Akribisch haben die BIRNReporter in Bulgarien und Griechenland die Hintergründe des Adoptionsgeschäfts mit RomaKindern recherchiert. Ihr schockierender Bericht über Bulgariens boomendes Baby-Business wirft erneut ein Schlaglicht auf den traurigen Handel mit RomaBabys: Die Armut der Mütter, die fehlenden Kontrollen an den Grenzen, die schwierige Beweislage und die geringen Strafen für gefasste Täter erschweren es der Justiz, den Baby-Händlerringen das Handwerk zu legen.
Buben teurer als Mädchen
Auf mehrere hundert Frauen pro Jahr wird die Zahl der Bulgarinnen geschätzt, die mithilfe von „Vermittlern“zur Geburt ihrer danach sofort zur Adoption freigegebenen Neugeborenen nach Griechenland reisen. Die Mütter sollen 500 bis 5000 Euro für ihr Kind erhalten, die Adoptiveltern zwischen 3000 und 40.000 Euro dafür bezahlen: Buben seien merklich teurer als Mädchen. Den Großteil der Gelder sacken die Babyhändler ein. Erleichtert werden ihre Geschäfte durch das griechische Adoptionsrecht, das direkte Privatadoptionen erlaubt, deren finanzielle Honorierung allerdings verbietet.
Nach Angaben der bulgarischen Polizei gehen die Anfänge des Babyhandels auf die 1990erJahre zurück, als sich nach dem Zusammenbruch des Sozialismus die Grenzen plötzlich geöffnet haben. Eine starke Zunahme des Adoptionsgeschäfts sei seit Bulgariens EU-Beitritt 2007 zu verzeichnen. (tro)